von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Donnerstag, 4. September 2014

Zurück in der Zeit



Hallo ihr Lieben,

entschuldigt, dass ich euch erst jetzt wieder schreibe, aber das mit dem Internet im Wohnheim ist so eine Sache für sich. Wie ihr jedoch sehen könnt, habe ich auch diese Hürde gemeistert. Allerdings sind jetzt schon mehrere Tage ins Land gegangen und deswegen wird das ein etwas längerer Bericht. Ich hoffe ihr lasst euch davon nicht abschrecken!


Mein Zimmer vorher
Am Dienstag nun war der Tag der Wahrheit. Wie schlecht wird das Studentenwohnheim sein? Ich hatte nun schon einen kleinen Blick auf die Lobby des Hotels erhaschen können und hab mir schon ein wenig Sorgen gemacht, dass ich am Ende ein Jahr lang in einem Etepetetezimmer wohnen müsste. Doch auf die Chinesen ist Verlass, denn schon als ich den Fahrstuhl verlies musste ich mir darüber keine Sorgen mehr machen. Ich stellte mir eher die Frage ob hier überhaupt jemand lebt. Kurz zur Erklärung: die Lobby sieht sehr schick aus, alles in rot und gold, wie sich das für ein chinesisches Hotel gehört. Mein Zimmer ist in der achten Etage, acht ist eine Glückszahl in China, deswegen war ich voller Hoffnung. Als ich jedoch aus dem Fahrstuhl stieg, war weit und breit kein flauschig-weicher roter Teppich mehr zu sehen, von einer netten Tapete und Bildern an den Wänden ganz zu schweigen. Mein Zimmer liegt ganz am Ende des Ganges wo die Farbe von den Wänden blättert. Ein kleiner Lichtblick traf mich als ich meine Mitbewohnerin traf, mit der ich mir jetzt die nächsten zehn Monate das Zimmer teilen werde. Marketa ist aus Tschechien und bisher sehr nett und umgänglich und freut sich dass sie an mir ihr Englisch üben kann (obwohl das meiner Meinung nach gar nicht so schlecht ist). So viel zur Mitbewohnerin. Das Zimmer ist eher, naja, nicht so nett. Wenn man es betritt schlägt einem erst mal ein fürchterlicher Gestank von Dreck, altem Holz und alten Socken ins Gesicht.
Mein Zimmer nachher
Auf eine Fläche von maximal 15m² wurden zwei Betten, zwei Minischreibtische inklusive Bücherregal, ein kleiner Nachttisch und ein größerer Nachttisch (der nicht nutzbar ist, weil dort ein funktionsuntüchtiger Fernseher drin steht), sowie ein Kleiderschrank der eine gesamte Wand einnimmt, gequetscht. Aber wenigstens haben wir unser eigenes Bad und müssen uns das nicht mit den anderen zwanzig Leuten, gemischten Geschlechts, teilen. Auch haben wir einen kleinen Flur, wo es ein Brett gibt, was bei den meisten als Küche fungiert.
Das Bad ist relativ groß und wir haben sogar warmes Wasser unter der Dusche, dafür aber fast keinen Wasserdruck (irgendeinen Haken gibt’s halt immer). Netterweise wurde mit keinem Wort erwähnt dass in dem Zimmer keine Bettdecke, Bettlaken etc. vorhanden sind. Deswegen musste ich mich erst noch auf die Jagd nach eben jenem machen, hatte dabei jedoch weniger Glück und hab die erste Nacht nur mit Kissen Bettlaken und einer Tagesdecke verbracht.
Aber zum Glück bin ich ja jung und flexibel und solche Kleinigkeiten machen mir überhaupt nichts aus :) Die fehlenden Sachen hab ich mir dann auch noch besorgen können, dazu kamen dann auch gleich noch eine große Chinakarte, um die nicht mehr ganz so weiße Wand zu überdecken, ein Wasserkocher, eine Tasse und eine Packung Tee und nachdem wir einmal Großputz gemacht haben, ist es jetzt sogar recht wohnlich. Ein weiterer Lichtblick, im wahrsten Sinne des Wortes, ist unsere Aussicht, denn da wir in der obersten Etage und auf einem kleinen Hügel wohnen, versperren uns keine anderen Häuser die wunderschöne Sicht auf Nanjing. Wenn man abends unter Dusche steht, kann man sich sogar störungsfrei die beleuchtete Stadt anschauen, was wirklich nicht jeder hat hier.



