Hallihallohallöchen,
die erste Woche der Uni ist nun vorbei und offensichtlich
habe ich es überlebt, wenn auch nur knapp. Grund dafür war, dass ich gleich am
Dienstag eine fette Erkältung hatte. Der Spaß hatte sich schon am Montag mit
einem Kratzen im Hals angekündigt und dass wir beim KTV (chinesisches Karaoke,
das ist schon fast Volkssport und macht viel mehr Spaß als in Deutschland, aber
dazu später mehr) waren hat der Sache bestimmt auch nicht besonders geholfen. Jedenfalls
hab ich mich am Dienstagmorgen zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett gequält um
im Unterricht anzutanzen. Leider geht die Uni hier schon um acht los, was ich
für eine sehr studentenunfreundliche Zeit halte! Jaja, das arbeitstätige Volk
unter euch wird sich jetzt bestimmt wieder an den Kopf greifen und sich über
die Studenten lustig machen, aber das ist wirklich eine blöde Uhrzeit, denn
wenn man tatsächlich mal mit jemandem von daheim schreiben oder skypen möchte,
dann geht das halt meistens nur wenn es bei mir schon auf Mitternacht zugeht
und dann fehlt der Schlaf einfach.
Jedenfalls saß ich mit Husten und einer Rotznase im Unterricht
und habe, wenn ich nicht schon an meiner Erkältung zu Grunde gegangen bin, mich
doch zumindest zu Tode gelangweilt. Letzte Woche hatten wir ja den wundervollen
Einstufungstest der uns dann in die richtige Klasse zuordnen sollte. Dieser
Test hat mich für den ersten Jahrgang in die 4 Klasse eingeteilt. Hier kurz zur
Erklärung: bei uns an der Uni (an jeder Uni scheint das anders zu sein) gibt es
zwei Jahrgänge. Im ersten sind die blutigen Anfänger und alle halbwegs
Fortgeschrittenen. Im zweiten Jahrgang sind dann alle wirklich Fortgeschrittenen
und die die Chinesisch schon fast perfekt können. Beide Jahrgänge sind dann
nochmal in acht verschiedene Klassen verschiedenen Niveaus eingeteilt, wobei
das Niveau von eins nach acht aufsteigend ist. Der Unterricht ist für uns aus
dem ersten Jahrgang von Montag bis Freitag von morgens um acht bis mittags um
zwölf, was ich doch sehr angenehm finde. Jahrgang zwei hat teilweise auch nachmittags
Unterricht. Die erste Stunde geht eine Stunde und 20 Minuten, dann 20 Minuten
Pause, 60 Minuten Unterricht, weitere 10 Minuten Pause, nochmal 60 Minuten Unterricht
und schon ist der Tag vorbei. Eine merkwürdige Einteilung, wenn ihr mich fragt,
aber zumindest wird einem der „Tag“ dabei nicht zu lang. Aber nun zurück zu
meiner Langeweile. Bis zur zweiten Hälfte der dritten Stunde, hat unsere
Lehrerin sage und schreibe 30 Vokabeln mit uns besprochen, das heißt wir haben
das Wort nachgesprochen, dann haben einige einen Beispielsatz einzeln
vorgelesen, dann haben alle gemeinsam diesen Satz nachgesprochen und das für
drei, vier verschiedene Beispiele, war man damit fertig, haben nochmal ein,
zwei Studenten alle Sätze auf einmal vorgelesen. Das war also schon mal sehr
chinesisch! Das Schönste dabei war aber, dass ich 80% der neuen Worte schon
kannte und auch die Sätze mir in keiner Weise Schwierigkeiten bereitet haben
(und das obwohl ich die Hälfte der Zeit mit naseputzen beschäftigt war). Einige hat das schon ziemlich genervt und die
haben gleich nach der ersten Stunde den Kurs in eine höhere Klasse gewechselt,
denn in dieser ersten Woche durften wir noch wechseln und uns ausprobieren ob
wir uns nicht in einem anderen Kurs wohler fühlen. Zum Glück! Während der
letzten halben Stunde haben wir dann noch einige Hörübungen gemacht an denen
ich gescheitert bin, da man einen kurzen Text gehört hat, dann eine Frage und
ungefähr zwei Sekunden Zeit hatte um sich die Antwortmöglichkeiten durchzulesen
und schon kam der nächste Text. Wunderbar! Und das wo mein Hörverständnis doch
eh schon so unglaublich gut ist. (Wer es nicht mitbekommen hat: dieser Satz
tropft nur so vor Ironie ;)) Ich dachte mir aber noch, ich schau mal wie der Unterricht
am Mittwoch wird, denn da haben wir extra eingeteilten Hör- und Sprechunterricht.
