von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Sonntag, 30. November 2014

Hoch hinaus

Hallihallo ihr Lieben,

am Donnerstag war es nun endlich so weit, ich hab es tatsächlich mal geschafft aus der Stadt raus zu kommen und nicht nur für einen halben Tag in einer anderen versmogten Stadt zu hocken. Ziel diesmal war der Huangshang 黄山 oder auch die gelben Berge genannt. Diese liegen im Süden der Nachbarprovinz Anhui, denn beim Huangshan handelt es sich nicht um einen einzelnen Berg, sondern um ein kleines Gebirge, welches ca. 70 Gipfel hat, wovon der Lotusgipfel mit 1864m der Höchste ist. Das Granitgebirgebirge ist vor etwa 100 Mio. Jahren entstanden und von jeher bei den Chinesen bekannt. So haben sich nicht nur Unmengen an Dichtern und Malern von vor über 1000 Jahren schon für diese Berge interessiert (sollte euch mal wieder ein chinesisches Tuschebild mit Bergen drauf über den Weg laufen, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie von eben diesen Bergen inspiriert wurden bei ca. 100%), sondern auch jetzt bietet es vielen Menschen (vor allem Filmmenschen) Inspiration. Seit des Bekanntwerdens des Gebirges darf es sich auch als einer der "fünf heiligen Berge" bezeichnen.
vlnr: Lin, Arthur, Ange, Kali, Flavia, ich und vorn Fred

So jetzt aber genug der langen Vorrede! Donnerstagnachmittag ging es dann endlich los. Diesmal mit von der Partie waren Flavia, Ange, Kali, Lin, Arthur und Fred. Fred ist ein Klassenkamerad von Lin und mir, ist hochgradig hyperaktiv, immer gut gelaunt und liebt es sich bei anderen Leuten ins Bild zu stellen. Zusammen ergaben wir doch eine recht lustige Truppe und haben die kurze Zeit sehr genossen. Mit dem Zug ging es in 5 1/2Stunden nach Huangshan Stadt. Wir haben alle einen Platz im Kaiche 开车gebucht. Übersetzt heißt das „schnelles Fahrzeug“, jedoch muss dieser Name noch aus der technischen Steinzeit stammen, denn schnell ist wirklich etwas anderes, unter den chinesischen Zügen ist er sogar einer der Langsamsten. Aber so hatten wir die Gelegenheit die Gewohnheiten im Zug bis ins Letzte auskosten zu können. Dazu zählen unter anderem immer mal den Sitzplatz mit Chinesen zu wechseln, eine Lochtoilette im fahrenden Gefährt auszuprobieren (das Loch geht mehr oder weniger direkt auf die Gleise, aber dafür werden sie in Bahnhofnähe immer abgeschlossen),  sowie in den Genuss eines Wasserboilers für Instantnudelsuppe und Tee im Zug und Rauchern unter einem Rauchen-Verboten-Schild zu kommen. Ich muss doch sagen, dass diese Fahrt sehr entspannt war und im Vergleich zur Deutschen Bahn doch um einiges angenehmer war. Als wir dann abends gegen zehn endlich im Hostel angekommen waren, gab es nur noch ein kurzes Abendbrot und dann ging es ab ins Bett, denn am nächsten Morgen war geplant, dass uns ein Bus einsammelt und zum eigentlichen Berg bringt.  Dafür mussten wir viel zu früh aufstehen, aber was tut man nicht alles um mal wieder was zu erleben. Nachdem wir dann noch einmal umgestiegen sind und dann endlich am Berg waren, wurden erst einmal sämtliche Klamotten ausgezogen, denn wieder erwarten war es doch recht warm und nach ungefähr zehn Schritten bergauf war es sowieso viel zu warm.

