von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Sonntag, 14. September 2014

Nanjing Tag und Nacht

Hallo ihr Lieben,

meine zweite Woche in China/Nanjing ist nun auch vorbei und ich muss sagen bisher gefällt es mir doch sehr gut hier. An Essen und Verkehr hab ich mich ganz schnell gewöhnt und man könnte fast sagen, dass ich mich hier gut eingelebt habe und mich vielleicht schon ein wenig wie eine Einheimische verhalte. Nicht nur finde ich mich im öffentlichen Nahverkehr halbwegs zurecht (zugegebener Maßen, benutze ich meistens dieselben Linien, aber ich finde es trotzdem erwähnenswert), auch auf der Straße habe ich nicht mehr das Gefühl das mich jedes Auto, Moped oder Fahrrad umfahren möchte (das find ich wirklich erwähnenswert!). Das Chaos, welches einen hier auf den Straßen erwartet ist nämlich gar nicht so chaotisch wie es vielleicht im ersten Moment erscheinen mag. Man muss nur zwei Regeln beachten: 1.Schau den Fahrer nie direkt ins Gesicht, da sie dich sonst erst recht umfahren und nicht um dich rumkurven und 2. verhalte dich wie alle anderen Verkehrsteilnehmer, heißt du stellst dich mit allen anderen schon halb auf die Straße wenn die Ampeluhr ihre 90Sekunden bis zum nächsten grün runterzählt, du auf dem Mittelstreifen stehend ein Taxi heran rufst und die Straße am besten immer dann überquerst, wenn die Chance überfahren zu werden am größten ist. Das bringt mich auch gleich zur nächsten Kuriosität: Bäume die an den ungünstigsten Stellen stehen. In der Mitte einer Treppe oder wie hier im Bild zu sehen ist, auf dem Parkplatz. Aber wahrscheinlich stört es eh niemanden, da sich keiner an die Parkplatzbegrenzungen hält.

Auch im Wohnheim hat man es sich nun soweit es geht gemütlich gemacht auch wenn man damit leben muss, dass das Wasser auf einmal nicht mehr läuft und man komplett eingeseift unter der Dusche steht. Aber halb so schlimm, dann genießt man halt die schöne Aussicht und schwups ist das Wasser (nachdem die Dusche sehr merkwürdige Geräusche von sich gegeben hat) auch schon wieder da. Auch dauert es ewig bis die Toilette alles geschluckt hat, liegt aber eher daran dass man hier kein Klopapier ins Klo wirft, sondern in einen extra Mülleimer (aus geruchlichen Gründen weigern meine Mitbewohnerin und ich uns allerdings das zu tun). Auf jedem öffentlichen Klo ist das jedoch Gang und Gäbe, aber da hat man ja auch nur ein Loch im Boden. 

Da das Wetter am Freitag sehr zu wünschen lies und sich sämtliche Straßen in Wasserfälle und Bäche, nein, Flüsse verwandelt hatten (Pützenspringen geht da super!) sind sämtliche geplanten Aktivitäten, im wahrsten Sinne des Wortes, ins Wasser gefallen. Dafür hatten wir uns entschieden etwas mehr in die typische Küche Nanjings einzusteigen. Diesmal waren wir auch keine riesen Gruppe, sodass sich die Tischsuche von dieser Seite aus als leichter zu lösen erwies. Als wir jedoch vor dem Restaurant ankamen standen und saßen schon jede Menge Chinesen davor und warteten darauf einen Platz zu bekommen und wir dachten schon, dass wir hier auch noch weitere zwei Stunden mit knurrendem Magen warten dürfen, aber zum Glück haben wir ja den Ausländerbonus. Ich hatte euch im letzten Beitrag schon meine Ansicht zu diesem Thema erklärt und die hat sich bisher auch mit Hunger nicht geändert. Freunde von mir haben das als "positiven Rassismus" bezeichnet, ich bin mir nicht sicher ob das die beste Art und Weise ist es zu benennen, aber eine bessere fällt mir leider auch nicht ein. Ich bin allerdings offen für Vorschläge! Jedenfalls bekamen wir sofort einen Tisch zugewiesen und machten es uns auf kleinen Hockern, so gut es eben ging, gemütlich. Das Restaurant bestand aus einem riesigen Raum in dem überall kleinere und größere Tische verteilt waren, von der Decke hingen leuchtende Papierlampions und am Rand konnte man den Köchen bei der Arbeit zuschauen. Essen schmeckt ja immer besser, wenn man anderen beim Arbeiten zuschauen kann und so war es natürlich keine Überraschung dass es uns ganz vorzüglich gemundet hat. Einige der Spezialitäten die wir uns zu Gute getan haben, waren 饺子 (jiaozi) das sind im Prinzip Maultaschen gefüllt mit den leckersten Sachen, auch hatten wir Klebreis der wirklich unglaublich klebrig und dazu noch leicht süß war, Lotuswurzeln gefüllt mit irgendetwas undefinierbarem und kalte Ente. Da wir mal wieder im, wir haben es ganz liebevoll so getauft, Familienstil gegessen haben, konnte jeder mit seinen Essstäbchen direkt zugreifen und von allem einmal (oder auch mehrmals) probieren und am Ende waren auch alle satt (zumindest bis auf unseren Mexikaner, aber der hat immer Hunger). Da der Abend noch jung war beschlossen wir noch auf EIN Bier ins Ellens zu gehen. Naja, aus einem Bier sind dann irgendwie ganz schnell viel mehr geworden, der recht schmale Gang in der Bar zu einer Tanzfläche und der recht junge Abend zu einem sehr frühen Morgen. Jedoch haben wir uns besser geschlagen als die Chinesen, denn aus unerfindlichen Gründen haben die ihren Alkoholkonsum überhaupt nicht unter Kontrolle. Das sieht dann so aus dass entweder jede Menge Chinesinnen in der Bar auf den Bänken liegen und schlafen, was doof ist weil es nur begrenzt Platz gibt, oder der Gang auf die Toiletten ziemlich ekelige Ausmaße annimmt, was aus offensichtlichen Gründen alles andere als lecker ist, besonders wenn man sieht was diejenige zum Abendbrot gegessen hat. Aber hier kommt dann auch niemand und macht das sauber oder befördert besagt Damen aus dem Club, nein, es bleibt den Herren (die meistens auch schon stark alkoholisiert sind) überlassen sich ums sie zu kümmern.  Dass das Ganze natürlich nicht so super funktioniert kann man sich denken. 

