von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Mittwoch, 24. Juni 2015

Was sonst so geschah

 




 Hallo ihr Lieben,

hier bin ich nun schon wieder, ein letztes Mal aus direkt aus Nanjing, denn meine Zeit hier ist nun endgültig vorbei. Ich wurde jetzt schon einige Male gefragt ob ich denn überhaupt noch zur Uni gehe. Ja, ich bin immer noch zur Uni gegangen, allerdings war es für mich nicht weiter erwähnenswert, denn der Unterricht hat einen Tiefstand in Langweiligkeit erlang. Nachdem ich nun auch die HSK 5 Prüfung (standartisierte Prüfung des Chinesischlevels) erfolgreich bestanden habe, ist meine Motivation für die letzten (nicht wichtigen) Prüfungen zu lernen leider auch auf einen Tiefpunkt gestoßen. Hier geht das Leben ansonsten seinen gewohnten Gang, einigen Freunden mussten wir schon auf Wiedersehen sagen und alle sind dabei ihre Sachen zu packen und letzte Reisevorbereitungen zu treffen. 

Aber was ist sonst in den letzten Wochen passiert? Tatsächlich nicht all zu viel. Ihr erinnert euch sicherlich an meinen entsetzten Aufschrei, als die kleine Fressmeile renoviert wurde. Diese Renovierung ging doch innerhalb von einer Woche von statten, so haben nun alle Läden hübsche Glastüren (besonders praktisch im Winter, da diese Türen natürlich nicht isoliert sind), sowie Rollgitter, die von den Meisten gar nicht benutzt werden. Außerdem wurden einige Läden auch gleich von Innen renoviert und haben dadurch leider all ihre Persönlichkeit und ihren Charme verloren. Andere Läden sind bis heute noch nicht zurückgekehrt und ich habe die leise Befürchtung dass sie das auch nicht mehr tun werden. An einigen Stellen ist die Straße vor den Läden auch immer noch mehr ein aufgerissenes Schlachtfeld und auch hier sieht es nicht nach schneller Besserung aus, aber wer braucht schon einen sicheren Zugang zu Essen solang die Autos gefahrenfrei fahren können? 

Wettertechnisch gibt es auch einige kleine Veränderungen im Vergleich zum letzten Update, denn mittlerweile ist hier Sommer. Soll heißen: meistens haben wir so um die dreißig Grad, es ist ziemlich feucht und der Himmel ist die meiste Zeit grau, denn die die Smogwerte haben sich wieder fest im ungesunden Bereich angesiedelt und man hat das Gefühl es fängt jede Sekunde an zu regnen. Was es natürlich nicht tut, wenn aber doch mal dann so richtig. Ein wenig nach dem Prinzip: ganz oder gar nicht. Letzte Woche war es dann nach nur einem Tag Regen mal wieder soweit, dass die gesamte Stadt unter Wasser stand. Ein Beispiel: die Einfahrt zu unserem Campus ist eine etwa fünf Meter breite und 100 Meter lange Straße, in diesem Fall war es allerdings schon fast ein reisender Strom. Man stand überall mindestens Knöcheltief im Wasser. Glücklicherweise war es aber auch gar nicht kalt, sodass man wie ein kleines Kind durch die Flüsse und Seen springen konnte. Ich finde Nanjing sollte sich einige Boote zulegen, denn anders kommt man tatsächlich nicht mehr von A nach B bei diesem Wetter. 

Stadtmauer und Yuejianglou
Wenn es aber mal nicht wie aus Eimern schüttet und auch mal nicht viel zu heiß ist, dann kann man tatsächlich immer noch neue Teile der Stadt erkunden. Dass habe ich dann auch gemacht und habe die letzten Meter der Stadtmauer erklommen. Ich dürfte jetzt einmal komplett auf allen Teilen der Mauer gewesen sein. Jedenfalls hat mich dies in den Westen der Stadt gebracht, wo ein wunderschöner Park direkt am Fluss entlang führte und man auf der anderen Seite trotzdem noch die Großstadt gesehen hat. Hier gab es dann sogar einige Abschnitte wo man keinen Motorenlärm, sondern nur Vögel zwitschern gehört hat und man auch mal nur den Geruch von Blumen in der Nase hatte. Wirklich sehr angenehm! 