Um den Berg besteigen zu können muss man hier jedoch erst einmal Eintritt bezahlen!!! Und dann ist das auch nicht nur ein popeliger kleiner Spendenbeitrag, sondern das geht richtig ins Geld. Zum Glück hat uns der Studentenausweis mal wieder weiter geholfen und so haben wir nur umgerechnet ca. 20€ bezahlt. Das klingt zwar nicht viel, aber das ist mehr als die drei Nächte im Hostel zusammen. Naja, aber Wert war es das auf alle Fälle, denn schon nach kurzer Zeit umgab uns herrliche Stille. Glücklicherweise sind Chinesen zu faul um wirklich zu klettern und nehmen deswegen alle die Seilbahn. Und so hatten wir den Weg fast für uns allein. Obwohl, so ganz stimmt das nicht, denn einige kamen uns entgegen und dann gibt es da immer noch die Lastenträger. Denn die Seilbahnen sind nur für Personen gedacht und nicht für andere Lasten. Straßen auf die Berge gibt es keine und deswegen müssen jede Menge Männer alles was die Hotels und kleinen Läden auf dem Berg brauchen hochschleppen. Ich habe noch nie in meinem Leben einen so anstrengenden Job mit eigenen Augen gesehen und muss diesen Männern meinen höchsten Respekt aussprechen!
Da können sie noch jubeln!
Denn über einer Holzstange haben sie an beiden Seiten Säcke und Kisten hängen die jeweils ca. 40Kg wiegen, insgesamt sind das also in etwa 80Kg und somit mehr als diese armen Leute selber wiegen. Das Gewicht selber ist gar nicht mal das größte Problem, vielmehr ist es der Weg, denn dieser führt immer hübsch über Betontreppen bergauf. Zu siebt hatten wir fünf Rucksäcke, wo einer definitiv nicht mehr als 5Kg gewogen hat und wir haben schon ganz schön gekeucht auf unserem Weg nach oben. Man stelle sich das Ganze mit mehr als der eigenen Körpermasse auf dem Rücken vor und sterben wäre ein willkommener Ausweg. Aller zehn, zwanzig Schritte haben sie deswegen auch Pausen gemacht und man hatte die Chance sich an ihnen vorbei zu quetschen und seinen eigenen Weg fortsetzten zu können. Ich hatte das Gefühl das selbst die chinesischen Touristen die Arbeit dieser Männer sehr gewertschäzt haben. Und auch wir haben die horrenden Preise auf dem Berg für Essen ohne schlechtes Gewissen bezahlt, denn immerhin sieht man da wo das Geld hineinfließt.

Aber bevor es zum Essen ging, musste natürlich auch ein wenig was dafür getan werden und so sind wir fleißig bis nach oben gestiefelt, haben wie alle anderen Chinesen fleißig Fotos geschossen und die wunderschöne Landschaft und das fast Smogfreie Wetter genossen. Auf dem ersten Gipfel den wir bestiegen haben der passenderweise 如信峰(ruxinfeng) Seeing-is-believing-Peak heißt, haben wir nicht nur knuffige kleine Eichhörnchen gesehen, sondern zur Überraschung von uns allen auch Affen (tibetische Makaken um genau zu sein). Ich selber habe sie nur aus sicherer Entfernung gesehen, aber auch so waren sie doch beeindruckend groß. Als erstes dachten wir bei dem riesen Fellknäuel, das da in rasender Geschwindigkeit den Berg runter rennt, handelt es sich um einen kleineren Bären. Aber das hat sich zum Glück als falsch herausgestellt.  Neben den aggressiven Affen, die sich von Touristen füttern lassen, hatte ich jedoch mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen: der Höhenangst. Das mir das zum Verhängnis werden könnte war mir von vornherein bewusst und ich hatte auch die Anderen schon vorgewarnt, die dann zum Glück auch auf unglaublich süße Art und Weise darauf Rücksicht genommen haben. So haben sie mich immer wieder motiviert noch ein kleines Stückchen weiter zu gehen und mich sogar an die Hand genommen, damit auch ich die wunderschöne Sicht bewundern kann. Denn im Huangshangebirge auf einem Gipfel zu stehen bedeutet mehr oder weniger nach allen Seiten ins bodenlose Nichts zu schauen. Naja, ganz so schlimm ist es nicht, aber die steilen Bergflanken haben es schon in sich. Aber die habe ich dann doch irgendwann gemeistert, doch dazu später mehr.