Auf jeden Fall war die Lehrerin dafür sehr sympathisch, denn sie betrat den
Raum und strahlte über das ganze Gesicht. Hier muss ich kurz vom Thema
abschwenken. Allgemein ist China ja bekannt als das Land des Lächelns, aber
warum lächelt dann niemand hier? Ganz im Gegenteil, alle sehen immer so aus als
ob sie irgendwie böse auf einen wären, weil man sie nicht versteht, weil man
Ausländer ist, weil man die Luft weg atmet. Also warum? Ich kann es euch leider nicht
erklären. Sollte jemand von euch mich erleuchten können, dann seid ihr mehr als
willkommen dies zu tun! Zurück zum Thema bzw. zu einer strahlenden Lehrerin.
Zur Abwechslung hatte sie auch eine sehr klar Aussprache und hat auch nicht zu
schnell geredet, alles in allem eine sehr angenehme Frau. Als sie jedoch anfing
weitere Vokabeln zu besprechen, in ähnlichem Stil wie die andere Lehrerin am
Tag zuvor, und uns die einfachste Grammatik erklärte, die ich schon vor einem
Jahr gelernt habe, wurde es mir dann doch zu bunt und ich bin in die Klasse 5
gewechselt. Dort standen dann auch erstmal Höraufgaben auf dem Programm, welche
wie am Vortag viel zu schnell abgespielt wurden. Aber ich bin ja kein Unmensch und
urteile nicht schon nach nur einer Stunde. Doch leider, durfte ich mir dann am
Donnerstag, die gleiche Grammatik vom Vortag noch einmal anhören, zwar hat der
Lehrer das auch ganz wunderbar gemacht und erklärt, doch ich habe mich zu Tode
gelangweilt und ich glaube nicht, dass das Sinn und Zweck meines Jahres hier
werden soll. Ich also noch eine Klasse höher gewechselt und hatte auch gleich
sofort das Problem einen Platz zu
finden, denn dieser Kurs war schon sehr voll (ca. 20 Leute). Doch sobald
der Unterricht begann wusste ich warum. Die Lehrerin, nicht wie so manch andere
gerade erst mit dem Studium fertig geworden und für eine Studentin gehalten,
hatte nicht nur eine sehr sympathische Ausstrahlung, sondern sie machte während
ihrer Erklärungen einen Witz nach dem anderen. Ich habe noch keinen Chinesen
und keine Chinesin getroffen die Witze machen, bei manchen ist der Humor zu
erkennen und einige verstehen Humor auch, aber tatsächlich machen sie nie
welche. Das hat dem Ganzen natürlich eine Lockerheit verschafft, die es sehr
angenehm gemacht hat in dem Unterricht zu sitzen. Und man hat ihr tatsächlich
angesehen, dass dieser Job nicht nur eine Profession sondern eine Passion ist. Auch
der Hör- und Sprachunterricht ist angenehmer, denn obwohl die Lehrerin sehr
schnell und relativ unklar spricht, stellt mich genau das vor die gewünschte
Herausforderung, die ich brauche um mich anzustrengen und mit vollem Einsatz bei
der Sache zu bleiben. Ich habe mich dann auch gerade eben noch in diesen neuen
Kurs umschreiben lassen und bin jetzt in Klasse 6. Das befriedigt mich
natürlich auch ein wenig, denn nachdem wir die Ergebnisse des Einstufungstest
bekommen hatten, habe ich doch schon ein wenig an mir gezweifelt. Ich lerne
jetzt schon seit zwei Jahren Chinesisch und bin gerade mal aus dem
Anfängerstatus raus? Ich gebe zu ich habe mir nicht sehr viel Mühe bei dem Test
gegeben, aber ein wenig enttäuscht von mir selbst war ich doch schon. Der
Klassenwechsel hat somit meinem Ego geholfen sich wieder ein wenig besser zu
fühlen.
Von vielen wurde ich gefragt: Wie finanzierst du das Ganze
eigentlich? Hier jetzt eine Antwort für alle die das auch gern wissen möchten.