Letztes Wochenende war dann auch das Drachenbootfestival 端午节 (duanwujie), dieses wird jedes Jahr um diese Zeit gefeiert, da die Sonne, genau wie die Drachen (welche die männliche Kraft symbolisieren) zu diesem Zeitpunkt am stärksten ist. Es gibt verschieden Versionen zu diesem Festtag, aber die bekannteste ist wohl dass der Dichter Qu Yuan 屈原 Selbstmord beging und die lokale Bevölkerung versuchte ihn zu retten und deswegen in Booten auf den See hinaus fuhr (der Ursprung für die Drachenbootrennen). Als sie seinen Körper nicht finden konnten warfen sie gefüllte Reisbälle 粽子 (zongzi) ins Wasser, damit die Fische anstatt Qu Yuan den Reis essen.  Drachenbootrennen und das Zongzi-Essen sind auch heute noch Tradition und werden beide mit viel Freude betrieben. Leider habe ich die Rennen dieses Jahr verpasst, habe allerdings bei einer kurzen Reise vor zwei Jahren an den Rennen in Suzhou selber teilgenommen und muss sagen, dass es wirklich unglaublich viel Spaß macht, von den Massen an Zuschauern mal abgesehen, aber das ist ja nichts Neues. Zwar waren die Rennen alle schon am Samstag, allerdings war Montag trotzdem ein Feiertag, warum scheint keiner so genau zu wissen und deswegen sind die meisten Leute auch an diesem Tag wieder brav auf der Arbeit erschienen und hatten alle ihre Geschäfte geöffnet. 

Wir in Boot Nr. 3 beim internationalen Drachenbootrennen vor zwei Jahren


Zwar sind meine Tage hier in Nanjing nun gezählt, aber das soll noch lange nicht heißen, dass ich mit China am Ende bin, denn schließlich ist Sommer und was wäre ein Sommer ohne eine kleine Reise. Naja, in meinem Fall mal wieder eine etwas größere, aber das ist ja egal. Jedenfalls werde ich mich am Samstag auf in den Südwesten des Landes nach Sichuan und Yunnan begeben und dort noch ein wenig Land und Leute kennen lernen (hoffentlich) und auf jeden Fall noch ein wenig die Seele baumeln lassen, bevor ich dann Ende Juli wieder in Deutschland aufschlagen werde.

Wie immer allerliebste Grüße von eurer Jana!

Donnerstag, 11. Juni 2015

Wasser ohne Ende



Hallihallohallöchen,

da bin ich auch schon wieder. Das Semester und damit mein Chinaaufenthalt neigen sich langsam aber sicher dem Ende entgegen und somit nutze ich die verbleibende Zeit um noch ein wenig mehr vom Land zu sehen. 

Dieses Mal ging es ins nahe gelegene Hangzhou 杭州, welches die Hauptstadt der Provinz Zhejiang 浙江 ist. Mit dem Schnellzug ist man in ca. 1,5 Std. in der von Nanjing aus südöstlich gelegen Stadt. In der Stadt selber wohnen irgendwas um die acht Millionen Menschen (so genau scheint das keiner zu wissen), allerdings merkt man davon gar nicht so viel, denn sie selber wurde um einen riesengroßen See, den Westsee 西湖(xihu), gebaut. Gestartet wurde damit vor über 2500 Jahren, damals war es Hauptstadt und wurde später vor allem durch den Bau des „Großen Kanals“ bekannt, welcher sich von Hangzhou aus bis nach Beijing windet um den Transport zu erleichtern. Erbaut wurde dieser ca. 600 u.Z. und ist mal wieder eine bauliche Meisterleistung, denn ich stand davor und das ist einfach nur riesig in der Breite (bestimmt 100-200m breit) und mit etwas über 1700km Länge das längste Gewässer was je von Menschenhand erschaffen wurde.