Zuerst standen wir jedoch vor der Frage, ob wir uns jetzt wirklich beeilen und den Berg mehr oder weniger runter rennen um den letzten Bus zurück zum Hostel zu erwischen oder ob wir uns ein Zimmer im teuren Berghotel nehmen. Die Wahl fiel dann auf Letzteres, denn so bestand die Möglichkeit den Sonnenauf- und Untergang anzuschauen. Da nur zwei von uns einen Reisepass dabei hatten, haben wir uns dann spontan alle in ein kleines Zimmer gequetscht. Nachdem wir den Sonnenuntergang dank zu vieler Wolken leider nicht gesehen haben, wurde im lokalen Supermarkt nach allem essbaren gesucht, denn das Essen im Hotel war uns dann doch zu teuer. Gefunden haben wir jedoch nur ziemlich alte und weniger leckere Mantou 馒头 (im Prinzip Hefeklöße), noch ekeligere Maiskolben und dafür umso leckere Kekse und Kräcker.  Solch ein Festmahl ist besonders gut nachdem man den ganzen Tag schon nur Kekse, Kräcker und ein wenig Reis gegessen hat. Aber wir sind ja hart im Nehmen und somit haben wir zumindest etwas zu erzählen J Da es sonst nicht zu tun gab und auch die Bettverteilung schon ausdiskutiert war, haben wir Scharade gespielt. Das mag besonders die Mama-Papa-Generation unter euch überraschen, aber ja, die Jugend von heute kann tatsächlich auch ohne Technik und Alkohol jede Menge Spaß haben und den hatten wir auf jeden Fall. (Sollte mal wieder jemand nach Worten für Pantomime suchen: das Dschungelbuch und König der Löwen eignen sich super dafür!) An einem Punkt haben wir uns sogar so laut über die pantomimischen Darstellungskünste gefreut, dass wir beschlossen leiser zu sein, denn wir hatten das Gefühl es sei schon recht spät. Nach einem Blick auf die Uhr, es war noch nicht einmal um acht, haben wir das dann aber wieder verworfen. Sind allerdings trotzdem ziemlich früh ins Bett, denn wir wollten ja den Sonnenaufgang nicht verpassen. Flavia, Fred und ich haben es uns auf dem Boden gemütlich gemacht und die anderen haben die Betten zusammen geschoben und dort versucht zu schlafen, denn das ist leider nicht so einfach, denn erst schnarcht der Eine, dann der Andere, dann muss der Nächste aufs Klo und muss über alle anderen drüber klettern und dann reichen die Decken nicht aus und es ist eiskalt. Als dann um fünf Uhr früh der Wecker klingelte war ich schon sehr froh aufstehen zu können.


