Hallo ihr Lieben,
nun habe ich euch endlich mal ein
bisschen was aus anderen Gegenden in China (außer Nanjing) zu erzählen, denn
netterweise wurden einige andere Studenten und ich von unserem Stipendium
eingeladen nach Suzhou und Wuxi zu reisen. Und wer sagt schon zu einer
kostenlosen Reise nein (es scheint Leute zu geben die dem wiederstehen können,
aber ich gehöre da auf keinen Fall mit dazu).
Besonders verlockend daran war die
Tatsache, dass wir entschuldig nicht zum Unterricht erschienen sind, denn
unsere Reise umfasste netterweise Donnerstag und Freitag. Gleich
Donnerstagmorgen ging es los mit dem Bus nach Suzhou. Diese Stadt liegt auf ca.
2/3 der Strecke nach Shanghai und wird wegen der unzähligen kleinen und großen
Flüsse und Kanäle auch das Venedig des Ostens genannt. Hier leben in etwa 6 Mio.
Menschen dauerhaft und noch einmal so viele Wanderarbeiter. Die Zahl der
Einwohner steigt aber stetig an, denn Suzhou wird als Arbeitsstätte immer
beliebter.
Nur die Chinaflagge lässt erkennen wo man sich wirklich befindet |
Zuerst ging es für uns an die Suzhou
Universität, dort haben wir uns einen Vortrag über die Geschichte der Stadt
angehört (oder es zumindest versucht, denn natürlich war der Vortrag auf
Chinesisch). Danach ging es in die Cafeteria zum Mittagessen. Warum sich alle
Welt immer über die deutsche Mensa beschwert ist und bleibt mir ein Rätsel,
denn das Essen dort hat nicht wirklich gut geschmeckt und dabei wurde mir
erklärt, dass es in der Mensa für internationale Studenten an unserer Uni noch
schlimmer ist. Aber wir haben es überlebt und sind danach mit
Konfuziusstipendiaten der Uni ein wenig über den Campus spaziert und haben
ordnungsgemäß für Fotos bereit gestanden. Lustiger weise hatte man dort ein
wenig das Gefühl sich in Amerika zu befinden, denn die Gebäude sahen genauso
aus, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt.
Als auch das erledigt war
gingen wir zum nächsten Programmpunkt über: Sight-Seeing. Suzhou ist nicht nur
für seine vielen Flüsse bekannt sondern auch für seine überaus schönen
Gärten. So befinden sich zwei der vier
schönsten Gärten in Suzhou und einer davon, der Lingering Garden 留园(liuyuan), wurde von uns im Sturm erobert. Dieser
gehört auch wie die anderen Klassischen Gärten Suzhous zu den UNESCO
Weltkulturerben und wurde im 16 Jh. Angelegt. Zwar ist er nicht so groß wie manch
anderer Garten, so ist er doch trotzdem sehr schön anzuschauen. Leider kenne
ich mich mit der chinesischen Gartenkunde nicht sehr gut aus, um euch jetzt das
Besondere an genau diesem Garten zu beschreiben, deswegen lasse ich einfach mal
ein paar Bilder für sich sprechen.
Ein chinesischer Spielplatz |
Kurz darauf ging es dann auch schon wieder weiter zur nächsten
Attraktion, dem Kloster des kalten Berges 寒山寺 (hanshanshi). An und für sich ist der Tempel
nichts Besonderes oder zumindest nicht wichtiger als andere Tempel. Aber weil
da mal vor langer, langer Zeit (irgendwann im 8. Jh.) irgendein komischer Kauz
(Zhang Ji 张继 um genau zu sein) den Tempel in einem sage und schreibe
2 Verse langen Gedicht erwähnt hat, ist genau dieser Tempel heute berühmt. Jetzt
soll doch bitte noch einmal jemand sagen, dass die Chinesen nicht zumindest ein
kleines bisschen verrückt sind! Nun will ich euch das Gedicht und Bilder des
Klosters aber nicht vorenthalten. (Die Übersetzung von dem Gedicht ist übrigens
nur eine Variante von vielen, aber mir gefällt sie.)
夜泊枫桥
月落乌啼霜满天,江枫渔火对愁眠。
姑苏城外寒山寺,夜半钟声到客船。
姑苏城外寒山寺,夜半钟声到客船。
Eine Nacht vertäut bei der Ahorn-Brücke
Der Mond geht unter, eine Krähe krächzt durch den Frost
Im Schatten der Ahornbäume befällt mich traurige Müdigkeit
Und ich höre, vom Kloster des Kalten Bergs hinter Suzhou,
Wie für mich im Boot läutet die Mitternachtsglocke.