Da wir (leider) noch keine Ferien haben, wurde es nur ein Wochenendausflug, auch wenn wir ohne Probleme noch mehr Zeit hier verbringen könnten. Mit wir meine ich diesmal Ange, Flavia, Kali, Jojo, Lea und mich. Ein reiner Weiberhaufen, aber für uns kein Problem. Da wir erst am späten Nachmittag angekommen waren, haben wir uns einfach auf den Weg gemacht und sind am See entlang spaziert. Auf dieser Seite ist er umgeben von einem kleinen Streifen Park, sodass man den Verkehr zwar immer noch hört, aber wenigstes nicht mehr sieht. Hier hat man dann einen wunderbaren Blick über die Leifeng Pagode 雷峰塔 (leifengta), den Rest des Sees, die Hügel auf der gegenüberliegenden Seite und die Skyline der Innenstadt. Alles immer hübsch eingerahmt von Weiden und für uns von einem dramatischen Sonnenuntergang. Da Hangzhou berühmt ist für diesen See und das Wetter fantastisch war, war es auch kein Wunder dass man überall Touristen um einen herum hatte. Als wir dann jedoch genug von denen hatten, sind wir in eines der unzähligen Spezialitätenrestaurants gegangen und haben uns den Bauch vollgeschlagen mit all den Köstlichkeiten. 
Besonders war dabei das Bettlerhühnchen 叫化鸡(jiaohuaji), ursprünglich wurde dieses Rezept aus der Not heraus geboren, als einige Bettler keine Kochmöglichkeiten hatten, haben sie einfach ein Hühnchen mit Haut und Federn in eine Art Schlammklumpen eingepackt und diesen dann so wie er war ins Feuer gelegt. Zur Überraschung aller haben sich die Federn gelöst als man den nun gehärteten Schlamm entfernt hat und auch hat es sehr gut gerochen und geschmeckt. Heute wird das Hühnchen nicht mehr in Schlamm gepackt, sondern in Papier, schmeckt aber bestimmt immer noch genauso gut. Am besten jedoch fand ich, dass der üblicherweise zum Essen gereichte Tee dieses Mal nicht nur Wasser oder sehr merkwürdig schmeckender Billigtee war, sondern der bekannteste und super leckere Grüntee des Landes, Drachenbrunnentee 龙井茶(longjingcha). So lässt es sich schon recht gut leben! Danach sind wir den gleichen Weg wieder am See zurück zum Hostel gelaufen und haben dabei die Lichter der Stadt genießen können, das war fast genauso schön wie bei Tageslicht. 
Die Weiber: Lea, Flavia, Jojo, Kali und Ange (v.l.)


Am nächsten Tag sind wir dann auch gar nicht so spät aufgestanden und haben uns auf den Weg nach Wuzhen 乌镇 gemacht. Das ist eine kleine Wasserstadt nördlich von Hangzhou. Wasserstadt soll jetzt aber nicht bedeuten, dass alles im Wasser gebaut ist, nein, eigentlich sind es nur zwei Teile der Stadt wo sich mehrere Kanäle befinden und dort die Häuser direkt (wie in Venedig) am Wasser gebaut wurden. Zusammen mit wahrscheinlich tausenden von Touristen sind wir also los ins Getümmel und haben die Kanäle und die kleinen alten Häuschen bewundert. Ziemlich schnell war aber klar, dass die Häuser nur die alte Fassade behalten haben, von Innen jedoch vollständig renoviert und mit allem Notwendigen, wie Klimaanlage etc. ausgestattet waren. Hübsch sah es trotzdem aus. Es gab auch jede Menge kleiner Boote die Touristen über die Wasserwege von A nach B gebracht haben, in den winzigen Häusern befanden sich dann auch Werkstätten für Süßkram (sehr lecker!) und Metallverarbeitung, sowie Museen, denn der zweite Grund warum Wuzhen so bekannt ist, ist das Mao Dun, ein sehr berühmter revolutionärer Schriftsteller, hier geboren wurde. Dieser erste Teil oder besser gesagt der östliche Teil war meiner Meinung nach der etwas authentischere, denn hier haben in den meisten Häusern noch Leute gewohnt und wenn man sich die ganzen Touristen wegdenkt, dann ist es bestimmt sehr angenehm ruhig und entspannt.
Das kann man vom westlichen Teil weniger sagen, denn hier herrscht der Kapitalismus und in all den Häusern gibt es keine Bewohner, nur Läden, Hotels, Restaurants und Cafés. Ohne Anwohner wäre dieser Teil der Stadt einfach nur leer. Dafür konnte man die nicht minder schöne Kanallandschaft besser genießen, denn hier waren deutlich weniger Touristen unterwegs. Über die Kanäle haben sich schöne Steinbrücken geschwungen, genauso wie man sich das für China vorstellt. Von dort hatte man dann eine wunderbare Aussicht über einen Großteil der Gegend, denn die Häuser waren alle nur zwei Stockwerke hoch und der Kanal führte schnurgerade zum Horizont (naja, fast zumindest). Wir haben uns einfach dort niedergelassen Fotos gemacht, unsere schon etwas müden Füßchen ausgeruht und die Menschen versucht zu ignorieren, die immer wieder ganz erstaunt und für uns gut hörbar: „Ausländer!“ gesagt haben. Im Herbst hab ich euch schon einmal davon erzählt, dass es hier noch etwas Besonderes ist einen Ausländer zu begegnen, hin und wieder vergisst man das wenn man in Nanjing lebt, denn vor allem in der Region um die Uni und die Innenstadt herum, sind Ausländer nun einmal keine Seltenheit. Kommt man nun aber zu einer Touristenattraktion erster Güte, dann findet man dort auch jede Menge Menschen von eher ländlicheren Gebieten (also alles was weniger als 5Mio. Einwohner hat) und diese sehen Ausländer eher selten und vor allem erwarten nicht, dass wir sie verstehen können. Deswegen ist es schon wirklich recht nervig, wenn man das alle zehn Meter gesagt bekommt. Naja, wir haben den Ausflug nach Wuzhen trotzdem genossen und sind dann am späten Nachmittag wieder zurück nach Hangzhou gefahren, wo wir dann noch auf einer Art Nachtmarkt waren und uns einmal durch die lokale Küche gefuttert haben. Als wir dann spät am Abend erschöpft im Hostel angekommen waren, haben Lin und Simona auf uns gewartet, welche uns für die nächsten zwei Tage begleiten wollten. 