Als wir dann alle unsere Sachen angezogen hatten und so schön dick eingemummelt losgestiefelt sind, dem Sonnenaufgang entgegen. Wir hatten uns zum Glück schon am Tag zuvor eine geeignete Stelle herausgesucht und uns dann dort breit gemacht, denn kurze Zeit später kamen Massen an Chinesen und wir waren froh so zeitig aufgestanden zu sein. Es gab dann noch so einiges Gedrängel, aber im Großen und Ganzen konnten wir den Sonnenaufgang schmerzfrei genießen. Die Meisten sind dann auch gegangen bevor die Sonne wirklich aufgegangen war (dank der Wolken konnte man sie nicht direkt sehen) und wir hatten unsere Ruhe um unser Reste-Frühstück vom Vortag zu genießen.
Und dann ging es auch schon weiter, leider hatten sämtliche Touristengruppen die gleiche Idee und so waren wir für kurze Zeit zwischen ihnen gefangen, konnten allerdings entkommen, als wir einen Abzweig zum Lila-Wolken-Gipfel genommen haben. Von dort hatten wir dann auch einen wunderschönen Blick auf die Gipfel, welche wir an diesem Tag bezwingen wollten. Dort haben wir dann auch zum ersten Mal seit einer Ewigkeit einen strahlend blauen Himmel gesehen. Was für ein Erlebnis! Der nächste Abschnitt war mal wieder eine Herausforderung für mich, denn es ging ziemlich weit oben am Berg immer hübsch auf einem recht schmalen Pfad entlang, der teilweise sogar nur aus an den Berg geklebtem Beton bestand. Aber dafür wurde man mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt.
Man beachte die Linie am Berg im Hintergrund, dass ist der Weg!
Landschaftsmäßig war das wohl der schönste Teil des ganzen Ausflugs.  Da unsere Karte keine Höhenangaben hatte, wussten wir nicht dass uns dieser Weg langsam aber sicher dem Boden näher bringt, jedoch dass es einen anderen Weg zurück gibt. Diesen haben Flavia, Fred und ich dann auch genommen, denn am Ende des nächsten Abschnitts sollte ein Teil kommen, wo man nur an einer Wand klebt, unter den Füßen nur ein paar popelige Holzbretter, danach Nichts und zum Festhalten nur eine Eisenkette. So etwas wäre ja aus Sicherheitsgründen in Deutschland strengstens verboten, aber für die Adrenalinjunkies ist das doch eine nette kleine Abwechslung. Da ich definitiv nicht zu dieser Gruppe gehöre, habe ich beschlossen den Weg zurück zu gehen und mich später wieder mit den Anderen zu treffen, aber da haben Flavia und Fred sich erboten mit mir zusammen zurück zu gehen, was ich super süß fand. Also wurde nicht lange gezögert, die Wasser- und Keksvorräte aufgeteilt und weiter ging es. Für die Anderen weiter nach unten und für uns wieder zurück nach oben. Unterwegs war der Weg teilweise so schmal dass nur eine Person darauf gehen konnte, was sich nicht besonders gut macht, wenn einem Horden an Touristen entgegen kommen. Da es sich hier natürlich nur um Chinesen handeln konnte, mussten dann natürlich auch noch Bilder von uns geschossen werden, was mich halb wahnsinnig gemacht hat.
Hier würden jedem die Knie schlottern
Denn nicht nur dass meine Beine von der Anstrengung und der bodenlosen Tiefe unter und neben mir schlottern. Nein, dann wird mir auch noch gesagt: lächle doch mal eine bisschen mehr! Großartig! Ich glaube an diesem Punkt war ich wirklich kurz davor einfach rücksichtslos durch die Menschenmassen zu stürzen und jeden beiseite zu schieben der mir im Weg ist, ohne Rücksicht auf Verluste. Irgendwie haben wir es dann doch unbeschadet wieder den Berg hinauf geschafft (ja, den Chinesen geht’s auch noch gut) und sind dann weiter gekraxelt zum Fliegenden Stein
飞来石 (feilaishi) und zum höchsten Punkt (1841m) unserer Tour, dem Helle-Spitze-Gipfel 光明顶 (guangmingding). Dort hatte man dann wirklich einen 360°Grad-Blick über das gesamte Gebiet des Huangshan und es wäre unglaublich schön gewesen, wenn die Nebel- (oder Smog-?)Schwaden nicht gewesen wären. Natürlich war es trotzdem schön, wie die anderen Gipfel und Berge einem zu Füßen liegen. Und dann ging es auch schon wieder nach unten. Unterwegs haben wir dann tatsächlich Lastenträger gesehen, die zwei Frauen in einer Art Sänfte nach oben getragen haben. Das war wirklich unglaublich! Ich versteh ja, dass es anstrengend ist, aber wenn mir das zu viel ist, dann geh ich nicht in die Berge und dort gab es ja dann auch bis fast ganz oben einen Lift, also wirklich kein Grund sich tragen lassen zu müssen.

Als wir uns dann mit den Anderen wieder vereinigt hatten, mussten wir uns schon ein wenig sputen, denn laut unserer Informationsquelle sollte der letzte Bus zurück in die Stadt um fünf fahren. Das hieß wir hatten knapp zwei Stunden Zeit, das Problem war nur das die anderen einmal komplett den Berg herunter gelaufen sind und dann wieder komplett hoch und dementsprechend erledigt waren. Kein Problem dachten wir uns, dann laufen wir halt zur Kabinenbahn, dann schaffen wir das. Ja, aber da wir in China sind musste irgendetwas schief gehen. Als wir noch ca. 10km vor uns hatten, wurde uns von entgegen kommenden Leuten gesagt, dass die Bahn nicht fährt. In 1 1/2Stunden 10km bergab laufen? Nicht möglich sagt ihr jetzt? Da habt ihr vollkommen Recht! Besonders da es nicht die ganze Zeit bergab ging, sondern immer mal wieder bergauf und dann wieder runter und hoch und runter und hoch. Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch recht entspannt, da man ja immer noch ein Taxi nehmen kann.  Allerdings hatten wir den Sonnenuntergang nicht mit einberechnet, der ja dank hoher Berge noch ein wenig eher kommt, als im Flachland. Wir sind dann also für ca. eine Stunde auf einer immer dunkler werdenden Treppe den Berg runter gerannt, haben ganz chinesisch alle anderen Chinesen aus dem Weg geschubst (oder zumindest uns an ihnen vorbei gedrängelt) und waren dann im Stockdunklen kurz vor um sechs an der Busstation um den wahrscheinlich letzten Bus des Tages zu erwischen. Da hatten wir wirklich noch einmal Glück, denn wir waren alle komplett erledigt, hatten Hunger und das dringende Bedürfnis zu duschen, denn keiner von uns hat denn Abend vorher im Hotel geduscht und natürlich hatte auch keiner Wechselsachen dabei und somit ging von unserer Gruppe ein leicht unangenehmer Geruch aus. Vielleicht kann man das auch als Gestank bezeichnen.

