von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Montag, 29. September 2014

1 Monat


Hallihallo ihr Lieben,

nur so zur Vorwarnung das wird wahrscheinlich mal wieder ein etwas längerer Eintrag, denn nicht nur hab ich so einiges erlebt, sondern, nein, ich bin heute auf den Tag genau schon einen Monat hier in Nanjing, China, das Ende der Welt! Ih finde das ist es wert erwähnt zu werden.

Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, hab ich mich hier super eingelebt, viele Freunde gefunden (ja auch chinesische!), mich definitiv an den Verkehr gewöhnt, an das Essen sowieso (ich muss mitlerweile auch nicht mehr weinen wenn ich scharfes Essen esse, allerdings brennt im und um den Mund immer noch alles, aber ein Fortschritt ist es trotzdem schon mal), die Uni ist okay (nicht besonders spannend, aber ertragbar) und das Wetter ist nur meistens deprimierend, aber nicht immer.
Naja, manchmal ist die Uni auch eigentlich ganz interessant, besonders wenn wieder Märchenstunde bei meiner Klassenlehrerin ist.  
Thema heute war der Drache (long). Jeder (oder zumindest fast jeder) verbindet mit China den Drachen, warum das so ist habe ich heute erfahren. Bevor das chinesische Kaiserreich entstand, bestand China (was es zu diesem Zeitpunkt in dem Sinne ja nicht gab) aus vielen verschiedenen Stämmen, jeder hatte so seine eigene Kultur, Geschichte, Sprache, etc. wie das halt so ist mit verschiedenen Völkern. Irgendwann vor wahrscheinlich 3000-4000 Jahren (Belege dafür gibt es leider keine) haben sich die einzelnen Stämme dann zusammengeschlossen. Man hat viel hin und her überlegt wie man diesen Zusammenschluss öffentlich zur Schau stellen kann und dachte sich: hey, ein Tier wär doch nicht schlecht. Das ist allerdings auch eher schwierig wenn jeder Stamm ein anderes Tier bevorzugt. Doch irgendeine clevere Seele dachte sich, dann kreieren wir halt ein neues Tier, so wir gerade einen neuen Stamm/Staat kreiert haben. Dabei kam der Drache raus. Der hat den Körper einer Schlange, den Kopf eines Schweines, die Ohren einer Kuh, Die Schuppen vom Fisch (an dieser Stelle ignorieren wir mal das Schlangen auch Schuppen haben), das Geweih eines Hirsches und die Krallen eines Adlers. Der Drache symbolisiert also nicht nur ein langes Leben, Glück und Zufriedenheit, sondern ursprünglich symbolisierte er die Einheit Chinas. 

So jetzt aber wieder zurück in die Gegenwart, hier habe ich zwar keine echten Drachen getroffen, aber doch so einiges erlebt. Also weiter geht’s!
Von meinem Kalligrafie Kurs hab ich euch ja schon erzählt und diese Woche hat es tatsächlich geklappt und der Taiji Kurs konnte auch endlich stattfinden. Genauer gesagt handelt es sich dabei um Taijiquan 太极拳, auch bekannt als chinesisches Schattenboxen. Ursprünglich war das mal ein Kampfsport, aber mittlerweile wird es eher für Gymnastikübungen und die Bewegungslehre verwendet und man kann teilweise schon nicht mehr von Kampfsport reden. Aber nichts desto trotz erfreut sich diese Sportart hier in China an regen Teilnehmer und ist deswegen auch ein Volkssport. Dass kann ich mir natürlich nicht nehmen lassen, als Freund des Kampfsportes und hab mich sofort in die Teilnehmerliste eingetragen. 
Hier nun zum eigentlichen Sport. Die Bewegungen sind bisher (war ja auch erst unsere erste Stunde) sehr langsam und gehen fließend in einander über. Zwar sieht das alles noch recht wackelig aus, aber das wird auch noch. Unser Lehrer, ein kleiner irgendwie knuddelig aussehender Chinese möglicherweise in den 40er (aber wer kann bei Asiaten schon sagen wie alt die wirklich sind), der eine sehr entspannte Ausstrahlung hat an der man erkennt dass man einen Meister seines Faches vor sich stehen hat. Der Gute ist nämlich Kampfkunstlehrer an unserer Uni und ich kann mir gut vorstellen, dass sich diese auch hier einer regen Teilnahme erfreuen. Anfangs hat er uns jedenfalls erstmal eine Einführung in das Taiji gegeben, Sprachbedingt hab ich leider nur so viel verstanden wie ich euch bereits geschrieben habe, achja, es gibt viele verschiedene Richtungen davon (wer hätte das gedacht). Ein wenig hat es mich geärgert dass ich nicht mehr verstanden habe, denn er hat sehr langsam und klar geredet, aber was will man machen wenn das Vokabular fehlt. Naja, seine Anweisungen zu den Techniken versteh ich auf jeden Fall und das ist meiner Meinung ja die Hauptsache. Jedenfalls hat diese Stunde richtig viel Spaß gemacht, denn obwohl es auch hier nicht witzig war, hat man sich danach irgendwie tiefenentspannt gefühlt. Beim Trainieren selber hat man richtig gemerkt wie bei jeder Bewegung alle Muskeln im Körper angespannt werden und erst wieder gelöst werden, wenn es zur nächsten Bewegung übergeht. Ja ich muss sagen, das ist genau was ich gebraucht habe, nachdem man den Großteil des Tages doch nicht so viel von der üblichen Bewegung zu spüren bekommt.

So frisch entspannt bin ich dann in den Freitag gestartet und konnte dann auch abends einen chinesischen Film auf Chinesisch anschauen (der zum Glück englische und chinesische Untertitel hatte). Gesehen haben den ich und einige Freunde in einer Sprachschule für chinesisch ganz in der Nähe der Uni, die immer mal wieder auch bei uns Werbung machen und wie wir festgestellt haben wirklich nennte Leute beherbergen und man wahrscheinlich öfters dorthin gehen wird, egal ob zum Lernen, Film schauen oder anderen Veranstaltungen. Ein wenig kann man das mit dem Konfuzius-Institut vergleichen. Der Film den wir gesehen haben nennt sich Coming Home 归来 (guilai), bei dem es um die Auswirkungen der Kulturrevolution auf betroffene Familien geht. Sehr guter Film, kann ich nur empfehlen. Danach gab es dann auch gleich noch eine Diskussion über das Thema Kulturrevolution, bei der ich anfangs noch recht gut mitgekommen bin, dann aber doch nicht nur zu müde war, sondern auch meine Sprachkenntnisse noch weit genug gereift sind, mal wieder. Ach könnte ich doch nur schon richtig sprechen! Naja, war aber soweit ich es verstanden hab, aber trotzdem ganz interessant, besonders der Fakt dass es sich dabei nicht wirklich um eine Diskussion im herkömmlichen Sinne gehandelt hat, denn Kritik gab es keine, aber zumindest wurde auf Chinesisch geredet. Das hätte mich tatsächlich sehr überrascht, wenn dort jemand Kritik geübt hätte (China ist halt doch nicht Deutschland), zumal die LehrerInnen die dort arbeiten, alle gleichzeitig auch Unterricht an der Nanjing University geben und bei Kritik sicherlich ganz schnell nicht nur ihren Job losgeworden wären. Die Maschinerie Unterdrückung China funktioniert ganz gut, soweit ich das beurteilen kann, denn deutsche Nachrichten kann ich selbst mit VPN nicht schauen, dafür ist das Internet einfach viel zu langsam, Instagramm wurde gesperrt (Facebook gibts hier offiziell ja sowieso nicht) und laut einem chinesischen Jurastudenten besteht die Regierung aus einer großen Familien, denn auch dort zählen Beziehungen und Kontakte mehr als eigentliche Fähigkeiten. Ich glaub ich hab euch auch noch gar nicht von den Videokameras erzählt die überall hängen, stehen und wahrscheinlich auch versteckt irgendwo angebracht sind. Ein wenig paranoid wird man dadurch schon, aber wenigstens sind die Kameras und Mikrofone in meinem Zimmer  so gut versteckt dass ich sie entweder nur nicht sehe oder ich tatsächlich keine habe. So genau möchte ich es aber glaub ich auch nicht wissen.