 


Sonntag sind wir dann in den Süden der Stadt gefahren, wo sich die Teeplantagen des berühmten Drachenbrunnentees, sowie unzähliger weiterer bekannter Tees befinden. Hier hat sich das Phänomen des chinesischen Tourismus mal wieder voll und ganz ausgezahlt, denn zu Beginn ging es entlang einer Straße und eines kleinen Flusses hinein in die Hügel. Dabei hat sich Jojo wie ein kleines Kind über den Bach gefreut, der sogar relativ klares Wasser hatte und wir über die Teeplantagen. Die sehen in etwa so aus wie unsere Weinberge, nur das da halt andere Pflanzen drauf stehen, aufgebaut ist der ganze Spaß aber in der gleichen Art und Weise. Da das Wetter etwas nebelig und regnerisch war, hat es dem Ganzen einen mystischen Anstrich verliehen, denn im Vordergrund hatte man die Teebüsche und im Hintergrund der Nebel der zwischen den Hügeln aufstieg. Jedenfalls wurde der Touristenstrom immer dünner je weiter man in die Hügel vordrang und als wir dann den Weg auf die Hügel (oder eigentlich waren es schon kleine Berge) hinauf nahmen, war der Strom, bis auf wenige Ausnahmen fast vollständig verebbt. Sehr zu unserer Freude natürlich! Wir sind dann also mal wieder Treppen hoch und runter gestiefelt und wieder hoch und wieder runter und hatten auf den Hügelgipfeln trotz Regen eine wunderschöne Aussicht über die Umgebung, auf der einen Seite noch mehr grüne Hügel, gespickt mit jeder Menge Teeplantagen und einigen kleinen Dörfern und auf der anderen Seite den Großen Kanal und Teile Hangzhous.
Der Große Kanal von oben
Unser eigentlicher Plan war eigentlich unseren Tee selber zu pflücken, aber leider war gerade nicht die Saison dafür und somit mussten wir uns damit begnügen in einem kleineren Seitental, wo sich die Teebuschreihen Kilometer und Kilometer hingezogen haben, in einem recht gemütlichen Teehaus mal wieder den Bauch mit leckerem Essen und natürlich auch Tee voll zu stopfen. Im Endeffekt war das aber auch nicht so schlimm, denn mittlerweile hat sich der anfangs angenehme Nieselregen zu einem ordentlichen Guss verwandelt und da war es tatsächlich schön in der zweiten Etage zu sitzen und dem Regen zu zuschauen. Wir hatten auch eine wirklich schöne Aussicht auf Hügel und Teeplantagen und das direkt vom Tisch aus. Hätte also wirklich schlimmer kommen können.
Denn Abend haben wir dann damit verbracht unsere Klamotten wieder trocken zulegen, Film zu schauen, Karten zu spielen und auf keinen Fall die Nase zur Tür rauszustrecken. Wir wussten nur zu gut dass wir den nächsten Tag auch wieder im Regen verbringen werden und somit haben wir den Abend ganz entspannt und gemütlich verbracht, wie es sich für einen Regentag auch gehört. 