Der Blick auf Nanjing, wenn ich unter der Dusche stehe :)
Eine Sache die ich hier auf dem Campus feststellen durfte ist, dass von morgens um sieben bis abends um sieben jede Stunde Glocken bimmeln. Warum ist mir bisher noch ein Rätsel, doch ich werde versuchen dieses Mysterium zu erkunden und euch davon auf dem Laufenden halten. Diese Glocken bimmeln nämlich nicht einfach nur kurz, sondern zuerst gibt es immer eine bestimmte Melodie und dann sind je nach Stunde einzelne Glockenschläge zu hören. Theoretisch ganz praktisch, wenn man früh um sieben aufstehen muss, allerdings hab ich festgestellt, dass die sehr schnell zu überhören sind (vor allem wenn man noch wohlig im Bett liegt und schläft).

Ich hatte euch auch schon von der unendlichen Ruhe hier erzählt. Die hält glücklicherweise auch des Nachts an und so kann man hier sehr friedlich schlafen. Mit Ruhe meine ich jedoch nicht völlige Stille, sondern die Abwesenheit von Straßenlärm. Denn nachts kreischen nicht nur die Vögel, von denen ich euch schon erzählt habe, sondern auch die Grillen stimmen ihr Konzert an. Es würde mich tatsächlich nicht überraschen, wenn sich auf einmal kreischende Affen durch die Bäume schwingen würden. Denn man merkt schon sehr, dass wir uns hier am Rande der Tropen befinden. Wir haben wir hier auch weiterhin relativ schwüle 27°C, meistens ist es grau. Das wechselt sich immer mal ab mit Sonnenschein und Regen, ist aber gerade noch ertragbar. Eine Studentin, die hier schon ein paar Jahre studiert, meinte zu mir, dass es doch ganz schön kalt ist dieses Jahr. Ich kann nicht sagen, dass mich das stört um ehrlich zu sein :) Trauriger weise ist das jedoch immer noch das perfekte Wetter für Mücken, die fressen zum Glück nicht nur mich auf, sondern alle anderen Auslandsstudenten auch. Und so teilt man sich das Leid und einigt sich darauf, dass man lieber Mücken als Kakerlaken im Zimmer hat.

Um aber nicht nur auf dem Campus oder in irgendwelchen Läden zu versauern, bin ich Dienstagnachmittag noch mit meiner ukrainischen Freundin zum Konfuzius Tempel gefahren. Naja, zumindest wollten wir dorthin. Am Ende sind wir im Zhanyuan Garten gleich daneben gelandet. Zuerst gab es dort ein Museum zum Taipingaufstand. Leider haben mich dort meine Geschichtskenntnisse verlassen und die Tafeln waren auch weniger hilfreich. Dafür haben sich zwei Frauen, die offensichtlich normalerweise die Leute durch das Museum führen, angeboten uns etwas zu erklären, haben aber auf Grund von Verständigungsschwierigkeiten schon nach Kurzem damit aufgehört. Niedlich war es trotzdem wie sie uns versucht haben die Kleidung des Gelben Kaisers und seiner Siegel zu erklären.
Anschließend sind wir in die eigentlichen Gärten gelangt, welche auf alte chinesische Art und Weise angelegt sind. Also viele verwinkelte und verschlungene Wege, Bäume, Felsen, Mauern mit und ohne Fenster und einige Gebäude zwischendrin. Und obwohl es ununterbrochen geregnet hat, war es doch ein Ort der Ruhe und des Friedens, zumindest für das Auge, denn mitten im Stadtzentrum hört man halt doch immer noch etwas vom Straßenlärm. Als wir dann endlich doch wieder den Weg hinaus gefunden hatten, ging es noch essen und ein wenig in dem Gelände um den Konfuzius Tempel schlendern. Begleitet wurden wir dabei von jeder Menge Touristen, denn genau dieses wird von eben jenen am meisten besucht. Als wir den eigentlichen Tempel dann endlich gefunden hatten, war es jedoch schon so spät, dass wir beide müde und kaputt waren und beschlossen haben ein anderes Mal wieder zukommen.
Bei diesem kleinen Ausflug, konnte ich jedoch unter Beweis stellen, dass die Benutzung der Nanjinger Metro für mittlerweile kein Problem mehr darstellt. Wie sollte es auch, wenn man sich dort schon mit 30kg Gepäck durchgequält hat ;)

Mittlerweile ist es schon Donnerstag und ich werde mich gleich zu meinem Chinesischeinstufungstest begeben, anhand dieses Test wird dann entschieden in welchen Kurs ich komme, da man hier die Klassen nach dem Chinesisch Niveau einteilt. Find ich sehr sinnvoll, denn wir haben einige Studenten die schon eine Weile in China leben und ein auch dementsprechend gutes chinesisch sprechen und andere die in ihrem ganzen Leben noch keine einzige Chinesisch Stunde hatten. Ich bin also mal sehr gespannt was dabei herauskommt!

Jetzt gibt es zum ersten Mal ausgeschlafene Grüße aus der Ferne!

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