Als wir dann zurück im Hostel, gesättigt und geduscht waren, haben Fred, Flavia und ich beschlossen uns noch die Altstadt von Huangshan Stadt anzuschauen und das hat sich als eine sehr gute Idee herausgestellt, denn dort gibt es eine Straße oder besser einige Straßenzüge, welche wirklich sehr alt sind. Die Häuser sahen genauso aus, wie man das aus alten chinesischen Filmen kennt oder sich vielleicht vorstellt. In den Straßenteilen befanden sich dann Läden für Kalligrafie, Malerei, Tee und ähnliche künstlerischen Dinge. Da es schon recht spät war, haben die Läden jedoch langsam alle zu gemacht und das nicht mit einer Tür die man abschließt oder wie die Chinesen mit einem Vorhängeschloss versieht, sondern mit langen Holzbrettern, welche man in die für sie vorgesehene Schienen einhängt. Wir haben uns dann spontan noch auf einen kleinen Schlummertrunk in ein Café gesetzt und ich hab mir von dem Besitzer (auf Chinesisch) erklären lassen wie oft man denn seinen Tee aufgießen kann und wann man es bleiben lassen sollte (zweimal ist wohl das Beste, nach dem dritten Mal wird es Brühe).


Nach einer (mal wieder) viel zu kurzen Nacht ging es dann am Sonntagmorgen zum Bahnhof und mit dem Zug zurück nach Nanjing. Diesmal konnte man sogar etwas mehr von der Landschaft sehen, die wunderschön ist. Hügel und teilweise goldgelbe und rote Bäume, Reisfelder, Kühe und Bauern, mit komplett verschmutzten Flüssen und Seen, Hochhäuser die einfach so ins Nichts hinein gebaut werden und natürlich immer schlechter werdender Luft.
Dieser Ausflug hat mir und den Anderen doch wirklich gut getan und wir hatten nicht nur Zeit, mal wieder etwas anderes außer Häusern und den immer gleichen Dingen zu sehen, sondern sind uns dadurch auch alle viel näher gekommen und konnten uns noch besser kennenlernen. Das ging dann sogar soweit, dass man sich das Essen ohne zu Fragen geteilt hat oder sich einfach mal umarmt hat, wenn einem danach war und keiner stellt Fragen oder gibt einem merkwürdige Blicke (naja, von den Chinesen kommen die natürlich immer noch).

So ich glaube das war genug erzählt. Sollte irgendjemand mal die Gelegenheit bekommen sich die Gelben Berge anzuschauen, dann kann ich das nur wärmstens empfehlen!
Allerliebste Grüße von eurer Jana
Ich und meine Nippelmütze beim Sonnenaufgang


PS.: Bitte wundert euch nicht über meine möglicherweise merkwürdig klingende Ausdrucksweise, ich merke selber dass mein Deutsch mit Woche zu Woche schlechter wird und entschuldige mich dafür, werde es aber nicht ändern können.