Unseren letzten Tag haben wir dann damit begonnen die berühmte Lengfeipagode zu besuchen. Laut einer Legende hat sich eine Schlangengöttin aus einer Laune heraus in eine Frau verwandelt und in einen Mann verliebt, wurde allerdings von einem Priester verfolgt, denn dieser war der Meinung sie sei durch und durch böse (war sie natürlich nicht) und am Ende wurde sie unter ebendieser Pagode begraben, allerdings ist sie irgendwann eingestürzt und sie konnte mit ihrem Liebhaber wieder vereint werden (der war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon in hohem Alter), beide wurden als sie tot waren zu Göttern und ihr Sohn wurde berühmt indem er die Beamtenprüfung ablegte. Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, dann schaut am besten selber nach der „Legende der weißen Schlange“, es gibt unzählige Versionen davon in Schrift und Filmformat. In Wirklichkeit wurde die Pagode im 10.Jh. zur Geburt eines Königssohnes gebaut  und später von japanischen Invasoren verbrannt, sodass nur noch die Grundmauern übrig blieben. Über diesen Überresten wurde 2002 eine neue Pagode gebaut, welche allerdings eine große Enttäuschung für uns war, denn sie bestand aus Metall und nicht aus Holz, hatte einen Fahrstuhl zu den verschiedenen Ebenen und hatte außer einigen Bilder nichts mit einer traditionellen Pagode gemein.
Glücklicherweise war die Aussicht von den oberen Etagen sehr schön, denn man konnte (mal wieder trotz Regen) über einen Großteils des Sees schauen und das war doch recht hübsch. Auf unserem Rückweg nach unten haben wir dann auch noch eine bildliche Version der Legende der weißen Schlange gefunden, welche wirklich beeindruckend war. Genauer genommen waren es keine Bilder sondern riesige Holzschnitzereien, welche teilweise in 3D und sehr detailliert waren. Vielleicht habt ihr schon einmal Elfenbeinschnitzerein gesehen, stellt euch genau so etwas vor, nur auf einer Größe von ca. 2x5m und das acht Mal. Wer auch immer dieses Meisterwerk konstruiert hat, verdient all meinen Respekt. Diese Schnitzereien haben den viel zu teuren Eintrittspreis dann auch gerechtfertigt.

Ein kleiner Abzweiger des Westsees, trotz Regen schön.
Blick über den Westsee
Nachdem wir dann aber genug von Schlangen und Pagoden hatten, sind wir noch eine ganze Weile länger am See entlang gelaufen, haben den Regen genossen, denn der vertreibt auch Touristen und haben uns irgendwann in eine Art Gartenrestaurant gesetzt, wo man inmitten von grünem Gras, schönen Büschen und unter einem Dach im Trockenen aber immer noch im Freien saß. Dort haben wir dann eine leckere Kleinigkeit gegessen und die letzten Reste Hangzhous genossen, bevor es dann für uns auch schon wieder daran ging zurück nach Nanjing zu fahren. 

Die ganze Rasselbande

Wie immer allerliebste Grüße von eurer Jana!

Mittwoch, 3. Juni 2015

Merkwürdigkeiten China Teil 10 oder auch das chinesische Organisationstalent



Hallihallo,

ich glaube vor einiger Zeit habe ich das chinesische Organisationstalent der Chinesen sehr lobend erwähnt, da sie wirklich gut in der Lage sind große Massen schnell und effektiv durch das öffentliche Verkehrswesen zu führen. Dieses Talent scheint sich allerdings nicht auf den privaten Sektor auszubreiten. Warum genau dieses Fehlen an Fähigkeit einige Tage für mich und einige andere Freunde durchaus weniger angenehm gemacht hat, erfahrt ihr jetzt:

Vor zwei Wochen hat meine Kalligrafielehrerin mich gefragt ob ich denn nicht Lust hätte an einer Reise nach Guizhou 贵州 (eine Provinz im Süden von China) teilzunehmen, ein Reiseunternehmen möchte diese Gegend unter den europäische Touristen mehr verbreiten und bezahlt uns deswegen Flug, Hotel und Essen. Klingt doch gar nicht so schlecht und deswegen hab ich auch gleich mal zugesagt. 