Ich habe vom Konfuzius-Institut (ähnlich wie das Goethe-Institut, nur halt für
China, Chinesisch und chinesische Kultur) ein Stipendium bekommen. Dafür musste
ich vor einem Jahr die HSK-Prüfung 3 ablegen. HSK ist die Abkürzung für hanyu
shuiping kaoshi, also Prüfung des Chinesischniveaus. Damit ich dieses Stipendium
am Ende des Jahres nicht (teilweise) zurückzahlen muss, muss ich am Ende des
zweiten Semesters die gleiche Prüfung mit Level 5 ablegen. Insgesamt geht es
bis zu Level 6, das sind dann die absoluten Profis oder so. Ich bezweifle
jedoch dass ich dieses Level während meines Bachelors erreichen werde,
höchstens wenn ich mich doch als Sprachgenie outen sollte ;)
Ansonsten hab ich die letzten Tage nicht allzu viel zu Stande
gebracht, es wird halt immer noch recht viel Zeit damit in Anspruch genommen
essen zu suchen, denn wir bewegen uns immer noch in recht großen Gruppen durch
die Gegend und man möchte ja auch nicht immer das gleiche essen (obwohl wir
recht oft koreanisch essen, aber dafür immer an einem anderen Ort). Obwohl vielleicht
war ich doch nicht ganz unproduktiv, denn gestern habe ich es endlich mal
geschafft zur Polizei zu gehen und mein Visum zu verlängern, das ist schon eine
ganz schöne Tortur, die chinesische Bürokratie, man fühlt sich immer wie bei der
Massenabfertigung und geredet wird mit einem auch nicht, wenn man Glück hat
wird einem gesagt wo man als nächstes hin muss, aber das ist wirklich das
höchste der Gefühle (gelächelt wird dabei natürlich auf keinen Fall). Jedoch
durfte ich meinen Reisepass dort abgeben, das heißt in den nächsten zehn Tagen
kann ich allen möglichen Unsinn anstellen ohne dass mir groß etwas passiert.
Nicht dass ich so risikofreudig wäre, aber rein theoretisch wäre das DIE
Gelegenheit ;)
Gestern (Donnerstag) hatte dann noch eine Freundin, mit der
ich zusammen in Leipzig studiere, Geburtstag und zusammen mit anderen Freunden
von ihr, sie studiert an einer anderen Uni in Nanjing, sind wir zum
koreanischen BBQ gegangen. Das war, haltet euch fest ihr werdet es nicht
glauben, sehr lecker! Zwar etwas wenig, aber dafür sind wir danach noch in eine
Bar Namens „Ellens“ gegangen und haben den Rest mit Bier und Sekt aufgefüllt.
Den Sekt hat einer aus der Gruppe beim Bierwetttrinken gewonnen, was man nicht
so alles für das Geburtstagkind macht :)
An dieser Stelle muss ich euch kurz etwas über Ellens erzählen, denn dort werde
ich mich wahrscheinlich des Öfteren aufhalten. Denn diese Bar oder besser
Kneipe ist voll mit internationalen Studenten der Nanjing Universität und der
NNU (die Uni an der ich studiere), überall an den Wänden ist irgendwas
gekrakelt (die wichtigsten Nachrichten dabei: „das Leben ist wunderschön“ und „spart
Wasser, trinkt mehr Bier und duscht zusammen“), auch bekommt man als Ausländer
nachdem man sein erstes Getränk gekauft hat eine Art Coupon und kann damit
einen ganzen Monat lang sooft kostenlos trinken, wie man seine Kreuzchen noch
nicht aufgebraucht hat. Dabei sind das nicht nur drei, vier Bier und ein
Cocktail. Nein, es sind sage und schreibe 20 Bier, und jeweils 10 kleine Eimer
mit Whisky und Cola (da ist eher weniger Whisky drin), Tequilashots und
Kamikazeshots. Das Ganze ist zwar wirklich sehr nett für die ausländischen
Studenten, aber doch sehr diskriminierend der eigenen Bevölkerung gegenüber!
Das ist eh eine Mode hier. In den meisten Ländern werden die
Ausländer diskriminiert ohne Ende und am liebsten wieder dahin zurück geschickt
wo sie herkommen, doch hier ist es genau anders herum. Ich muss sagen, dass ich
mich dabei nicht so ganz wohl fühle, denn man wird immer behandelt als ob man
etwas Besseres wäre, obwohl das wahrscheinlich nur in den wenigsten Fällen
zutrifft. Ob das jetzt nur daran liegt das alle denken die Westler haben jede
Menge Geld in der Tasche oder ob die Menschen hier von Herzen daran glauben,
dass wir besser sind, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich wird mir das auch
keiner beantworten können.
So das wars erstmal wieder von mir! Meine Erkältung bin ich
zum Glück auch wieder losgeworden. Ich habe schon wieder viel zu viel
geschrieben und hoffe ihr nehmt mir das nicht übel, aber eigentlich will ich
euch nur das teure Flugticket ersparen und euch trotzdem an der chinesischen
Kultur und Lebensweise teilhaben lassen. Ich dürft mich natürlich trotzdem gern
besuchen kommen ;)
Allerliebste Grüße von eurer Jana
PS.: Fotos gibts beim nächsten Mal wieder, die Klassenräume sehen aus wie jeder andere Raum auch, deswegen müsst ihr dieses Mal drauf verzichten!
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