von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Freitag, 5. Dezember 2014

Alltägliches aus dem Alltag



Hallo ihr Lieben,

so langsam setzt nun auch hier der Winter ein oder besser gesagt zum 1.12. kam er mit Pauken und Trompeten um die Ecke gewirbelt. Denn obwohl es doch hier immer kälter wurde, war es am Montag doch zum ersten Mal richtig kalt (Nachts so um die Null Grad und tagsüber auch nur kümmerliche 5°C), Mittwoch kam dann auch noch Regen dazu, der netterweise in kleinen Eiskristallen zur Erde fiel. Besonders witzig dabei zu beobachten sind alle Kommilitonen von mir die aus warmen Länder wie Mexiko, Indonesien oder Spanien kommen, denn die sind jetzt schon eingemummelt in zehn Schichten dicker Sachen. Aber ich muss sagen, so direkt warm finde ich es auch nicht, denn leider befinden wir uns hier südlich des Heizungsäquators (das ist ein ungeschriebenes Gesetzt hier in China, welches besagt dass es südlich des Chang Jiang keine Heizungen mehr gibt. Warum fließt dieser blöde Fluss nicht 5km weiter im Süden???), das heißt es gibt keine Heizungen mehr, nirgendwo. Nur Klimaanlagen die warme Luft pusten, allerdings leider auch ein regelmäßigen Abständen wieder kalte Luft, sodass das Ergebnis gleich Null ist. Die zentrale „Heizung“ im Wohnheim ist auch eher ein Witz, denn dort kommt fast keine warme Luft raus und gegen die kalte Luft, die durch die unisolierten Fenster herein kommt, hat sie sowieso keine Chance. Im Prinzip hat man also immer mehrere Jacken und/ oder Pullover an, weil es überall (draußen wie drinnen) mehr oder weniger gleich kalt ist. Besonders viel Spaß dabei macht die Dusche am Morgen bei sage und schreibe zwei Grad! Aufgabe für euch wird es nun sein, jedes Mal auf dem Weihnachtsmarkt einen Glühwein für mich zu trinken, damit ich nicht mehr so frieren muss! Eine fröhliche Vorweihnachtszeit wünsch ich euch!

Aber genug gejammert heute mal wieder ein wenig zum chinesischen Leben. Ich werde das der einfachhalber an einem Beispiel erzählen, der kleinen Straße wo ich meistens essen gehe. Ich glaube ich habe euch von ihr schon einmal erzählt, aber heute kommen ein paar mehr Details dazu, denn jetzt hat man doch schon die rosarote Brille abgesetzt. Diese Straße (unter uns nennen wir sie auch immer nur „die kleine Straße“) ist gleich um die Ecke vom Campus und zum Glück nicht für den Durchgangsverkehr geöffnet, deswegen doch vergleichsweise recht ruhig. Hier hat man dann also jede Menge kleine Läden wo man Essen kann, Getränke, Obst, Zeitung, Schuhe, Bettdecken und alles Andere was man im alltäglichen Leben so braucht kaufen kann. Ein Stückchen weiter die Straße rauf gibt es dann sogar auch im westlichen Stil ein Café und eine kleine Kneipe. Die meisten Leute die in diesen Läden arbeiten wohnen auch dort, also in den Läden. Anfangs habe ich das gar nicht so realisiert, doch irgendwann ist das Bild zu meinem Gehirn durchgedrungen. So wird man doch manchmal, besonders wenn man mit mehreren Leuten essen geht, in das Hinterzimmer geführt und dort hängen dann die Klamotten der Besitzer am Haken und in einer Ecke liegen fein aufgeräumt Matratzen. Es kann auch vorkommen, dass das Hinterzimmer gar nicht existiert, sondern einfach nur ein Tuch die „Wohnung“ abtrennt. So ist das zum Beispiel bei meinem Lieblingsfrühstücksstand. Im Erdgeschoss werden unter dem Vordach süße, salzige, fettige und vor allem sehr leckere kuchenähnliche Dinge zubereitet, schaut man ins Innere des „Ladens“ dann kann man die Betten und persönlichen Gegenstände der Besitzer sehen. Eine Tür oder eine Wand gibt es nicht. Besonders im Winter muss es eine Qual sein dort zu leben, denn der Wind und die Kälte werden sich von einem Stoffvorhang nicht aufhalten lassen. Oftmals sieht man hier auch wie die Menschen sich die Zähne auf der Straße putzen oder ihr Geschirr in einer Schüssel mit (meiner Meinung nach) kaltem Wasser waschen. 