Am Mittwoch ging es dann zusammen mit Jose, Peio (der auch aus Spanien kommt), Lea, Alicia (Russland) und Vilena (Weißrussland) los. Wir hatten uns den Tag vorher mit der Lehrerin die uns begleiten soll und den drei Organisatoren aus Guizhou getroffen und ein wenig unterhalten, dabei haben sie uns gefragt was wir denn so für Hobbies haben und wie unser Chinesischniveau ist. Da die gesamte Konversation auf Chinesisch geführt wurde, hatten sie auch gleich einen Einblick wie gut wir sie verstehen und selber sprechen können. Wir waren ein wenig skeptisch, als unsere Lehrerin sie fragte was wir denn alles machen und als Antwort immer nur zu hören bekam: das steht noch nicht fest und dieses und jenes machen wir nicht unbedingt. Na großartig, also alles ganz spontan, warum auch nicht? 
Was man nicht alles macht um die Langeweile zu vertreiben
Unglücklicherweise hatte dann unser Flugzeug nach Guiyang 贵阳 (der Hauptstadt von Guizhou) erst einmal schöne sechs Stunden Verspätung. Ist zwar nicht schön, aber wenigstens hat die Airline Essen verteilt und mit ein paar Spielkarten lässt sich das schon aushalten. Weniger schön war die Tatsache, dass wir von Guizhou aus noch vier Stunden mit dem Bus nach Libo 荔波 fahren mussten, wo wir dann Nachts um eins angekommen sind. Schnell ins Hotel eingecheckt (uns wurden fünf Sterne versprochen, doch leider war das nur der Name des Hotels, wenn es drei Sterne hatte, dann ist das wahrscheinlich schon sehr übertrieben) und dann noch etwas zum Abendbrot gegessen. Hier hat sich dann auf einmal eine Chinesin zu uns gesellt und gleich mal gefragt wie denn unser Englisch so sei und ob wir denn von Chinesisch zu Englisch übersetzten können. Wir daraufhin: englisch ist kein Problem, chinesisch allerdings schon. Sie meinte dann nur, naja ihr schafft das schon, ihr müsst nur die Schlüsselwörter der Touriguides übersetzten. Also ich weiß ja nicht wie es euch gehen würde, aber wenn mir jemand nachts um zwei erklärt ich muss am nächsten Tag Übersetzungen für Touristen von einem Touriguide für eine Gegend machen, die ich überhaupt nicht kenne, dann bin ich da nicht so glücklich drüber. Ging den Anderen zum Glück auch nicht anders, war ihr aber leider völlig egal. Sie hat uns dann einfach eingeteilt und einen neun Seiten langen Text gegeben und gesagt, dass ist was die Guides morgen erzählen, viel Spaß und seid pünktlich.
An diesem Punkt kamen wir uns schon ein wenig verarscht vor, denn niemand hat uns gesagt dass wir Übersetzungen machen müssen. Eine der Begleiterinnen hat während des Fluges erwähnt, dass wir den Gästen helfen sollen, wenn diese das Klo suchen oder etwas kaufen möchten, da keiner von denen Chinesisch spricht. Das wäre für uns kein Problem gewesen, denn simple Alltagskonversationen machen wir ja hier jeden Tag, aber professionelle Übersetzungen übersteigen leider unser Niveau um Einiges.
Libo, der Wohlstand lässt noch auf sich warten

Am nächsten Morgen jedenfalls wurde Lea schon früh um sieben aus dem Bett gejagt und allein mit der netten Dame die uns die frohe Botschaft während der Nacht verkündet hat losgeschickt. Wie sich herausstellte kann diese Frau ziemlich gut Englisch sprechen, jedenfalls viel besser als Lea Chinesisch und zusammen sind sie vier Stunden zurück nach Guiyang gefahren, haben einige Gäste eingesackt und sind wieder zurück nach Libo gefahren. 