Aber lasst uns voran schreiten zu erfreulicheren Dingen, dem Samstag. Diesmal haben wir uns zu einer vernünftigen Zeit (12Uhr) getroffen und sind auch den Abend vorher nicht ewig unterwegs gewesen (da ich mal wieder die ganze Woche krank war, war ich eh nicht fit genug für solchen Quatsch, langsam aber sicher beschleicht mich das Gefühl alt zu werden :(). Wir, das heißt Flavia, Ange und ich (alle anderen doch zu verkatert) haben erstmal standartmäßig Nudelsuppe zum Frühstück/Mittagessen gehabt und uns dann noch mit Sandra getroffen. Und schon ging es auf zu unserem ersten Ziel, dem Jiming Tempel 鸡鸣寺. Dies ist ein buddhistischer Tempel gleich neben der Stadtmauer Nanjings und dem Xuanwu Sees gelegen. Über den Tempel kann ich euch geschichtlich nicht allzu viel erzählen,  außer dass er erstmals 557 uZ errichtet wurde, allerdings mehrmals bei verschiedenen Gelegenheiten zerstört und wieder aufgebaut wurde und in seinem jetzigen Zustand in der Ming-Dynastie (ca. 1380er) wieder aufgebaut wurde. Der Tempel ist nicht besonders groß, steht aber auf einem kleinen Hügel und hat somit jede Menge Treppen, welche das Ganze viel größer wirken lassen. Auf der Spitze des Hügels steht eine sieben Stockwerke hohe Pagode von der man aus (angeblich) die Stadt, den See und die Mauer ganz gut überblicken kann. Leider wird er grad restauriert oder so, denn wir konnten leider nicht hoch, aber auch nicht so schlimm, denn wir hatten dieses Wochenende Smog-Höchststand (ich kann mich nicht mehr genau an die Zahl erinnern, aber wir waren schon fast aus dem ungesunden Bereich nach oben hinaus), dementsprechend war die Sicht auch ausgesprochen gut. Tatsächlich hab ich „meinen“ Turm am Morgen für eine Stunde lang nicht sehen können. Aber zurück zum Thema, der Jinming-Tempel. 
besagte Bommeln
Wie gesagt kann ich euch über den Verwendungszweck und die Geschichte nicht so viel erzählen, aber ich bin ja eh kein Religionsfanatiker und hab mir lieber die Architektur und die Leute angeschaut. Architektur: immer wieder faszinierend, geschwungene Dächer, alles in gelb angestrichen mit roten und grünen Fensterrahmen und überall hingen hübsch bemalte Kugeln mit roten Bommeln rum, was aus dem Ganzen ein wirklich sehr schönes Bild machte. Achja, nicht zu vergessen natürlich auch die Gebetsflaggen, die sehen eigentlich eher wie Festwimpel aus, aber sind dafür in jeder grellen Farbe zu finden, was ein schöner Kontrast zum grauen Himmel ist. Sollte ich an dieser Stelle mit meinen „Fachbegriffen“ irgendjemandem auf die Füße treten, dann tut mir das wirklich leid, aber bei 35°C tropischer Hitze hab ich immer nicht so viel Lust mir ellenlange chinesische Erklärungen durchzulesen und dann auch noch (wahrscheinlich falsch) zu übersetzten, außerdem können damit die Meisten wahrscheinlich eh nichts damit anfangen und deswegen werde ich weiterhin von Bommeln und bunten Wimpeln reden:). 
sehr viele abgebrannte Räucherstäbchen
Am Eingang bekam man zu seiner Eintrittskarte auch gleich noch drei Räucherstäbchen dazu, damit man die an dafür gedachten Stellen anzünden und ein Gebet sprechen kann. Dementsprechend riecht es dort auch sehr stark danach, gepaart mit der Hitze die von den Kerzen zum Anzünden und dem riesen Berg von noch glühenden Stäbchen ausgeht und den Temperaturen: wunderbar! Wirklich so ganz und gar nicht meins, aber wenigstens konnte ich schöne Bilder schießen. Wer jetzt denkt ich habe den Tempel damit entweiht, muss sich darum keine Sorgen machen, denn zum einen war er das schon zuvor, denn einige Leute sind laut telefonierend durch die Anlage (selbst dort wo ausdrücklich um Ruhe gebeten wurde) und haben somit auch ihr Stäbchen angezündet und auch habe ich nur dort Fotos gemacht wo es nicht verboten war, ganz im Gegensatz zu anderen Touristen. Bis auf diese kleinen Ärgernisse aber war der Tempel ein unglaublich schöner und ruhiger Ort, zu dem ich wahrscheinlich noch einmal gehen werde. 
 
Pagode des Jiming Tempels


Als wir dann genug von Ruhe und Räucherstäbchen hatten, ging es weiter auf die Stadtmauer von Nanjing 南京城墙 (Nanjing chengqiang). Diese wurde in 28 Jahren von 1366 bis 1393 von mehreren Millionen Menschen aus dem ganzen Land erbaut.  Damals war sie sage und schreibe 35km lang, heute sind es „nur“ noch 25km, aber trotzdem ist sie immer noch der Höhepunkt der Stadtmauern auf der ganzen Welt, welche aus Ziegeln erbaut wurden. Dabei wurde auf jedem Ziegeln eingraviert von wem dieser Ziegel hergestellt wurde, so konnte man im Falle eines Zusammenbruchs denjenigen bestrafen. Diese Gravierungen sind selbst heute teilweise noch sichtbar und machen die Mauer nochmals ein wenig besonderer, denn dies war die größte Ziegelgravierungsaktion in ganz China.
Wir haben uns unterdessen von der Geschichte leiten lassen und sind auf der Mauer entlang spaziert, das geht ohne Probleme, denn die Mauer ist mindestens 5m breit. Irgendwann sind wir dann auch noch auf die deutsche, amerikanische und Schweizer Geschichte zu sprechen gekommen und haben so nicht nur etwas neues über Nanjing, sondern auch noch über die anderen Länder gelernt. Als wir dann langsam des Laufens müde wurden sind wir von der Mauer runter  und über die Inseln im Xuanwu See (玄武湖 xuanwuhu) spaziert. Die wurden dort extra angelegt und trennen die „echten“ Sportler, welche Drachenboot fahren von den „unechten“ Sportlern die mit elektrischen Booten See-Sight-Seeing machen. Da es Samstagnachmittag war, waren wie immer jede Menge Leute unterwegs und haben auf den Wiesen alle viere grade sein lassen oder aber viel chinesischer Sport getrieben (natürlich darf Taiji dabei nicht fehlen!).
Irgendwann wurde uns aber auch das zu bunt (naja, eher wurde das Grau zu trist) und wir sind noch etwas essen gegangen, bevor es wieder in die Sprachschule zum nächsten Film ging. Diesmal gab es einen Kongfu-Film (Brotherhood of Blades) bei dem es um die Befreiung der Ming-Dynastie aus der Hand der Eunuchen geht. Witzigerweise hatten wir beim Mittagessen schon über die Eunuchen in der Ming-Dynastie geredet und so hat das dem Tag einen runden Abschluss gegeben. Im Anschluss haben wir noch kurz auf Chinesisch darüber geredet und ich hab sogar richtig viel verstanden. Yeah! Es gibt doch hin und wieder kleiner Erfolgserlebnisse.

der Zifeng-Tower, das 7höchste Gebäude der Welt und davor die Pagode des Jiming-Tempel
Das war im Prinzip mein Wochenende, denn am 1.10.1949 proklamierte Mao Zedong die Volksrepublik China und das ist natürlich ein guter Grund mal eben eine ganze Woche frei zunehmen. Dummerweise fallen da auch zwei Tage drunter die nach bzw. vor gearbeitet werden müssen. Das hieß also für uns und für alle anderen Studenten in diesem ein wenig verrückten Ländchen: Sonntag früh um acht in der Uni antanzen und Montag in einer Woche vorarbeiten. Ich persönlich (und von vielen hab ich ähnliche Äußerungen gehört) finde es eine wirklich schlechte Idee einen Sonntag mit einem Montag zu ersetzten! Das Schlimme ist eigentlich nur, dass übernächste Woche der Samstag mit einem Dienstag ersetzt wird. Ungefähr genauso schlimm! Da bleibt mir nur zu sagen: die spinnen die Chinesen. Naja, irgendwie hab ich es überlebt und ich war sogar munterer als die meisten anderen (zumindest von denen die gekommen sind), dafür war ich heute zum „echten“ Montag wunderbar müde und hätte fast die Märchenstunde verschlafen. Und da soll nochmal jemand sagen, die Studenten haben ein Luxusleben!