Im Schatten der Ahornbäume befällt mich traurige Müdigkeit
Und ich höre, vom Kloster des Kalten Bergs hinter Suzhou,
Wie für mich im Boot läutet die Mitternachtsglocke.
Als auch das geschafft war und wir alle schon ganz hungrig waren,
ging es dann zum Glück zum Abendessen. Und wie könnte es auch anders sein, wenn
man von Chinesen eingeladen wird, gab es ein schickes und unglaublich leckeres
Viele-Gänge-Menü. Ich bin wie immer sehr froh über meine Wahl in diese Region
Chinas gezogen zu sein, denn meistens sind die Gerichte relativ süß und nicht (viel
zu) scharf, wie in so vielen anderen Regionen, auch die gehäufte Anzahl an
Zwiebeln fand ich super. Und zum Glück haben wir alle von den Knoblauchgarnelen
gegessen, denn sonst wäre die Zeit im Bus für Einige weniger lustig geworden.
Viel mehr ist dann an diesem Abend auch nicht mehr passiert, ich bin mit
einigen anderen noch ein wenig durch die Straßen geschlendert, leider waren das
nur Einkaufsstraßen. Und dann sind wir in das unglaublich flauschige und
kuschelig-weiche Hotelbett gefallen, nachdem man eine Dusche mit warmem Wasser
genießen konnte ohne sich um den Wasserverbrauch zu sorgen.
Nach einem westlich-chinesischem Frühstück und Tränen in den
Augen, weil wir dieser wunderbaren Welt des Hotels wieder verlassen mussten,
ging es dann aber trotzdem weiter nach Wuxi. Das liegt in Richtung Nanjing etwa
eine halbe Stunde von Suzhou entfernt, hat inklusive Wanderarbeiter etwa 6 Mio.
Einwohner und sieht insgesamt leer aus. Also naja … leer im Vergleich zu
Nanjing und Suzhou, also vielleicht so voll wie eine europäische Großstadt.
Auch hier erwartete uns ein Vortrag zur Geschichte der Stadt und überraschender
Weise hab ich bis auf kleine Details alles verstanden. Juhuu! Der Referent ist
Lehrer für Chinesisch als Fremdsprache und wusste somit wie er mit uns zu reden
hat, was ich zur Abwechslung mal sehr angenehm fand. (Es bin nämlich nicht ich
die kein Chinesisch kann, sondern alle anderen die nicht mit Ausländern umgehen
können. Nein, kleiner Scherz!)
Nach dem Mittagessen ging es dann zum Taihu 太湖, was Nichts anderes bedeutet als riesiger See.
Muss ich noch irgendwas dazu sagen? Eigentlich nicht, aber
ich bin ja gar nicht so. Mit ca. 2200km² ist er der drittgrößte Frischwassersee
Chinas. An einer Stelle hatte man das Gefühl sich am Meer zu befinden, denn ein
Ufer auf der anderen Seite war nicht in Sicht. Hier haben wir uns auf die
Schildkrötenkopf-Halbinsel konzentriert. Den Namen verdankt die Insel einem
natürlichen Steingebilde, was angebliche wie der Kopf einer Schildkröte
aussehen soll. Selber gesehen habe ich den allerdings nicht. Aber nichts
destotrotz konnten wir alle bei wunderschönem Herbstwetter die größtenteils
natürliche Landschaft der Insel mit seinen bunten Bäumen genießen. Da wir viel
zu viel Zeit darauf verwendet haben die Natur zu genießen und Bilder zu
schießen, ist unsere Kahnfahrt leider ausgefallen und uns stand nun nur noch die Busfahrt zurück nach Nanjing
bevor.
endlich Herbst |
In diesen zwei Tagen haben wir zwar
alle fast kein Chinesisch gesprochen, dafür aber umso mehr über die örtliche
Kultur gelernt und sind der Sinisierung einen großen Schritt näher gekommen,
denn eine Reise von Chinesen organisiert und begleitet kann natürlich nur eines
bedeuten. Alles ist auf die Minute genau und so knapp wie möglich durch
geplant. Da heißt es dann halt auch immer: So hier habt ihr jetzt eine Stunde
Zeit euch umzuschauen, folgt am besten dem gelben Fähnchen und zum Schluss
natürlich noch ein Gruppenfoto und dann geht’s weiter. Meistens dauert dann die
Fahrt zum nächsten Ziel ungefähr genauso lang wie man Zeit hat sich dort
umzuschauen. Mich erinnert das sehr an die Unmengen an Asiaten die in
europäischen Städten ausgekippt werden und nach dem gleichen Prozedere auf
Sight-Seeing-Tour sind. Diesmal war ich halt ein der Teil der ausgekippten.
Bis zum nächsten Mal und allerliebste Grüße von eurer Jana
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