Jose hatte das Glück in irgendeinem Büro Teile des Textes übersetzten zu dürfen und hat den Nachmittag im Hotel verbracht. Wir anderen vier haben in wilder Panik am Vormittag die ersten fünf Seiten des Textes übersetzt und festgestellt, dass es doch schon ganz schön schwer ist, selbst für Vilena, deren Chinesisch mit Abstand am besten ist. Als wir gerade anfangen wollten unser Mittagessen in uns zu stopfen, wurden Peio und ich dann auch von einer Chinesin weggezerrt, mit der Erklärung wir können jetzt nicht warten bis ihr aufgegessen habt (wir hatten wirklich gerade einmal zwei Bissen gegessen) und auch nicht darauf dass ihr eure Sachen, die ihr braucht, aus dem Hotel holt. Wunderbar! Anschließend haben wir dann aber trotzdem noch eine Viertelstunde im Bus gewartet, bis doch jemand unser Zeug geholt hatte (da hätten wir auch ruhig noch etwas essen können). Danach sind wir losgefahren, durch eine wirklich bezaubern schöne Landschaft: grüne Berge, Reisfelder die gerade von den Bauern mit Kühen und größtenteils per Hand für den Reisanbau vorbereitet wurden und fast ein wenig blauer Himmel (in Nanjing wurde uns klare Luft und blauer Himmel versprochen). Im Bus saßen einige Chinesen, welche von einer der vielen Minderheiten der Gegend stammen und die traditionelle Kleidung dieser Stämme trugen. Es war nur ein wenig demotivieren, denn die eine Hälfte dieser Leute hat uns nicht einmal gegrüßt, geschweige denn mit uns geredet und die Hauptverantwortliche, hat uns nur noch mehr Mut gemacht, als die uns erklärte, dass die Seiten welche wir übersetzt hatten nicht brauchen, da keine Zeit ist um diese Orte zu besuchen.  Und sie war auch ganz überrascht, dass wir nicht besser vorbereitet sind. Netterweise wurde allen Leuten in Libo erklärt, dass wir Freiwillige sind und deswegen haben alle erwartet, dass wir genau wissen warum wir hier  sind, dass wir alle super Chinesisch sprechen und die Texte schon übersetzt haben. Na, Prost Mahlzeit! Wir haben dann jedenfalls eine Horde Touristen von einem Bahnhof irgendwo im Nirgendwo abgeholt und sind wieder zurück nach Libo gefahren. Da Peios Chinesisch umso einiges besser ist als meins, hat er das Übersetzen übernommen. Eigentlich sollten es nur ganz einfache Dinge zur Begrüßung sein, allerdings hat unsere freundliche Tourguidin spontan improvisiert und dann angefangen über die Lage der Region, die Minderheiten etc. zu reden. Leider hat sich ein Großteil der von ihr verwendeten Vokabeln weder in Peios, noch in meinem Wortschatz befunden und so war die Übersetzung eine Katastrophe. Glücklicherweise hat sich eine Taiwanesin an Bord befunden, welche in den Staaten wohnt und sowohl Chinesisch als auch Englisch perfekt spricht. Später hat sie uns erklärt, dass sie schon öfters solche Übersetzungsjobs gemacht hat. Na toll, warum sind wir dann eigentlich hier? Sie war auch nicht die einzige deren Chinesischkenntnisse umso einiges besser waren als unsere und somit haben wir uns extrem nutzlos gefühlt. 

Zurück in Libo gab es dann ein fixes Abendbrot und dann ging es zu einer Wassershow, bei der die verschiedenen örtlichen Minderheiten gesungen und getanzt haben. An und für sich recht hübsche Sache, allerdings hat man durchaus gesehen dass die Tänze zum Großteil sehr modern waren und somit mal wieder nur die Touristen bedient werden, aber leider weniger die Tatsachen. 

Am nächsten Morgen ging es dann auch ohne Umschweife weiter mit der Arbeit. Der eigentliche Anlass warum all die Gäste nach Libo gekommen sind, war eine Konferenz zur touristischen Entwicklung der Region. Diese Konferenz fand dann auch am Freitag statt und zwar in einem kleinen Dorf in den Bergen in der Nähe von Libo. Ursprünglich war dieses Dorf nur von einer der Minderheiten bewohnt und sehr klein, vielleicht einer handvoll von Familie. Doch wie es der Tourismus nun einmal so will, hatte jemand die grandiose Idee die traditionellen Häuser nachzubauen und Museen hinein zusetzten, damit man sehen kann wie die Menschen hier leben. So ganz authentisch ist das allerdings nicht, denn die Häuser sehen alle sehr neu aus (was sie ja auch sind), besonders da sie direkt neben den Originalgebäuden stehen, aber einige geübte Augen haben dann auch festgestellt, dass auch die Bauweise nicht so ganz original ist. Besonders authentisch war vor allem das Hotel, denn mit Klimaanlage, Flatscreen und allem was man sich so von einem Hotel wünscht, kann man nicht wirklich vom Leben wie die Minderheiten die Rede sein. Die Konferenz an und für sich war für uns auch recht langweilig, denn bei 30°C und drückender Schwüle macht es weniger Spaß zwanzig Leuten beim Redenhalten zu zuhören. Wir sind dafür ein wenig durch das Dorf gestromert. Hier einige Impressionen:
Das örtliche Reiseweinbrennereimuseum
Ahnenverehrung (aus unerfindlichen Gründen sind die Stühle überall in der Region von der Größe eines Kleinkindstuhls)



Sieht das für euch wie ein traditionelles Dorf aus?