Am Mittwoch geht’s dann für mich zur Feier des Tages zur Regierung von Nanjing und am Donnerstag kommt Johanna mich dann für ein paar Tage besuchen. Wir haben zusammen in Leipzig studiert und sie ist jetzt in Xi’an (da wo die Terrakottarmee steht) und wir werden uns hier einen Bunten machen. Da freu ich mich schon drauf! Thomas mit dem ich auch zusammen studiert hab, kann leider nicht kommen :( Blöde Polizei in Peking!

So jetzt aber Schluss, sonst schlaf ich morgen im Unterricht wieder ein und das wird meiner Smiley-Quote bestimmt nicht gut tun. Bis bald und euch allen eine schöne Woche! Hey, bei euch ist ja auch Feiertag, feiert dann mal schön!

Allerliebste Grüße von eurer Jana

Sonntag, 28. September 2014

Merkwürdigkeiten China Teil 3

(Heute ist keine Zeit für Begrüßungen)

Also eigentlich wollte ich euch heute von meiner Woche erzählen, aber wegen eines klitzekleinen Gewitters muss ich jetzt kurz umdisponieren.

Merkwürdigkeit Nr. 3: die Kanalisation

Der Plan für heute Abend war sich mit zwei Freundinnen zum Abensbrot zu treffen. Aus unerfindlichen Gründen war ich eine Stunde zu früh dran (glaubt mir, dass passiert mir nie), aber vielleicht lag es an der schwülen Hitze (35° und Luftfeuchtigkeit bei gefühlten 300%, und sowas nennt sich Herbst!). Ich also kurz nachgefragt wo der Rest bleibt und wurde über mein Missgeschick aufgeklärt, durfte aber netterweise bei Ange noch kurz im Wohnheim unterschlupft suchen. Was mein Glück war, denn nur wenige Minuten später fing es fürchterlich an zu Gewittern. Es hatte vorher schon nett hier und da geblitz und ich dachte mir "Oh ist das süß, ob die Blitze durch den Smog überhaupt zu sehen sind?". Ja, sie sind definitiv zu sehen und zwar besser als mir lieb war. Wir haben uns also das Gewitter aus dem achten Stock angeschaut (irgendwann hab ich einfach nur noch die Augen zugekniffen und mir die Ohren zugehalten, denn es hat ordentlich gerummst). Aber anfangs sah dass alles noch ganz nett aus, wie die Blitze die Wolkenkratzer von hinten angestrahlt haben. Irgendwann sind die dann aber in unmittelbarer Nähe irgendwo eingeschlagen und ich fand es weniger nett, zumal man im ganzen Wohnheim, zwecks sehr dünner Wände, die Reaktionen aller anderer Mitbewohner hören konnte.
So nun aber zurück zur Kanalisation. Nach dem Gewitter kam, wie es sich gehört ordentlich Regen runter und das wirklich nicht zu knapp. Das ganze Prozedere hat sich heute Abend zweimal abgespielt und dementsprechend gab es viel Regen. Aus mir immernoch unerfindlichen Gründen, gibt es aber nur an ausgewählten Stellen (und die sind nicht besonders reichlich) Gullideckel, sodass bei etwas stärkerem Regen kleine Bäche und Seen auf Wegen und Straßen entstehen. Da es nun aber sehr stark geregnet hat, wurden aus den kleinen Bächen größere Flüsse und aus den Seen Meere wo man das Ende nicht mehr gesehen hat. Umso größeren Spaß macht es dann also, wenn es eh dunkel ist und man keine Ahnung hat wie tief das Wasser eigentlich ist bzw wie weit sich See und Fluss dahinstrecken. Ich hatte also die Wahl den kompletten Weg zurück zu gehen (es blitz immer noch) oder, im wahrsten Sinne des Wortes, durch unbekannte Tiefen zumarschieren. Aber ein bisschen Abenteuer muss ja auch sein, also bin ich los und durch den See, da ich vorher schon barfuss über den Campus gelaufen bin hat das an dem Punkt auch nicht mehr gestört, dass meine Füße nass wurden. Lustiger war zu beobachten, wie ein Päarchen sich nicht darüber einigen konnte nun durchs Wasser zu laufen oder nicht (wahrscheinlich stehen die beiden immernoch dort). Als ich den ersten See überwunden hatte, kam eine Chinesin auf mich zu und meinte, du kannst da nicht weitergehen, da ist überall Wasser und ich meinte nur, ja hinter mir auch und ich muss da durch, weil ich dort wohne, dafür hatte sie dann Verständniss. Ich also durch die nächste Rießenfpütze und irgendwie doch heil bei mir im Wohnheim angekommen.

Ich bin mittlerweile am überlegen mir ein paar Gummistiefel zu besorgen, da alles andere Schuhwerk hier keinen Sinn macht. Vielleicht noch Flip-Flops, weil man die schnell ausziehen kann, aber die Wahrscheinlichkeit dass man irgendwo reintritt ist doch immer noch recht hoch.

Also das wars erstmal von mir, ich werde versuchen die nächsten Tage von meinen anderen, weitaus angenehmeren Erlebnissen zu erzählen! Obwohl Uni zum Sonntagmorgen zählt da nicht so ganz mit dazu, dass ist auch der Grund warum ich nicht zum Schreiben gekommen bin, aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.

Mittwoch, 24. September 2014

Lernen, Leeernen, Leeeeeeeeernen

Hallöchen!

Hier kurz ein Nachtrag zur Mehrzahl von Campus: alles geht oder wie der Chinese sagt 都可以 (doukeyi) Näheres nachzulesen im Duden. Damit hab ich mich doch gut aus der Affäre gerettet! Danke Papa!

Und der Nachtrag zum Kinobesuch: ähm, ja. Wir waren im Kino, haben allerdings keinen Film auf chinesisch schauen können, weil wir nicht-chinesisch-Sprecher dabei hatten und sind am Ende bei einem amerikanischen Taifun-Film mit chinesischen Untertiteln hängen geblieben. Überraschenderweise waren die Chinesen im Saal auch alle ganz ruhig und gefesselt von dem Film. Einziger Nachteil zu westlichen Kinos: sobald der Abspann beginnt wird man rausgeschmissen und dabei ist das doch immer das Beste :(