Aber das scheint den Menschen nicht im Geringsten etwas auszumachen (oder sie verstecken es sehr gut), denn sie freuen sich trotzdem einen zu sehen. Wenn ich am Morgen Richtung Frühstück laufe haben sie auch immer schon eine Tüte griffbereit und warten nur noch darauf dass ich mich entscheide was ich denn heute leckeres zum Frühstück zu mir nehme. Ein anderes "Extrem" gibt es jedes Mal beim Nudelsuppenmann. Denn zwar scheinen er und seine Frauen (also ich nehme mal nicht an seine Ehefrauen, sondern eher andere Verwandte) scheinen zwar nicht in ihrem Geschäft zu wohnen, allerdings kennen sie mich schon viel zu genau. Was nicht unbedingt schlecht ist, denn sobald ich vor ihnen stehe, weiß er ganz genau was ich essen möchte. Eine kleine Nudelsuppe mit Rindfleisch, nicht scharf und Koriander. Sehr, sehr lecker! Anfangs hatten wir noch sehr viel Suppe in der Suppe, doch mittlerweile ist sind es eher mehr Nudeln mit ein wenig Brühe. Das scheint wohl ihre Art von Treuebonus zu sein. Ziemlich niedlich von ihnen, wie ich finde! Aber wir kommen ja auch mindestens einmal in der Woche zu ihnen und bringen auch ganz brav immer irgendwelche Freunde mit, sodass wir immer irgendwas zwischen zwei und acht Leuten sind. Der Treuebonus ist also gerechtfertigt ;)
Um die Straße herum gibt es natürlich auch reine Wohnhäuser, die sehen von außen wirklich nicht gut aus, teilweise als ob sie gleich in sich zusammenfallen wollten. Des Nachts möchte ich dort wirklich nicht allein unterwegs sein, denn es wirkt doch schon irgendwie so als ob um jeder Ecke ein Mörder oder sonst eine dunkle Kreatur auf einen wartet.  Jedoch sehen die Wohnungen von innen nicht ganz so schlimm aus, wahrscheinlich kann man sie mit dem Standard eines unsanierten, deutschen Altbaus vergleichen, wenn man hohe Decken, Stuck und Parkettboden mal wegnimmt.  Um ganz ehrlich zu sein muss ich doch sagen dass diese Art des Lebens um einiges mehr Charme hat als alle anderen Schickimickihochhäuser in der Innenstadt.
Eine Sache hat mich jedoch wirklich geschockt. Eines friedlichen Herbsttages wollten wir uns gerade vor einem der Fressläden bequem einrichten und die Besitzer haben für uns schon Tische und Hocker rausgeholt, als von einer plötzlichen Panik ergriffen alles wieder eingesackt und nach drinnen gebracht wurde. Zuerst standen wir ein wenig blöd herum und wussten nicht so richtig was das Ganze denn jetzt sollte, aber Aufklärung kam nur eine Minute später. Die städtische Regierung hat ihre persönlichen Wachhunde, die auf der Suche nach was auch immer mit Transporter durch die Straßen fahren und dabei Angst und Schrecken verbreiten. Denn sobald Tische und Hocker draußen auf der Straße stehen scheinen diese in das Eigentum der Stadt überzugehen. Sollte sich ein Besitzer dagegen wehren, dann wird an Gewalt nicht gespart und auch mal zugeschlagen. Somit ist die Reaktion der Fressbudenbesitzer durchaus nach vollziehbar, denn wer möchte schon gern seine Einrichtung an die Stadt verlieren oder sich gar verprügeln lassen. Ich weiß nicht genau, weit wann diese Patrouillen durch die Straßen ziehen, aber allzu lang scheint es noch nicht zu sein,   denn ein Kommilitone meinte dass die Straße um einiges belebter war als noch jeder unbehelligt draußen essen konnte. Dass kann ich mir sehr gut vorstellen, denn sein Mittagessen an der „frischen“ Luft zu genießen ist um einiges angenehmer als sich mit zu vielen Leuten einen zu kleinen und vor allem zu stickigen Raum zu teilen.
Mit diesen Wachhunden auf den Straßen fühl ich mich allerdings nicht unbedingt sicherer und dass obwohl uns in einer Einführungsverantstaltung erklärt wurde, dass Nanjing zu den sichersten Städten Chinas zählt. Da möchte ich gleich gar nicht mehr wissen wie es in anderen Städten aussieht. 