Dienstag, 18. November 2014

Auf Dienstreise



Hallo ihr Lieben,

nun habe ich euch endlich mal ein bisschen was aus anderen Gegenden in China (außer Nanjing) zu erzählen, denn netterweise wurden einige andere Studenten und ich von unserem Stipendium eingeladen nach Suzhou und Wuxi zu reisen. Und wer sagt schon zu einer kostenlosen Reise nein (es scheint Leute zu geben die dem wiederstehen können, aber ich gehöre da auf keinen Fall mit dazu).
Besonders verlockend daran war die Tatsache, dass wir entschuldig nicht zum Unterricht erschienen sind, denn unsere Reise umfasste netterweise Donnerstag und Freitag. Gleich Donnerstagmorgen ging es los mit dem Bus nach Suzhou. Diese Stadt liegt auf ca. 2/3 der Strecke nach Shanghai und wird wegen der unzähligen kleinen und großen Flüsse und Kanäle auch das Venedig des Ostens genannt. Hier leben in etwa 6 Mio. Menschen dauerhaft und noch einmal so viele Wanderarbeiter. Die Zahl der Einwohner steigt aber stetig an, denn Suzhou wird als Arbeitsstätte immer beliebter. 


Nur die Chinaflagge lässt erkennen wo man sich wirklich befindet
Zuerst ging es für uns an die Suzhou Universität, dort haben wir uns einen Vortrag über die Geschichte der Stadt angehört (oder es zumindest versucht, denn natürlich war der Vortrag auf Chinesisch). Danach ging es in die Cafeteria zum Mittagessen. Warum sich alle Welt immer über die deutsche Mensa beschwert ist und bleibt mir ein Rätsel, denn das Essen dort hat nicht wirklich gut geschmeckt und dabei wurde mir erklärt, dass es in der Mensa für internationale Studenten an unserer Uni noch schlimmer ist. Aber wir haben es überlebt und sind danach mit Konfuziusstipendiaten der Uni ein wenig über den Campus spaziert und haben ordnungsgemäß für Fotos bereit gestanden. Lustiger weise hatte man dort ein wenig das Gefühl sich in Amerika zu befinden, denn die Gebäude sahen genauso aus, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt.
Ein chinesischer Spielplatz
Als auch das erledigt war gingen wir zum nächsten Programmpunkt über: Sight-Seeing. Suzhou ist nicht nur für seine vielen Flüsse bekannt sondern auch für seine überaus schönen Gärten.  So befinden sich zwei der vier schönsten Gärten in Suzhou und einer davon, der Lingering Garden 
(liuyuan), wurde von uns im Sturm erobert. Dieser gehört auch wie die anderen Klassischen Gärten Suzhous zu den UNESCO Weltkulturerben und wurde im 16 Jh. Angelegt. Zwar ist er nicht so groß wie manch anderer Garten, so ist er doch trotzdem sehr schön anzuschauen. Leider kenne ich mich mit der chinesischen Gartenkunde nicht sehr gut aus, um euch jetzt das Besondere an genau diesem Garten zu beschreiben, deswegen lasse ich einfach mal ein paar Bilder für sich sprechen.










Kurz darauf ging es dann auch schon wieder weiter zur nächsten Attraktion, dem Kloster des kalten Berges 寒山 (hanshanshi). An und für sich ist der Tempel nichts Besonderes oder zumindest nicht wichtiger als andere Tempel. Aber weil da mal vor langer, langer Zeit (irgendwann im 8. Jh.) irgendein komischer Kauz (Zhang Ji 张继 um genau zu sein) den Tempel in einem sage und schreibe 2 Verse langen Gedicht erwähnt hat, ist genau dieser Tempel heute berühmt. Jetzt soll doch bitte noch einmal jemand sagen, dass die Chinesen nicht zumindest ein kleines bisschen verrückt sind! Nun will ich euch das Gedicht und Bilder des Klosters aber nicht vorenthalten. (Die Übersetzung von dem Gedicht ist übrigens nur eine Variante von vielen, aber mir gefällt sie.)





夜泊枫

月落乌啼霜满天,江枫渔火对愁眠。
姑苏城外寒山寺,夜半钟声到客船


Eine Nacht vertäut bei der Ahorn-Brücke

Der Mond geht unter, eine Krähe krächzt durch den Frost
Im Schatten der Ahornbäume befällt mich traurige Müdigkeit
Und ich höre, vom Kloster des Kalten Bergs hinter Suzhou,
Wie für mich im Boot läutet die Mitternachtsglocke.