So ich werde euch heute nochmal ein wenig über den Unterricht in China erzählen, man kann es getrost auf ganz China ausweiten, denn von Anderen habe ich gleiches und ähnliches gehört und selber auch schon mehrmals die Erfahrungen machen dürfen. Wir sind wieder in der Grundschule! Die Lehrer lassen im Chor nachsprechen, es gibt Smileyaufkleber für alle die mehr als 90 Punkte in ihren Hausaufgaben haben und man wird berichtigt wenn man lateinische Buchstaben nicht genauso schreibt wie die Lehrer es wünschen (das hat meinem Vokabeltest eine unschöne Note gegeben, denn ich hatte alles richtig, außer die etwas geschluderte Schreibweise von zwei Buchstaben die immer noch problemlos zu lesen waren). Ich habe mir schon vorgenommen mich das nächste Mal zu beschweren, wenn ein Schriftzeichen nicht so geschrieben wurde wie man es lernt (und davon gibt es jede Menge). Zu den Smileys muss ich gestehen dass ich noch keinen bekommen habe :( dafür hab ich jetzt mit Lin, meinem mexikanischen Freund und Klassenkameraden, eine Wette laufen: derjenige der am Ende von dem Jahr mehr Smileys gesammelt hat, bekommt von dem Verlierer ein schickes Essen spendiert. Das ist ein super Ansporn für mich, denn ich kann es natürlich unmöglich auf mir sitzten lassen, dass mich jemand der wie ein kleiner Bruder für mich ist schlägt!
Ansonsten ist der Unterricht weniger weltbewegend, sehr frontal gehalten und wenn der Lehrer eine Frage stellt, dann kann es durchaus passieren dass er die gleich selbst beantwortet. Mit dem frei Sprechen haben es die Chinesen anscheinend nicht so, deswegen muss ich mir schleunigst ein paar davon suchen, die sich mit mir und meinem schaurigen Chinesisch unterhalten wollen. Sehr chinesisch ist es auch das die Ergebnisse von Tests laut vorgetragen werden. Wahrscheinlich soll so bewirkt werden dass man sich mehr anstrengt, aber gerade wenn es nur Vokabeltests (mit 10 Wörtern) sind, hat das meiner Meinung mach nicht so viel Sinn, außer vielleicht dass man weiß wer gerade Lehrerliebling ist.
Besonders beliebt ist natürlich immer Film anschauen. Das machen wir in unserem Hör- und Sprechunterrricht ein, zweimal die Woche. Dabei handelt es sich um einen koreanischen Cartoon der sich um kleine Ziegen dreht, super süß und alles, aber irgendwie auch sehr wie in der Grundschule. So ganz ernstgenommen fühl ich mich hier noch nicht, mal schaun ob das noch wird. Ein beliebter Film bei allen Lehrern scheint auch einer über die verschiedenen Küchen in China zu sein. Dort wird das hart arbeitende Volk gezeigt und wie mühsam es ist Lotuswurzeln auszugraben oder an eine bestimmte, sehr seltene Pilzsorte zu kommen. Eigentlich ist der Film (ich habe den jetzt schon zweimal gesehen) ganz gut gemacht, allerdings beschleicht mich immer mehr das Gefühl dass es hierbei um ein Glanzstück der chinesischen Propaganda handelt. Auch wird in den Pausen immer mal ein kurzer Film eingelegt den man dann wahlweise anschauen kann, auch hier riecht es doch sehr nach Propaganda. Ansonsten habe ich davon aber NOCH nicht so viel mitbekommen. Dafür eher dass wirklich alles und jeder immer kontrolliert wird. Überall hängen Überwachungskameras und in eine andere Stadt reisen ohne Reisepass ist unmöglich. Ich kommentier das jetzt mal nicht weiter und jeder denk sich einfach mal seinen Teil dazu! Solltet ihr jedoch in Zukuunft nichts mehr von mir hören, dann wisst ihr zumindest warum ;)
Oh weiter witziger Punkt im Unterricht: ca 1/3 aller internationaler Studenten bei uns kommen aus Korea und Japan und sprechen kein Englisch, günstigerweise sind unsere Lehrbücher alle in chinesisch und englisch geschrieben. Wir fragen uns schon die ganze Zeit wie das funktioniert, aber anscheinend funktioniert es, vielleicht erklärt sich somit die ständige Anwesenheit der Koreaner in den Lernräumen nach dem Unterricht. Naja, aber auch als Englischkenner (und ich nehme mir die Freiheit mich dazu zu zählen) ist es nicht immer klar, was denn da gerade für ein Wort übersetzt wurde. Bei einigen Worten habe ich dann doch mal bei den Muttersprachlern nachgefragt und dann kamen Antworten wie: "naja, das ist jetzt eigentlich nicht das richtige Wort dafür" oder "das Wort gibt es im Englischen nicht". Und damit soll man dann eine weitere Sprache lernen? Da bleibt mir nur zu sagen: Prost Mahlzeit!

Aber zum Glück besteht das Leben nicht nur aus lernen oder zumindest auch manchmal aus lernen das wirklich Spaß macht. So zum Beispiel der Kalligrafiekurs den ich und einige andere Studenten jetzt immer jeden Montagnachmittag besuchen. Dieser Kurs wird von der Uni angeboten und kostet uns nichts außer den Materialien, die sehr erschwinglich sind und macht unglaublich viel Spaß. Nicht dass wir da die ganze Zeit am Lachen sind (ich glaube unsere Lehrerin würde uns das sehr übel nehmen, sie sieht superstreng aus), aber auf angenehme Art und Weise ist mit dem Pinsel Striche malen sehr entspannend. Als die Stunde vorbei war, waren alle sehr überrascht und vielleicht auch ein wenig enttäuscht, dass es schon vorbei ist. Aber dafür gibt es morgen einen Taiqikurs (wenn das Wetter uns nicht wieder einen Stricht durch die Rechnung macht), das wird bestimmt auch sehr interessant. Aber davon kann ich euch ja dann später mehr erzählen.

Ansonsten ist diese Woche noch nichts weiter Spannendes passiert, sollte sich das ändern, dann seid ihr aber die Ersten die davon erfahrt!

Somit wünsch ich euch wie immer liebe Grüße!


Sonntag, 21. September 2014

Da wo die Drachen wohnen

Hallo Freunde der Sonne,

vielleicht ist mir die Sonne gestern und auch heute etwas zu Kopf gestiegen, aber ich dachte ich passe mich der Kultur ein wenig an und habe folgenden Kauf getätigt:
Das ist ein Drache, schließlich sind wir hier in China
Zur Erklärung: hier laufen ständig alle möglichen Leute in ihren Schlafanzügen durch die Gegend. Meistens Männer in den 50ern in gestreiften Pyjamas. Das sieht hin und wieder sehr lustig aus, vor allem wenn daneben eine junge Chinesin steht, die aufgetakelt bis zum geht nicht mehr auf dem Weg zum Büro ist. Die Mode hier ist eh etwas anders als bei uns und auch sehr gewöhnungsbedürftig. Wie gesagt Schlafanzüge gehen immer, auch bei fast 30°C im Schatten bei einer Bergbesteigung, besonders geeignet sind da dicke Daunenschlafanzüge! Ohne Mist, das hab ich gestern wirklich gesehen! Die Damen der Gesellschaft kleiden sich dafür eher sehr schick, zu schick für meinen Geschmack, aber das ist ja jedem selbst überlassen. Am witzigstens sind aber eigentlich immer die Schuhe, denn hier sind Plateauschuhe sehr in Mode. Damit soll erreicht werden so groß wie die Westler zu werden, klappt nicht immer. Ich hab mich letztens fast in die Ecke geschmissen vor Lachen als zwei (wirklich) kleine Chinesinnen versucht haben mit über 10cm hohen Schuhen durch die Gegend zu laufen und ich daneben stand und immernoch einen Kopf größer war als sie. Ansonsten sind auch Absatzschuhe sehr beliebt, in denen die Meisten aber leider nicht laufen können und man immer Angst haben muss, dass sie sich gleich die Beine brechen.

So genug der Lästerei! Feurige Grüße von eurer Jana :)

Achja hier noch meine Adresse falls ihr Lust habt mir eine Postkarte zu schicken (ich würde mich sehr über Post freuen!):

Jana Fleischer Room 6830
Nanjing Normal University/ Nanshan zhuanjialou
Nanjing Ninghailu 122
210097


Für alle ganz fleißigen die Adresse in Schriftzeichen ;)

Jana Fleischer 房间 6830
南京师范大学/南山专家楼
南京宁海路122
210097

Samstag, 20. September 2014

Von den purpurnen Bergen kommen wir

Hallo ihr Lieben,

letztes Wochenende haben wir uns ja schon ein wenig auf den Purple Mountain vorgewagt. Heute haben wir nun den Gipfel bezwungen! Nachdem ich mich nun im letzten Post so sehr über das sonnenarme und dafür umso smogreichere Nanjing ausgelassen habe, wurde ich heute eines Besseren belehrt. Wir hatten sage und schreibe 28°C (die letzten Tage waren es teilweise nur 18/19, da muss man dann tatsächlich schon einen Pulli anziehen) und fast durchgehend strahlenden Sonnenschein, der Smog war zwar immer noch da und hat das fotografieren erschwert, aber ansonsten konnte man heute wirklich von einem sehr schönen Tag reden. Den haben wir dann auch gleich in vollen Zügen ausgenutz und sind gleich früh um elf los. Naja, eher etwas später, da es immer ein wenig dauert bis man alle auf dem Campus nach einer recht langen Nacht eingesammelt hat. Warum wir solche Aktionen immer durchziehen, wenn wir den Abend vorher noch ewig unterwegs sind, ist mir tatsächlich immer noch etwas schleierhaft, aber das bekommen wir bestimmt auch noch hin.

