von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Samstag, 20. September 2014

Von den purpurnen Bergen kommen wir

Hallo ihr Lieben,

letztes Wochenende haben wir uns ja schon ein wenig auf den Purple Mountain vorgewagt. Heute haben wir nun den Gipfel bezwungen! Nachdem ich mich nun im letzten Post so sehr über das sonnenarme und dafür umso smogreichere Nanjing ausgelassen habe, wurde ich heute eines Besseren belehrt. Wir hatten sage und schreibe 28°C (die letzten Tage waren es teilweise nur 18/19, da muss man dann tatsächlich schon einen Pulli anziehen) und fast durchgehend strahlenden Sonnenschein, der Smog war zwar immer noch da und hat das fotografieren erschwert, aber ansonsten konnte man heute wirklich von einem sehr schönen Tag reden. Den haben wir dann auch gleich in vollen Zügen ausgenutz und sind gleich früh um elf los. Naja, eher etwas später, da es immer ein wenig dauert bis man alle auf dem Campus nach einer recht langen Nacht eingesammelt hat. Warum wir solche Aktionen immer durchziehen, wenn wir den Abend vorher noch ewig unterwegs sind, ist mir tatsächlich immer noch etwas schleierhaft, aber das bekommen wir bestimmt auch noch hin.

An dieser Stelle lohnt es sich wohl mal meine Abenteuerfreunde ein wenig näher vorzustellen. Wir haben letztens schon einmal festgestellt, dass wir womöglich der einzige Freundeskreis sind der nicht nur aus Leuten gleicher oder ähnlicher Nationen besteht. Da hätten wir Flavia aus dem deutschen Teil der Schweiz, allerdings versteh ich ihr deutsch so gut wie gar nicht, weswegen wir immer englisch reden. Sie tanzt für ihr Leben gern Ballet und macht das hin und wieder gern draußen in der Öffentlichkeit und dann starren uns alle noch mehr an als sie das so schon tun. Ange (spricht sich wie unsere Bundeskanzlerin) kommt aus den USA irgendwo bei Los Angeles und hat immer ein breites Lachen im Gesicht. Sie hat definitiv etwas von der Sonne LAs mit hierher gebracht und sorgt deswegen auch immer für gute Laune. Lin aus Mexiko ist typisch Mann, er hört nie zu was man ihm erzählt und hat immer Hunger. Allerdings redet er den ganzen Tag, Unterbrechungen gibt es nur, wenn er etwas essbares im Mund hat. Das kann manchmal recht anstrengend sein, denn wir sind im selben Kurs und somit hab ich das kleine Plappermaul den lieben langen Tag um mich rum. Dann sind da noch Sandra und Jens, ein Päarchen aus Deutschland. Jens macht hier ein Praktikum bei Siemens/Bosch und weil eine Trennung für ein halbes Jahr zu viel wäre hat Sandra sich hier an der Uni für einen Chinesischkurs eingeschrieben. Beide sind aber zum Glück weder pentrante Deutsche noch ein penetrantes Päarchen und somit ist es immer lustig sie zu sehen. Der Sechste im Bunde ist Arthur, ein Franzose, der fast kein Englisch spricht, das sich aber in der einen Woche die wir uns jetzt erst kennen schon unglaublich verbessert hat und man sich mittlerweile mit ihm unterhalten kann. Kali kommt auch aus den USA und ist eher von der ruhigen Sorte, könnte aber daran liegen dass sie genau wie Arthur erst im Sommer ihren High-School-Abschluss (in etwa mit dem Abi vergleichbar) gemacht hat. Zusätzlich zu diesen sieben gibt es noch jede Menge andere Studenten mit denen ich mehr oder weniger regelmäßig zu tun habe und mit denen ich mich auch super verstehe, die hier alle aufzuzählen würde aber einfach zu lang dauern!
(vlnr) Flavia, Kali (hinten), ich, Lin, Sandra, Ange (hinten), Jens, Arthur (hinten)