Soviel zum chinesischen Leben! Was das Leben auf dem Campus betrifft, da ist auch alles beim Alten, die Chinesen machen immer noch ihren frostigen Morgensport, das Chinesisch macht langsam Fortschritte und man hat immer noch so seine Späße mit den Lehrern. Unsere Klassenlehrerin ist ja im Babyurlaub und dafür haben wir eine Vertretung bekommen, die leider keine Späße macht und bei der am Unterricht erkennen kann, dass sie eine vom alten Schlag ist. Denn wer zu spät zum Unterricht kommt (meistens sind das 70% der Klasse) der verpasst dann halt die Tests, wird als fehlend eingetragen usw. Auch wird auswendig Nachsprechen wieder ganz groß geschrieben. Im Großen und Ganzen ist sie ganz nett, allerdings hoffe ich trotzdem nächstes Semester meine alte Lehrerin wieder zu bekommen.
Sehr witzig ist dafür unsere Hören-und-Sprechen-Lehrerin, wenn auch eher ungewollt. Mit ihren 24 Jahren scheint sie sich doch jedem Spaß im Leben erfolgreich zu entziehen und ihre Einstellung zum Leben gleicht eher Oma und Opa. So hatten wir viel Spaß als die Westler unter uns ihr erklärten, dass es überhaupt kein Problem sei, wenn ein Junge ein Mädchen zu Hause besucht. Die anderen Asiaten in der Klasse meinten zwar, dass dies bei ihnen auch nicht üblich sei, allerdings käme es für sie weniger überraschend. Als wir unserer Lehrerin dann auch noch erzählten dass Jungen und Mädchen zusammen wohnen können ohne dass sie ein Paar sind (dass natürlich die Absicht hat zu heiraten), da sind ihr fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Ich möchte sie jetzt hier nicht blos stellen, aber das war schon wirklich lustig, vor allem weil sie selber immer wieder mit solchen Themen anfängt und dann jedes Mal geschockt ist. Ich würde gern mal Maus spielen und schauen wie sie diese Stunden anderen erzählt :)
 
Im Zuge des Chinesisch Lernens mache ich gerade auch eine ganz unerwartete Erfahrung. Also nicht nur das mein Deutsch so langsam aber sicher den Bach runter geht (das ist alles andere als unerwartet), sondern vielmehr dass man anfängt die eigene Sprache zu reflektieren. Warum haben wir im Deutschen Artikel und warum ist das Mädchen sächlich und nicht weiblich, der Junge aber männlich? Warum konjugieren wir Verben? Wenn man mit anderssprachigen Menschen Zeit verbringt dann kommt man irgendwann wohl immer auf solche Themen zu sprechen, was durchaus interessant ist, mich und alle anderen deutschsprachigen aber zu der Übereinkunft gebracht hat, dass wir alle sehr froh sind kein Deutsch lernen zu müssen.

Mit diesen Gedanken verabschiede ich mich von euch!

Bis zu nächsten Mal eure Jana

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