An dieser Stelle lohnt es sich wohl mal meine Abenteuerfreunde ein wenig näher vorzustellen. Wir haben letztens schon einmal festgestellt, dass wir womöglich der einzige Freundeskreis sind der nicht nur aus Leuten gleicher oder ähnlicher Nationen besteht. Da hätten wir Flavia aus dem deutschen Teil der Schweiz, allerdings versteh ich ihr deutsch so gut wie gar nicht, weswegen wir immer englisch reden. Sie tanzt für ihr Leben gern Ballet und macht das hin und wieder gern draußen in der Öffentlichkeit und dann starren uns alle noch mehr an als sie das so schon tun. Ange (spricht sich wie unsere Bundeskanzlerin) kommt aus den USA irgendwo bei Los Angeles und hat immer ein breites Lachen im Gesicht. Sie hat definitiv etwas von der Sonne LAs mit hierher gebracht und sorgt deswegen auch immer für gute Laune. Lin aus Mexiko ist typisch Mann, er hört nie zu was man ihm erzählt und hat immer Hunger. Allerdings redet er den ganzen Tag, Unterbrechungen gibt es nur, wenn er etwas essbares im Mund hat. Das kann manchmal recht anstrengend sein, denn wir sind im selben Kurs und somit hab ich das kleine Plappermaul den lieben langen Tag um mich rum. Dann sind da noch Sandra und Jens, ein Päarchen aus Deutschland. Jens macht hier ein Praktikum bei Siemens/Bosch und weil eine Trennung für ein halbes Jahr zu viel wäre hat Sandra sich hier an der Uni für einen Chinesischkurs eingeschrieben. Beide sind aber zum Glück weder pentrante Deutsche noch ein penetrantes Päarchen und somit ist es immer lustig sie zu sehen. Der Sechste im Bunde ist Arthur, ein Franzose, der fast kein Englisch spricht, das sich aber in der einen Woche die wir uns jetzt erst kennen schon unglaublich verbessert hat und man sich mittlerweile mit ihm unterhalten kann. Kali kommt auch aus den USA und ist eher von der ruhigen Sorte, könnte aber daran liegen dass sie genau wie Arthur erst im Sommer ihren High-School-Abschluss (in etwa mit dem Abi vergleichbar) gemacht hat. Zusätzlich zu diesen sieben gibt es noch jede Menge andere Studenten mit denen ich mehr oder weniger regelmäßig zu tun habe und mit denen ich mich auch super verstehe, die hier alle aufzuzählen würde aber einfach zu lang dauern!
(vlnr) Flavia, Kali (hinten), ich, Lin, Sandra, Ange (hinten), Jens, Arthur (hinten)


So, da ihr nun wisst mit was für Leuten ich mich rumtreibe kann ich euch endlich von der Besteigung des Purple Mountains erzählen. Um die nicht einmal 500m bis zum Gipfel zu erreichen hat man zwei Möglichkeiten. Die Erste wäre, man bezahlt 35Y (etwa 4,50€) und lässt sich mit dem Sessellift hochfahren. Die Zweite wäre, man schnallt sich seinen Rucksack auf und läuft den ganzen Weg. Natürlich haben wir uns für Zweiteres entscheiden, denn wir sind jung, sportlich und arm dran. (Naja zumindest die ersten beiden Punkte stimmen.) Also ging es los auf einer Straße wo hin und wieder auch noch Autos fuhren (kein gehupe hier!) und die schon einen recht steilen Anstieg hatte. Als uns das zu bunt wurde sind wir von der Straße abgebogen und eine Treppe hoch. Obwohl das eine hoffnungslose Untertreibung ist, denn diese Treppe war bestimmt 3km lang und jedes Mal wenn man eine Kurve vor Augen hatte und dachte jetzt sind wir gleich da, ging die Treppe weiter und weiter und weiter. Bis sie dann schließlich doch ein Ende hatte, leider war das Ende der Treppe nicht gleich der Gipfel. Rückblickend betrachtet hatten wir zu diesem Zeitpunkt etwa die Hälfte des ersten Gipfels erklommen und waren aber trotzdem schon alle in Schweiß gebadet. Denn obwohl der Weg immer schön im Halbschatten zwischen Bambus und anderen Bäume entlang führte, war es doch schon recht warm und dann auch eher ein warm von schwüler Art, denn schließlich befinden wir uns hier am Rande der Tropen oder so ähnlich (zumindest sagen Wetter und der Gecko am Fenster das). War es bis hierher eher anstrengend und schweißtreiben, so war der nächste Abschnitt wohl der schönste auf der ganzen Strecke, denn es durfe geklettert werden. Wie Bergziegen sind wir also in immer luftigere Höhen gestiegen und haben dabei nicht nur die angenehmere Art und Weise des Chinatourismus kennen gelernt, sondern auch die immer besser werdende Sicht auf Nanjing genießen können. Wir waren dabei ein wenig erstaunt dass einige Chinesinnen mit ihren langen Röcken und definitiv kletterungeeigneten Schuhen und dann noch mit einem Beutel in der Hand diesen Aufstieg gewagt haben. Wir hatten alle vorsorglich Sportschuhe bzw. zumindest festes Schuwerk an, aber in Ballerinas und teilweise Absatzschuhen klettern grenzt schon an Selbstmord auf dieser Strecke. Wir haben darüber nur die Köpfe geschüttelt und Bilder von der Stadt geschossen.
Bick auf Nanjing während des ersten Teil des Aufstieges
Alles lag in einem wunderschönen Dunst aus Smog und wir haben wahrscheinlich gar nicht mal die ganze Stadt sehen können und doch hat sich zu unseren Füßen ein Teppich an Gebäuden ausgebreitet der bis zum Horizont reichte. Kurz danach haben wir dann auch den ersten Gipfel erreicht, welcher aber noch lange nicht unser eigentliches Ziel darstellte. Also ging es weiter über einen angenehmen Weg und jede Menge Treppen, die sich noch länger angefühlt haben als die vom ersten Abschnitt. Und dann waren wir endlich oben, auf dem Gifpel des Purpel Mountains. Auch hier hatte man eine wunderbare Sicht über die ganze (sichtbare) Stadt, welche sich fast einmal um den ganzen Berg herumwindet. Auch gab es eine kleine Brise die uns ein wenig Erfrischung brachte und somit machte es gleich ein wenig mehr Spaß einem Adler auf Nahrungssuche zuzuschauen und noch mehr Bilder zu schießen.