So, da ihr nun wisst mit was für Leuten ich mich rumtreibe kann ich euch endlich von der Besteigung des Purple Mountains erzählen. Um die nicht einmal 500m bis zum Gipfel zu erreichen hat man zwei Möglichkeiten. Die Erste wäre, man bezahlt 35Y (etwa 4,50€) und lässt sich mit dem Sessellift hochfahren. Die Zweite wäre, man schnallt sich seinen Rucksack auf und läuft den ganzen Weg. Natürlich haben wir uns für Zweiteres entscheiden, denn wir sind jung, sportlich und arm dran. (Naja zumindest die ersten beiden Punkte stimmen.) Also ging es los auf einer Straße wo hin und wieder auch noch Autos fuhren (kein gehupe hier!) und die schon einen recht steilen Anstieg hatte. Als uns das zu bunt wurde sind wir von der Straße abgebogen und eine Treppe hoch. Obwohl das eine hoffnungslose Untertreibung ist, denn diese Treppe war bestimmt 3km lang und jedes Mal wenn man eine Kurve vor Augen hatte und dachte jetzt sind wir gleich da, ging die Treppe weiter und weiter und weiter. Bis sie dann schließlich doch ein Ende hatte, leider war das Ende der Treppe nicht gleich der Gipfel. Rückblickend betrachtet hatten wir zu diesem Zeitpunkt etwa die Hälfte des ersten Gipfels erklommen und waren aber trotzdem schon alle in Schweiß gebadet. Denn obwohl der Weg immer schön im Halbschatten zwischen Bambus und anderen Bäume entlang führte, war es doch schon recht warm und dann auch eher ein warm von schwüler Art, denn schließlich befinden wir uns hier am Rande der Tropen oder so ähnlich (zumindest sagen Wetter und der Gecko am Fenster das). War es bis hierher eher anstrengend und schweißtreiben, so war der nächste Abschnitt wohl der schönste auf der ganzen Strecke, denn es durfe geklettert werden. Wie Bergziegen sind wir also in immer luftigere Höhen gestiegen und haben dabei nicht nur die angenehmere Art und Weise des Chinatourismus kennen gelernt, sondern auch die immer besser werdende Sicht auf Nanjing genießen können. Wir waren dabei ein wenig erstaunt dass einige Chinesinnen mit ihren langen Röcken und definitiv kletterungeeigneten Schuhen und dann noch mit einem Beutel in der Hand diesen Aufstieg gewagt haben. Wir hatten alle vorsorglich Sportschuhe bzw. zumindest festes Schuwerk an, aber in Ballerinas und teilweise Absatzschuhen klettern grenzt schon an Selbstmord auf dieser Strecke. Wir haben darüber nur die Köpfe geschüttelt und Bilder von der Stadt geschossen.
Bick auf Nanjing während des ersten Teil des Aufstieges
Alles lag in einem wunderschönen Dunst aus Smog und wir haben wahrscheinlich gar nicht mal die ganze Stadt sehen können und doch hat sich zu unseren Füßen ein Teppich an Gebäuden ausgebreitet der bis zum Horizont reichte. Kurz danach haben wir dann auch den ersten Gipfel erreicht, welcher aber noch lange nicht unser eigentliches Ziel darstellte. Also ging es weiter über einen angenehmen Weg und jede Menge Treppen, die sich noch länger angefühlt haben als die vom ersten Abschnitt. Und dann waren wir endlich oben, auf dem Gifpel des Purpel Mountains. Auch hier hatte man eine wunderbare Sicht über die ganze (sichtbare) Stadt, welche sich fast einmal um den ganzen Berg herumwindet. Auch gab es eine kleine Brise die uns ein wenig Erfrischung brachte und somit machte es gleich ein wenig mehr Spaß einem Adler auf Nahrungssuche zuzuschauen und noch mehr Bilder zu schießen.

Wir hatten dann kurz überlegt mit dem Sessellift runter zu fahren, uns dann aber wegen des Preises doch dagegen entschieden. Und das war unser Glück, denn so haben wir noch einen Abstecher zu einer rießigen Buddhastatue aus Stein gemacht, diese war etwa 4m hoch und 6m breit, ist angeblich über 100t schwer. Leider hat uns die Infotafel, welche es in vier verschiedenen Sprachen gab, nicht mehr darüber verraten. Dann ging es langsam bergab zu einer Art Terasse wo sich einige Leute getroffen haben um Sport zu machen, man hat vorher schon beim Aufstieg immer wieder einige Chinesen gesehen die den ganzen Berg in recht zügigem Tempo hochmarschiert sind. Hier jedoch, an diesem Ort der Idylle hat sich eine Frau die bestimmt schon siebzig war an einem Reck gedehnt, dass uns fast die Augen rausgefallen sind, einige Männer haben Krafttraining gemacht und jemand hat zu entspannt klassisch chinesicher Musik Taiqi oder etwas ähnliches gemacht. Das Ganze machte einen unglaublich entspannten Eindruck auf uns, dass wir am liebsetn dort geblieben wären, denn die Sonne schien durch die Bäume und es waren sonst fast keine anderen Touristen dort unterwegs. Aber wir haben uns dann doch wieder davon losreisen können und weiter ging es bergab vorbei an verschiedenen Steinstatuen die Zither und ein Brettspiel gespielt haben, einer alten Höhle wo sich Liu Ji der Gründer der Ming-Dynastie (1368-1644 uZ) vor einem Mordkomplott versteckt hatte und zu einer Statue der Guanyin 观音 welche im Mahayana-Buddhismus einen weiblichen Bodhisattva darstellt. Ursprünglich war sie ein männlicher Bodhisattva wird aber mittlerweile in China als Göttin verehrt.
Als wir es dann die gefühlten tausend Treppen wieder bergab geschafft hatten, waren wir alle komplett knülle, denn natürlich hatten wir nichts zum Essen mitgenommen und auf dem Gipfel gab es nichts was nicht komplett überteuert gewesen wäre. Die Wärme hat ihr übriges dazu getan.



Nach einer Busfahrt zurück in Richtung Campus haben wir uns dann völlig erschöpft in einem unserer Standartrestaurants niedergelassen und erstmal Mittag gegessen oder zumindest wäre es unser Mittagessen gewesen, allerdings war es da schon abends um sechs. Danach noch fix einen leckeren Schokokuchen gegessen und dann ging es ab unter die Dusche und halbwegs ins Bett, denn wir haben alle nicht mehr ganz so gut gerochen und beschlossen heute nichts mehr zu machen. Und so kommt es dass dieser Blogeintrag noch am gleichen Tag geschrieben werden konnte und tatsächlich mal brandaktuell ist.

Ich geh jetzt ins Bett und werde diesen Tag als Einen der bisher schönsten in Erinnerung behalten.

Allerliebste Grüße von eurer erschöpften, aber möglicherweise sogar braungebrannten Jana!

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