Als auch das geschafft war und wir alle schon ganz hungrig waren, ging es dann zum Glück zum Abendessen. Und wie könnte es auch anders sein, wenn man von Chinesen eingeladen wird, gab es ein schickes und unglaublich leckeres Viele-Gänge-Menü. Ich bin wie immer sehr froh über meine Wahl in diese Region Chinas gezogen zu sein, denn meistens sind die Gerichte relativ süß und nicht (viel zu) scharf, wie in so vielen anderen Regionen, auch die gehäufte Anzahl an Zwiebeln fand ich super. Und zum Glück haben wir alle von den Knoblauchgarnelen gegessen, denn sonst wäre die Zeit im Bus für Einige weniger lustig geworden. Viel mehr ist dann an diesem Abend auch nicht mehr passiert, ich bin mit einigen anderen noch ein wenig durch die Straßen geschlendert, leider waren das nur Einkaufsstraßen. Und dann sind wir in das unglaublich flauschige und kuschelig-weiche Hotelbett gefallen, nachdem man eine Dusche mit warmem Wasser genießen konnte ohne sich um den Wasserverbrauch zu sorgen.

Nach einem westlich-chinesischem Frühstück und Tränen in den Augen, weil wir dieser wunderbaren Welt des Hotels wieder verlassen mussten, ging es dann aber trotzdem weiter nach Wuxi. Das liegt in Richtung Nanjing etwa eine halbe Stunde von Suzhou entfernt, hat inklusive Wanderarbeiter etwa 6 Mio. Einwohner und sieht insgesamt leer aus. Also naja … leer im Vergleich zu Nanjing und Suzhou, also vielleicht so voll wie eine europäische Großstadt. Auch hier erwartete uns ein Vortrag zur Geschichte der Stadt und überraschender Weise hab ich bis auf kleine Details alles verstanden. Juhuu! Der Referent ist Lehrer für Chinesisch als Fremdsprache und wusste somit wie er mit uns zu reden hat, was ich zur Abwechslung mal sehr angenehm fand. (Es bin nämlich nicht ich die kein Chinesisch kann, sondern alle anderen die nicht mit Ausländern umgehen können. Nein, kleiner Scherz!) 
Nach dem Mittagessen ging es dann zum Taihu , was Nichts anderes bedeutet als riesiger See. Muss ich noch irgendwas dazu sagen? Eigentlich nicht, aber ich bin ja gar nicht so. Mit ca. 2200km² ist er der drittgrößte Frischwassersee Chinas. An einer Stelle hatte man das Gefühl sich am Meer zu befinden, denn ein Ufer auf der anderen Seite war nicht in Sicht. Hier haben wir uns auf die Schildkrötenkopf-Halbinsel konzentriert. Den Namen verdankt die Insel einem natürlichen Steingebilde, was angebliche wie der Kopf einer Schildkröte aussehen soll. Selber gesehen habe ich den allerdings nicht. Aber nichts destotrotz konnten wir alle bei wunderschönem Herbstwetter die größtenteils natürliche Landschaft der Insel mit seinen bunten Bäumen genießen. Da wir viel zu viel Zeit darauf verwendet haben die Natur zu genießen und Bilder zu schießen, ist unsere Kahnfahrt leider ausgefallen und uns stand nun  nur noch die Busfahrt zurück nach Nanjing bevor.
endlich Herbst


In diesen zwei Tagen haben wir zwar alle fast kein Chinesisch gesprochen, dafür aber umso mehr über die örtliche Kultur gelernt und sind der Sinisierung einen großen Schritt näher gekommen, denn eine Reise von Chinesen organisiert und begleitet kann natürlich nur eines bedeuten. Alles ist auf die Minute genau und so knapp wie möglich durch geplant. Da heißt es dann halt auch immer: So hier habt ihr jetzt eine Stunde Zeit euch umzuschauen, folgt am besten dem gelben Fähnchen und zum Schluss natürlich noch ein Gruppenfoto und dann geht’s weiter. Meistens dauert dann die Fahrt zum nächsten Ziel ungefähr genauso lang wie man Zeit hat sich dort umzuschauen. Mich erinnert das sehr an die Unmengen an Asiaten die in europäischen Städten ausgekippt werden und nach dem gleichen Prozedere auf Sight-Seeing-Tour sind. Diesmal war ich halt ein der Teil der ausgekippten.