Wir hatten dann kurz überlegt mit dem Sessellift runter zu fahren, uns dann aber wegen des Preises doch dagegen entschieden. Und das war unser Glück, denn so haben wir noch einen Abstecher zu einer rießigen Buddhastatue aus Stein gemacht, diese war etwa 4m hoch und 6m breit, ist angeblich über 100t schwer. Leider hat uns die Infotafel, welche es in vier verschiedenen Sprachen gab, nicht mehr darüber verraten. Dann ging es langsam bergab zu einer Art Terasse wo sich einige Leute getroffen haben um Sport zu machen, man hat vorher schon beim Aufstieg immer wieder einige Chinesen gesehen die den ganzen Berg in recht zügigem Tempo hochmarschiert sind. Hier jedoch, an diesem Ort der Idylle hat sich eine Frau die bestimmt schon siebzig war an einem Reck gedehnt, dass uns fast die Augen rausgefallen sind, einige Männer haben Krafttraining gemacht und jemand hat zu entspannt klassisch chinesicher Musik Taiqi oder etwas ähnliches gemacht. Das Ganze machte einen unglaublich entspannten Eindruck auf uns, dass wir am liebsetn dort geblieben wären, denn die Sonne schien durch die Bäume und es waren sonst fast keine anderen Touristen dort unterwegs. Aber wir haben uns dann doch wieder davon losreisen können und weiter ging es bergab vorbei an verschiedenen Steinstatuen die Zither und ein Brettspiel gespielt haben, einer alten Höhle wo sich Liu Ji der Gründer der Ming-Dynastie (1368-1644 uZ) vor einem Mordkomplott versteckt hatte und zu einer Statue der Guanyin 观音 welche im Mahayana-Buddhismus einen weiblichen Bodhisattva darstellt. Ursprünglich war sie ein männlicher Bodhisattva wird aber mittlerweile in China als Göttin verehrt.
Als wir es dann die gefühlten tausend Treppen wieder bergab geschafft hatten, waren wir alle komplett knülle, denn natürlich hatten wir nichts zum Essen mitgenommen und auf dem Gipfel gab es nichts was nicht komplett überteuert gewesen wäre. Die Wärme hat ihr übriges dazu getan.



Nach einer Busfahrt zurück in Richtung Campus haben wir uns dann völlig erschöpft in einem unserer Standartrestaurants niedergelassen und erstmal Mittag gegessen oder zumindest wäre es unser Mittagessen gewesen, allerdings war es da schon abends um sechs. Danach noch fix einen leckeren Schokokuchen gegessen und dann ging es ab unter die Dusche und halbwegs ins Bett, denn wir haben alle nicht mehr ganz so gut gerochen und beschlossen heute nichts mehr zu machen. Und so kommt es dass dieser Blogeintrag noch am gleichen Tag geschrieben werden konnte und tatsächlich mal brandaktuell ist.

Ich geh jetzt ins Bett und werde diesen Tag als Einen der bisher schönsten in Erinnerung behalten.

Allerliebste Grüße von eurer erschöpften, aber möglicherweise sogar braungebrannten Jana!

Freitag, 19. September 2014

Viel Altes und weniger Neues

Hallo ihr Lieben,

ich werde euch heute noch ein paar Kleinigkeiten über das Leben auf dem Campus der NNU erzählen. Anfangs hatte ich euch ja schon mal erzählt dass es hier, bis auf einige Vögel, sehr ruhig zugeht. Das hat sich bis jetzt zum Glück auch nicht großartig geändert. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass unsere Uni am anderen Ende der Stadt noch zwei weitere Campuse (was ist die Mehrzahl von Campus?) haben muss, dort sind die Naturwissenschaften und alles andere was nicht mit Musik, Sprache und Geschichte zu tun hat untergebracht (leider auch sämtliche Sportangebote). Deswegen kommt es auch weniger überraschend dass die beiden anderen von neuerer Bauart sind. Für die Geisteswissenschaften scheint man auch hier nicht all zu viel Geld übrig zu haben.
Lernen in der Idylle? Nee, dort haben sich die Mücken schon häuslich niedergelassen.
Dafür hat der Suiyuan-Campus ("mein" Campus) die längere Geschichte, diese reicht nämlich bis zur Gründung der Uni im Jahre 1902 zurück. Einer der beiden neuen Campuse wurde vor nicht einmal zehn Jahren erbaut (hehehe). Der Architekt unseres Campuses hat auch den der berühmten Uni Peking gestaltet und somit sehen sich die beiden recht ähnlich, aber egal, in Nanjing ist unser Campus bestimmt der Schönste!
Vor meiner Abreise aus Deutschland wurde immer erzählt dass man gut und gerne die ganze Zeit auf dem Campus leben kann, weil es dort alles gibt was man zum Leben braucht, so zum Beispiel nicht nur eine Cafeteria, Drogerien, Waschsalons undso weiter undso fort. Auch da scheine ich Glück gehabt zu haben, denn wir haben außer einem Friseur, einigen ganz kleinen Fressbuden (am anderen Ende des Campus) und einem Tante-Emma-Laden (ich glaube die Chinesen nennen das nicht so, bzw würde das sehr witzig klingen) nichts auf dem Campus.
chinesisches Wohnheim
Zum Essen muss man zum Glück aber nur einmal raus und auf die andere Seite der Straße und schon hat man die Qual der Wahl, denn diese ist sehr groß. Ansonsten sind die wichtigen Läden auch nicht weit weg. Ein kleines Manko gibt es bei uns allerdings schon, Waschmaschienen. Also nein, die gibt es hier und die scheinen auch problemlos zu funktionieren, was mach ich dann allerdings mit der nassen Wäsche? In meinem Zimmer bin ich froh wenn mein Handtuch trocken wird (hohe Luftfeuchtigkeit und kein Platz um irgendwas aufzuhängen sind eine schlechte Kombination). Alle die in einem anderen Wohnheim auf dem Campus wohnen haben eine Art Wintergarten oder Wäscheleinen vor dem Fenster, aber nein, dafür hast bei uns dann doch nicht mehr gereicht. Ich renne jetzt also jedes mal zum Wäsche waschen nur nahe gelegenen Nanjing University und durfte feststellen, dass die Waschmaschienen dort nicht nur billiger und sauberer sind, sondern das auch die Trockner wunderbar funktionieren. Was haben wir also diese Woche vom Leben gelernt? Für jedes Problem gibt es eine Lösung, man muss nur fragen! Denn natürlich habe ich diese Information nicht von dem Büro was für uns Ausländer zuständig ist, sondern von einem Kommilitonen. Wie die meisten Infos, denn zuverlässiger und genauere bekommt man immer eher von seinen Mitstudenten als von den Büroleuten.
Achja, Chinese müsste man sein!
Ansonsten ist es hier aber wirklich schön! Am Morgen sieht man ganz viele alte Leute Sport machen, die flitzen über den Campus, spielen Federball oder machen Taiqi und das alles früh um sieben, wenn ich es mit Müh und Not geschafft habe mich aus dem Bett zu quälen. Allgemein sieht man hier auch sehr viele Familien, besonders am Wochenende und an den Nachmittagen springen die oder besser gesagt die Kinder durch die Straßen und auf den Wiesen herum, machen Fotos vor den alten Gebäuden, schlendern um den Teich und sitzten auf den Bänken und schwatzen ohne Ende. Sowas ist mir in Deutschland noch nicht begegnet, könnte aber auch sein, dass es daran liegt dass unsere Campuse nicht so schön sind.
Gleich um Ecke von den Unterrichtsgebäuden von den internationalen Studenten befinden sich die Gebäude für Musik. Das ist besonders schön, wenn man da vorbei läuft und einem jedes Mal Klaviermusik um die Ohren weht. Weniger schön bzw mittlerweile etwas nervig, sind die Opernsängerinnen. Die hören wir nämlich auch im Unterricht durch das offene Fenster und die haben eine unglaubliche Ausdauer! Ich war ja noch nie ein großer Fan von viel zu hohen Tönen, die angeblich auch noch einen Text haben sollen, allerdings habe ich die Befürchtung, dass man mich am Ende meiner Zeit hier damit jagen kann. Als Ausgleich dafür kann ich aber von meinem Zimmer aus traditionelle chinesische Musik hören, die es bis zu mir in den achten Stcok schafft. Auch lustig sind die alten Chinesen die mit ihren Miniradios über den Campus laufen und dabei in voller Lautstärke alte chinesische Schnulzen hören. Irgendwie hat das Charm! Ich hab mich jetzt auch mal im Radio hören versucht, aber nach einer Stunde verzweifelt aufgegeben, weil die Musik so überhaupt nicht nach meinem Geschmack ist und der Schleim nur so lief, dass ich Angst hatte meinen Laotop damit zu versauen (und wie soll ich euch dann noch irgendwas erzählen). Vielleicht find ich irgendwann noch mal einen Sender der ordentliche Musik spielt. Die Hoffnung jedenfalls stirbt zu letzt!