Nachdem auch das erledigt war, wurden wir schon wieder zum Bus zurück gejagt, denn der nächste Programmpunkt stand auf dem Programm: eine weitere Aufführung. Auch diesmal ging es um die Minderheiten, genauer gesagt wurde uns eine Legende vorgetanzt und –gesungen. Zwar schienen die Lieder wieder original, allerdings war der Tanz und auch die Musik von der modernen Gattung, alles zusammen wieder recht hübsch anzuschauen, allerdings wie immer mit zu viel Drama verbunden und nicht ganz original.
Da wir schon ein wenig geschafft waren von der Hitze und unsere begleitende Lehrerin auch recht sauer war auf die Organisatoren, mussten wir am Nachmittag nicht mehr übersetzten und durften trotzdem auf einen Ausflug mitgehen (das hat anscheinend einige Überredungskunst von Seitens unserer Lehrerin gekostet). Für uns ging es dann mit den anderen Gästen zusammen zum 小七孔 (xiaoqikong).
Dies ist eine süße kleine Brücke mit sieben Bögen, welche schon seit sehr langer Zeit an dieser Stelle steht und früher eine sehr wichtige Verbindung über den Fluss darstellte, heute allerdings nur noch für den Tourismus wichtig ist. Glücklicherweise kann man von diesem Punkt aus ziemlich lang am Fluss entlang laufen und findet immer wieder Wasserkaskaden und recht stattliche Wasserfälle. An einigen Stellen konnte man sogar seine Füßchen ins klare Wasser halten und sich ein wenig abkühlen lassen. Da wir jedoch eine Gruppe von bestimmt hundert Leuten waren und alle Schäfchen mehr oder weniger beisammen gehalten werden mussten, haben wir den zweiten Teil des Ausflugs immer einen Bus von einem Wasserfall zum nächsten schönen Flussabschnitt genommen.Ganz der chinesische Tourist halt!
Das hat auch soweit ganz gut funktioniert und somit haben wir wahrscheinlich mal wieder mehr Zeit darauf verwendet auf den Bus zu warten als eigentlich etwas von der Landschaft zu sehen. Aber immerhin besser als gar nichts zu sehen und genossen haben wir den Ausflug auf jeden Fall trotzdem sehr, denn er sollte das einzige bisschen Freiheit sein, was wir bei dem ganzen Guizhouabenteur erhalten sollten. Denn als wir zurück in Libo waren, waren wir so erschöpft, dass wir sofort nach dem Abendbrot ins Bett gefallen sind, nur um am nächsten morgen früh aufzustehen und beim Frühstück die frohe Botschaft verkündet bekommen haben, dass unser Flug von Libo nach Guiyang (250km!) gekänzelt wurde. Zum Glück, denn wir haben ein wenig über das Flugzeug gelesen und das war keineswegs beruhigend, hier nur so viel: in der EU und den USA hat es keine Fluggenehmigung. Allerdings wurde dann doch noch fix ein Transporter besorgt der uns zu unserem eigentlichen Flugzeug in Guiyang brachte und schon waren wir wieder zurück in Nanjing.


Mächtig gewaltig!


Die Touristen vom Dienst

Eine unserer "Chefs" in traditioneller Kleidung


Kurt findest auch ganz toll hier!
Im Großen und Ganzen war es zwar kein sonderlich angenehmer Ausflug für uns, denn die Organisation des für uns wichtigen Teils war leider nicht vorhanden, aber wenn es darum geht jemanden zu beeindrucken, dann scheut der Chinese keine Kosten oder Mühen.

Soweit erst einmal zu den neusten Merkwürdigkeiten und meinem Abenteuer in Guizhou. Und obwohl sich das Semester und somit auch mein Chinaaufenthalt leider viel zu schnell dem Ende nähert, wird das gewiss nicht das Letzte sein was ihr von mir hier hört!

Allerliebste Grüße wie immer von eurer Jana