Bis zum nächsten Mal und allerliebste Grüße von eurer Jana

Dienstag, 11. November 2014

Drachenkinder


Hallo ihr Lieben,

jetzt Teil 8 der Merkwürdigkeiten aus China, die Jugend Chinas.
Da gibt es so viel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll. Ich versuch es mal mit dem Anfang. Also von klein auf werden die Kinder hier von ihren Eltern und Großeltern angespornt ein Instrument spielen zu lernen (von dem was ich so gehört hab, recht erfolgreich) oder eine andere Sprache zu lernen (weniger erfolgreich, vom "Hello" mal abgesehen). Sobald sie dann in die Schule kommen wird natürlich erwartet dass nur beste Schulnoten ins Haus flattern, das ändert sich auch nicht wenn man in die Uni eintritt. Ihnen werden jegliche Hausarbeiten abgenommen bzw. gar nicht erst aufgeladen, damit man sich hundertprozentig aufs Lernen konzentrieren kann. Ergebnis ist, dass sie dann manchmal etwas hilflos wirken, wenn es zu den simplen Dingen im Leben kommt. Also vielleicht ist hilflos hier das falsche Wort, naiv und unschuldig trifft es glaub ich eher. Das führt bei Kontakt von vor allem Erstsemestern hin und wieder zu kleinen Irritationen (bisher nur auf "unserer" Seite wahrgenommen) und manchmal ist man auch unglaublich genervt davon, denn ich glaube schon dass ich (die meistens ein paar Jahre älter ist) schon in der Lage bin die Straße allein zu überqueren oder auch den Weg allein nach Hause finde ohne dass ich mich danach noch melden muss. Muddi, Vati ich werde das nächste Mal ohne Murren den Geschirrspüler ausräumen, denn bei euch musste ich mich nie melden, wenn ich einmal durch die Stadt gefahren bin. Mir ist durchaus bewusst dass dieses überfürsorgliche Verhalten nur freundlich gemeint ist, aber manchmal wäre es doch nett, wenn eine 19Jährige mich nicht bemuttert und gleichzeitig in den Zug in die entgegen gesetzte Richtung in die wir eigentlich wollen einsteigt.
Ich hatte letztens eine interessante Unterhaltung mit einigen chinesischen Mädels und nachdem sie sich ewig kichernd endlich durchringen konnten mich zu fragen ob ich einen festen Freund habe (wichtigere Frage als das Alter), erzählten sie mir, dass von ihnen mehr oder weniger erwartet wird sich während des Studiums einen Freund zu angeln, den sie dann nach dem Studium (also mit Anfang Mitte zwanzig) heiraten können.  Wie sie das bewerkstelligen sollen, da die chinesischen Wohnheime ungefähr so stark bewacht werden wie ein Gefängnis in Deutschland ist mir jedoch schleierhaft. Um in ein Wohnheim (natürlich geschlechtergetrennt!) hinein zukommen muss man durch ein Drehkreuz, was doch sehr stark an die Kontrollen in der Metrostation erinnert. Und länger als bis 12Uhr abends darf man auch nicht draußen unterwegs sein. An einer Uni hier muss man sogar bis um neun zurück sein, selbst am Wochenende.


Das wird wohl nicht der letzte Eintrag über die Verhaltens- und Denkweise der Chinesen bleiben, aber an dieser Stelle reicht es erst einmal.

Dieses Wochenende war bis auf den erfolgreichen Versuch Oreokekse zu frittieren und die wiederholte weniger erfolgreiche Suche nach einer Bowlingbahn nicht so ereignisreich. Aber nach den Prüfungen darf man sich auch mal vom Sight-Seeing erholen. Meine schriftliche Prüfung hab ich übrigens mit 87% und meine Mündliche mit 76% (wie ich finde ziemlich gut) bestanden  :)Der nächste spannende Punkt diese Woche ist, dass wir gestern eine neue Lehrerin bekommen, da unsere derzeitige Lehrerin auf Grund von einer Zwillingsschwangerschaft ihr Amt vorerst niederlegt. Mal schaun wie sie sich schlägt!

Bis zum nächsten Mal, wie immer liebe Grüße von eurer Jana!