Das wars erstmal von mir für heute. Wir wollen später noch ins Kino gehen, das wird bestimmt lustig! Ich berichte euch beim nächsten Mal wie witzig :)
Bis dahin liebe Grüße aus dem fast sonnigen Nanjing!

Mittwoch, 17. September 2014

Merkwürdigkeiten aus China Teil 2

Heute: die Sonne.

Pünktlich wie die Mauerer geht sie jeden Tag um sechs unter. Ein wenig merkwürdig ist das schon, denn schließlich ist hier ja auch Sommer. Eine Chinesin meinte dass sich dass das ganze Jahr über nicht ändert, was ich noch merkwürdiger finde, denn jedes kleine Kind weiß, dass die Tage im Winter kürzer werden. Heißt das hier geht die Sonne dann schon Mittags um zwei unter? Ich werde es herausfinden und euch auf dem neusten Stand der Dinge halten.

Naja, ein wenig übertrieben, nein, eigentlich völlig übertrieben, ist diese Aussage schon. Denn ich habe noch nicht einen Sonnenuntergang (zu Zeiten des Sonnenaufgangs schlafe ich natürlich noch) hier gesehen. Ich wüsste nicht mal in welche Richtung ich schauen müsste um möglicherweise einen sehen zu können. Alle die schon mal mit mir wandern oder sonst irgendwie unterwegs waren, wissen das mein Orientierungssinn nicht von schlechten Eltern ist (auch das stimmt nicht ganz, Muddi, Papa, ich schlage euch um Längen was das angeht!), aber da ich mich immer an der Sonne orientiere ist der hier so gut wie nutzlos, denn leider sieht man die Sonne doch recht selten. Schuld daran ist (denn irgendjemand muss ja Schuld haben) natürlich der Smog. Wer auch sonst! Den sieht man hier jeden Tag und was wäre denn das Leben ohne eine ordentliche Portion Smog? Ein sehr sonniges! Aber wer braucht schon Sonne um glücklich zu sein? Dafür gibt es ja Schokolade! Nur leider nicht hier in China. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte und ich schweife vom Thema ab. Entschuldigt!
Also der Smog und die Sonne vertragen sich nicht so sonderlich gut, denn der Smog muss sich immer in den Vordergrund drängen und die Sonne hat nur eine kleine Nebenrolle in dem großartigen Stück "Leben in Nanjing" bekommen. Schade! Ich mag die Sonne, die schauspielert viel besser. Aber leider bin ich nicht die Regiseurin dieses Stückes! Ein, zwei Mal in der Woche kann man die unglaubliche Erfahrung des Schattenwerfens machen, aber auch da kann man die Sonne nur erahnen, wirklich sehen kann man sie eigentlich nie. Unglücklicherweise, sind diese seltenen Gelegenheiten auch leider immer Vormittags, wo ich mich im Unterricht befinde und somit nur für einige wenige Minuten meine Nase in den "Sonnenschein" hängen kann.

Ursprünglich war ein Grund dass ich mich entschieden habe nach Nanjing zu gehen, dass die Luft hier besser ist als in Peking und Shanghai. Nix da, Pustekuchen! Danke einer wundervollen Website (http://aqicn.org/city/beijing/) bin ich immer genaustens darüber informiert wie schlecht die Luft denn nun wirklich ist. Der Mensch steht ja bekanntlicherweise auf Katastrophen und Smog gehört da auf jeden fall mit dazu, deswegen wird diese Seite auch regelmäßig besucht, immer in der Hoffnung allen anderen geht es schlechter als einem selbst. Ich vergleiche immer nur die Feinstaubwerte von Nanjing mit Peking und Shanghai und muss sagen, ich habe eine schlechte Wahl getroffen. In Nanjing bewegt man sich meistens im organgenen Bereich (das ist nur für sensible Menschen gefährlich). In Shanghai im gelben bis grünen, was moderat bis gut ist (teilweise besser als Deutschland!). Und in Peking ist man auch meistens im organgenen bis gelben Bereich (außer heute, da war es dort im dunkellilanen Bereich was höchst gesundheitsgefährdend ist). Ihr seht also große Stadt bedeutet nicht gleich große Feinstaubbelastung. Grund dafür könnte durchaus sein, dass Nanjing von Bergen (oder besser gesagt größeren Hügeln) umgeben ist, die den Smog nicht abziehen lassen.

Von meinem Schreibtisch im Wohnheim aus kann ich in ca. 2-3km Entfernung einen Turm sehen und solang ich abends die lustig bunten Lichter blinken sehe, mach ich mir noch nicht all zu große Sorgen.

Verdammt, soviel zum Thema ich sehe die Lichter, die werden abends um zehn ausgemacht. Aber wenn ich dann ins Bett gehe ist mir der Feinstaub herzlich egal (vielleicht ersticken ja die Mücken daran). Also, ich hoffe bei euch ist alles im grünen Bereich (das bekommt gleich eine ganz andere Bedeutung :))!

Wie immer allerliebste Grüße aus dem grauen Nanjing!

PS.: Noch hab ich Schokolade, dass heißt ich verfalle noch nicht in Smogdepressionen.

Sonntag, 14. September 2014

Nanjing Tag und Nacht

Hallo ihr Lieben,

meine zweite Woche in China/Nanjing ist nun auch vorbei und ich muss sagen bisher gefällt es mir doch sehr gut hier. An Essen und Verkehr hab ich mich ganz schnell gewöhnt und man könnte fast sagen, dass ich mich hier gut eingelebt habe und mich vielleicht schon ein wenig wie eine Einheimische verhalte. Nicht nur finde ich mich im öffentlichen Nahverkehr halbwegs zurecht (zugegebener Maßen, benutze ich meistens dieselben Linien, aber ich finde es trotzdem erwähnenswert), auch auf der Straße habe ich nicht mehr das Gefühl das mich jedes Auto, Moped oder Fahrrad umfahren möchte (das find ich wirklich erwähnenswert!). Das Chaos, welches einen hier auf den Straßen erwartet ist nämlich gar nicht so chaotisch wie es vielleicht im ersten Moment erscheinen mag. Man muss nur zwei Regeln beachten: 1.Schau den Fahrer nie direkt ins Gesicht, da sie dich sonst erst recht umfahren und nicht um dich rumkurven und 2. verhalte dich wie alle anderen Verkehrsteilnehmer, heißt du stellst dich mit allen anderen schon halb auf die Straße wenn die Ampeluhr ihre 90Sekunden bis zum nächsten grün runterzählt, du auf dem Mittelstreifen stehend ein Taxi heran rufst und die Straße am besten immer dann überquerst, wenn die Chance überfahren zu werden am größten ist. Das bringt mich auch gleich zur nächsten Kuriosität: Bäume die an den ungünstigsten Stellen stehen. In der Mitte einer Treppe oder wie hier im Bild zu sehen ist, auf dem Parkplatz. Aber wahrscheinlich stört es eh niemanden, da sich keiner an die Parkplatzbegrenzungen hält.

Auch im Wohnheim hat man es sich nun soweit es geht gemütlich gemacht auch wenn man damit leben muss, dass das Wasser auf einmal nicht mehr läuft und man komplett eingeseift unter der Dusche steht. Aber halb so schlimm, dann genießt man halt die schöne Aussicht und schwups ist das Wasser (nachdem die Dusche sehr merkwürdige Geräusche von sich gegeben hat) auch schon wieder da. Auch dauert es ewig bis die Toilette alles geschluckt hat, liegt aber eher daran dass man hier kein Klopapier ins Klo wirft, sondern in einen extra Mülleimer (aus geruchlichen Gründen weigern meine Mitbewohnerin und ich uns allerdings das zu tun). Auf jedem öffentlichen Klo ist das jedoch Gang und Gäbe, aber da hat man ja auch nur ein Loch im Boden. 

Da das Wetter am Freitag sehr zu wünschen lies und sich sämtliche Straßen in Wasserfälle und Bäche, nein, Flüsse verwandelt hatten (Pützenspringen geht da super!) sind sämtliche geplanten Aktivitäten, im wahrsten Sinne des Wortes, ins Wasser gefallen. Dafür hatten wir uns entschieden etwas mehr in die typische Küche Nanjings einzusteigen. Diesmal waren wir auch keine riesen Gruppe, sodass sich die Tischsuche von dieser Seite aus als leichter zu lösen erwies. Als wir jedoch vor dem Restaurant ankamen standen und saßen schon jede Menge Chinesen davor und warteten darauf einen Platz zu bekommen und wir dachten schon, dass wir hier auch noch weitere zwei Stunden mit knurrendem Magen warten dürfen, aber zum Glück haben wir ja den Ausländerbonus. Ich hatte euch im letzten Beitrag schon meine Ansicht zu diesem Thema erklärt und die hat sich bisher auch mit Hunger nicht geändert. Freunde von mir haben das als "positiven Rassismus" bezeichnet, ich bin mir nicht sicher ob das die beste Art und Weise ist es zu benennen, aber eine bessere fällt mir leider auch nicht ein. Ich bin allerdings offen für Vorschläge! Jedenfalls bekamen wir sofort einen Tisch zugewiesen und machten es uns auf kleinen Hockern, so gut es eben ging, gemütlich. Das Restaurant bestand aus einem riesigen Raum in dem überall kleinere und größere Tische verteilt waren, von der Decke hingen leuchtende Papierlampions und am Rand konnte man den Köchen bei der Arbeit zuschauen. Essen schmeckt ja immer besser, wenn man anderen beim Arbeiten zuschauen kann und so war es natürlich keine Überraschung dass es uns ganz vorzüglich gemundet hat. Einige der Spezialitäten die wir uns zu Gute getan haben, waren 饺子 (jiaozi) das sind im Prinzip Maultaschen gefüllt mit den leckersten Sachen, auch hatten wir Klebreis der wirklich unglaublich klebrig und dazu noch leicht süß war, Lotuswurzeln gefüllt mit irgendetwas undefinierbarem und kalte Ente. Da wir mal wieder im, wir haben es ganz liebevoll so getauft, Familienstil gegessen haben, konnte jeder mit seinen Essstäbchen direkt zugreifen und von allem einmal (oder auch mehrmals) probieren und am Ende waren auch alle satt (zumindest bis auf unseren Mexikaner, aber der hat immer Hunger). Da der Abend noch jung war beschlossen wir noch auf EIN Bier ins Ellens zu gehen. Naja, aus einem Bier sind dann irgendwie ganz schnell viel mehr geworden, der recht schmale Gang in der Bar zu einer Tanzfläche und der recht junge Abend zu einem sehr frühen Morgen. Jedoch haben wir uns besser geschlagen als die Chinesen, denn aus unerfindlichen Gründen haben die ihren Alkoholkonsum überhaupt nicht unter Kontrolle. Das sieht dann so aus dass entweder jede Menge Chinesinnen in der Bar auf den Bänken liegen und schlafen, was doof ist weil es nur begrenzt Platz gibt, oder der Gang auf die Toiletten ziemlich ekelige Ausmaße annimmt, was aus offensichtlichen Gründen alles andere als lecker ist, besonders wenn man sieht was diejenige zum Abendbrot gegessen hat. Aber hier kommt dann auch niemand und macht das sauber oder befördert besagt Damen aus dem Club, nein, es bleibt den Herren (die meistens auch schon stark alkoholisiert sind) überlassen sich ums sie zu kümmern.  Dass das Ganze natürlich nicht so super funktioniert kann man sich denken. 

Nachdem wir es nun vollständig zurück ins Wohnheim geschafft haben und mal wieder nur mit Minimalschlaf aufgestanden sind, ging es ab zum Frühstück. Ja, ich habe es tatsächlich mal zu einem ordentlichen Frühstück geschafft und obwohl es schon fast mittags war, war es doch sehr merkwürdig eine Nudel-Rindfleisch-Suppe in sich reinzuschlürfen. Dazu gab es noch leckere Jaozi und man war bereit ein wenig zu lernen, bevor der Kreis sich schloss und man auch schon wieder zum Abendbrot gestiefelt ist, Ellens, Tanzen, Minimalschlaf und aufstehen. Zum Sonntag zeitig aufstehen wiederspricht meiner Natur ja noch mehr als es das schon an anderen Tagen tut, aber irgendwie hab ich es doch geschafft und ich hatte sogar noch genug Zeit fix zum Baozimann zu flitzen und mir und meinen Mitstreitern Baozi als Wegzehrung zu besorgen.
soweit hoch müssen wir noch
Denn unser Ziel war das Sun-Yatsen-Mausoleum
中山陵(zhongshanling) im Osten von Nanjing. Dabei handelt es sich um das Grabmal des Mannes der die Republik in China einführte und damit das über 2000Jahre bestehende Kaiserreich beendete, auch war er der erste provisorische Präsident der Republik Chinas und Gründer der Kuomingtan (Nationale Volkspartei Chinas), welche den Sturz des chinesichen Kaiserreiches mitverursacht haben. Im Gegensatz zu den meisten (chinesischen) Touristen sind wir den ganzen Weg gelaufen, dabei ging es zu Beginn gemütlich bergauf durch einen grünen Wald, was doch mal eine nette Abwechslung fürs Auge (und wahrscheinlich auch die Lunge) war. Als wir an dem Punkt angelangten wo auch der lauffaulste Tourist aus dem Bus geworfen wurde, wurde es dann ein wenig belebter und auf einmal standen wir vor einem riesigen Tor und dahinter Treppen ohne Ende. Laut Wikipedia sind es genau 392 Stufen, nachgezählt haben wir sie nicht, aber gefühlt waren es bestimmt noch einmal so viele. Durch die sehr warme und schwüle Luft klebten uns dann auch ganz schnell die Klamotten am Leib und man fragte sich zum bestimmt tausendsten Mal warum man überhaupt noch duschen geht, man ist ja eh gleich wieder nass. Aber wir haben es geschafft und am Ende war es gar nicht so schlimm, wie es von unten den Anschein hatte.
und oben sind wir
Auch wurden wir mit einer wunderbaren Aussicht belohnt, denn man konnte über einen Großteil der Anlage um den Purpurberg und Teile von Nanjing schauen. Der Purpurberg heißt so weil die Wolken manchmal purpurn aussehen (wahrscheinlich wegen dem Smog) und ist mit ca. 450m die höchste Erhebung in Nanjing und Umgebung. Das Mausoleum war ansonsten weniger spannend, aber sehr lustig zu beobachten waren die Leute die uns beobachtet haben. Weiße Touristen sind doch immer noch eher eine Rarität. Nachdem wir dann noch einige Zeit durch den Wald gelaufen sind und uns die Füße dann doch recht wehtaten, sind wir wieder zurück gefahren und sind alle halbtot ins Bett gefallen. Man ist halt doch nichts mehr gewöhnt. Ich habe mir deswegen auch vorgenommen öfters mal nicht den Fahrstuhl in den achten Stock zu nehmen, sondern zu laufen. Mal sehen wie lang ich das durchhalte.


Irgendwie hab ich mich dann doch nochmal aufraffen können und hab mit Flavia (einer Schweizerin) die wohl beste Nudelsuppe bisher gegessen. Die haben wir in einem sehr kleinen, sehr einfachen (es ist schon fast Frevel es so zu nennen) Restaurant in einer kleinen Straße gefunden. Würde man sowas in Europa sehen, würde man schon um die Straße einen riesen Bogen machen, aber hier sind das meistens die besten Orte um etwas zu essen, denn das Essen ist sehr gut, billig und die Besitzer sind immer für einen Schwatz zu haben. 

Gut gesättigt werde ich nun ins Bett gehen und dann morgen in eine neue Woche mit hoffentlich weiteren spannenden Erlebnissen starten.

Ich wünsche euch allen noch einen schönen Restsonntag!

Liebe Grüße von eurer Jana