Nachdem wir es nun vollständig zurück ins Wohnheim geschafft haben und mal wieder nur mit Minimalschlaf aufgestanden sind, ging es ab zum Frühstück. Ja, ich habe es tatsächlich mal zu einem ordentlichen Frühstück geschafft und obwohl es schon fast mittags war, war es doch sehr merkwürdig eine Nudel-Rindfleisch-Suppe in sich reinzuschlürfen. Dazu gab es noch leckere Jaozi und man war bereit ein wenig zu lernen, bevor der Kreis sich schloss und man auch schon wieder zum Abendbrot gestiefelt ist, Ellens, Tanzen, Minimalschlaf und aufstehen. Zum Sonntag zeitig aufstehen wiederspricht meiner Natur ja noch mehr als es das schon an anderen Tagen tut, aber irgendwie hab ich es doch geschafft und ich hatte sogar noch genug Zeit fix zum Baozimann zu flitzen und mir und meinen Mitstreitern Baozi als Wegzehrung zu besorgen.
soweit hoch müssen wir noch
Denn unser Ziel war das Sun-Yatsen-Mausoleum
中山陵(zhongshanling) im Osten von Nanjing. Dabei handelt es sich um das Grabmal des Mannes der die Republik in China einführte und damit das über 2000Jahre bestehende Kaiserreich beendete, auch war er der erste provisorische Präsident der Republik Chinas und Gründer der Kuomingtan (Nationale Volkspartei Chinas), welche den Sturz des chinesichen Kaiserreiches mitverursacht haben. Im Gegensatz zu den meisten (chinesischen) Touristen sind wir den ganzen Weg gelaufen, dabei ging es zu Beginn gemütlich bergauf durch einen grünen Wald, was doch mal eine nette Abwechslung fürs Auge (und wahrscheinlich auch die Lunge) war. Als wir an dem Punkt angelangten wo auch der lauffaulste Tourist aus dem Bus geworfen wurde, wurde es dann ein wenig belebter und auf einmal standen wir vor einem riesigen Tor und dahinter Treppen ohne Ende. Laut Wikipedia sind es genau 392 Stufen, nachgezählt haben wir sie nicht, aber gefühlt waren es bestimmt noch einmal so viele. Durch die sehr warme und schwüle Luft klebten uns dann auch ganz schnell die Klamotten am Leib und man fragte sich zum bestimmt tausendsten Mal warum man überhaupt noch duschen geht, man ist ja eh gleich wieder nass. Aber wir haben es geschafft und am Ende war es gar nicht so schlimm, wie es von unten den Anschein hatte.
und oben sind wir
Auch wurden wir mit einer wunderbaren Aussicht belohnt, denn man konnte über einen Großteil der Anlage um den Purpurberg und Teile von Nanjing schauen. Der Purpurberg heißt so weil die Wolken manchmal purpurn aussehen (wahrscheinlich wegen dem Smog) und ist mit ca. 450m die höchste Erhebung in Nanjing und Umgebung. Das Mausoleum war ansonsten weniger spannend, aber sehr lustig zu beobachten waren die Leute die uns beobachtet haben. Weiße Touristen sind doch immer noch eher eine Rarität. Nachdem wir dann noch einige Zeit durch den Wald gelaufen sind und uns die Füße dann doch recht wehtaten, sind wir wieder zurück gefahren und sind alle halbtot ins Bett gefallen. Man ist halt doch nichts mehr gewöhnt. Ich habe mir deswegen auch vorgenommen öfters mal nicht den Fahrstuhl in den achten Stock zu nehmen, sondern zu laufen. Mal sehen wie lang ich das durchhalte.


Irgendwie hab ich mich dann doch nochmal aufraffen können und hab mit Flavia (einer Schweizerin) die wohl beste Nudelsuppe bisher gegessen. Die haben wir in einem sehr kleinen, sehr einfachen (es ist schon fast Frevel es so zu nennen) Restaurant in einer kleinen Straße gefunden. Würde man sowas in Europa sehen, würde man schon um die Straße einen riesen Bogen machen, aber hier sind das meistens die besten Orte um etwas zu essen, denn das Essen ist sehr gut, billig und die Besitzer sind immer für einen Schwatz zu haben. 

Gut gesättigt werde ich nun ins Bett gehen und dann morgen in eine neue Woche mit hoffentlich weiteren spannenden Erlebnissen starten.

Ich wünsche euch allen noch einen schönen Restsonntag!

Liebe Grüße von eurer Jana

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen