Hallöchen,
überraschenderweise
gibt es hier schon wieder die neusten Neuigkeiten:
Am Montag
sind wir auf der Suche nach einem leckeren Mittagessen, wie so üblich durch
„unsere“ kleine Straße geschlendert, vielleicht erinnert ihr euch noch daran
als ich euch davon erzählt , mit all den freundlichen Leuten und kleinen Läden
etc. Jedenfalls sind wir dort am Montag lang und waren ganz erstaunt und ein
wenig geschockt, als wir gesehen haben dass einige der Fressbuden und auch die
Ramschläden ihre Türen verschlossen hatten bzw. die Läden ausgeräumt hatten. Am
Abend dann waren nur noch ein oder zwei von den insgesamt zwanzig Läden oder so
geöffnet und wir dachten wirklich, das war es jetzt, die Regierung braucht mehr
Platz für neue Wohnungen und reißt die Gebäude ab, um neue Wolkenkratzer an
ihre Stelle zu bauen. Denn genau das passiert an schon so einigen Stellen
überall in China. Unsere Sorge galt dann dementsprechend nicht nur uns, denn wo
sollen wir dann zur Nahrungsaufnahme hingehen, da diese Straße für uns wie das
Wasser für Blumen ist. Nein, unsere Sorge galt natürlich auch den dortigen Ladenbesitzern,
die ihr ganzes oder einen sehr großen Teil ihres Lebens in dieser Straße haben.
Als wir am
nächsten Tag wieder dort waren, konnten wir unseren Augen nicht trauen. Überall
lag Schutt, Gebäudeteile, alte Rollgitter, Glas, Türen und Ladenschilder auf
der Straße. Ungefähr so stelle ich es mir nach einem Erdbeben vor, hier ein
paar Impressionen:
Trotz Weltuntergangsstimmung, der Mensch muss essen und deswegen ist das Restaurant auch weiterhin geöffnet |
Ähm, ja, kein Dach mehr |
Preise gibt es noch, aber ansonsten nichts, kein Dach, keine Wände, Tische, Stühle, Küche |
Hinter den Planen sieht alles noch genauso aus wie vorher, am Abend werden die geöffnet und das Leben geht weiter |
Aber warum
nun das Ganze Theater? Ich habe mit einigen ortsansässigen Ladeninhabern,
Bauarbeitern und chinesischen Freunden geredet und dabei sehr interessante
Dinge erfahren. So war die einheitliche Antwort warum die Ladenteile auf der
Straße eingerissen wurden, dass die Regierung (wer auch sonst) es als nicht
schön befindet und beschlossen hat, dass alles hübsch aussehen soll, also alle
Ladenfronten einheitlich gemacht werden sollen. Als ob das hier irgendjemanden
auch nur die Bohne interessiert, wie die Straße aussieht, solang das Essen gut
ist. Von meinen chinesischen Freunden habe ich erfahren, dass diese ganze
Aktion im Prinzip illegal ist, denn auf diese Art und Weise will die Regierung
nur die Ladenbesitzer ohne Lizenz aus dem Verkehr ziehen bzw. ihnen
wahrscheinlich viel Geld für eine neue Lizenz abknüpfen. Ich glaube fast das
die offizielle Regierung für die Schönheits-OP verantwortlich ist und die Polizeieinheiten,
welche den Bezirk verwalten ein wenig extra Taschengeld einstreichen wollen.
Wer hier am Ende außerdem einen Gewinn macht ist nicht so ganz klar, denn
derzeit sind nur einige wenige Läden offen und diese haben definitiv weniger
Kundschaft, einige Läden sind derzeit geschlossen und andere sind dem Erdboden
gleich gemacht worden.
Vielleicht
klingt das Ganze für den Außenstehenden sehr dramatisiert und möglicherweise
ist es wirklich nicht das Schlechteste wenn ein wenig renoviert wird (auch wenn
es mal wieder nur die Fassade im Erdgeschoss ist, also dass was man direkt
sieht), allerdings hat man das Gefühl man wird direkt angegriffen, wenn man
hier viel Zeit verbringt und gewisse Beziehungen zu den Leuten aufgebaut hat.
Um gleich
mal beim Drama zu bleiben, allerdings einem Gewollten und weitaus angenehmeren.
Letzte Woche haben wir unseren kulturellen Horizont bei der Kunqu Oper 昆曲 erweitert. Sehr bekannt in der ganzen weiten Welt ist ja die berühmte
Pekingoper, was viele aber nicht wissen ist, dass die Kunqu Oper eine der
ältesten Bühnenkunstformen der Welt ist und auch viel älter als besagte
Pekingoper.
Deswegen wird sie heutzutage auch „Mutter der Pekingoper“ genannt. Wie
so oft wenn man sich eine Oper anschaut, dann versteht man mehr oder weniger
gar nichts von dem was gesungen wird, selbst die Chinesen können vieles nicht
verstehen, was der Grund ist warum es immer Untertitel gibt (netterweise auch
in Englisch). Teilweise haben die Schauspieler auch so hoch gesungen, dass es
einem in den Ohren wehtat oder man schon nicht mehr wusste ob das Mann oder
Frau sein soll. Naja, von der Gesanglichen Seite ist Oper wirklich nicht meins,
allerdings muss man es einmal gesehen haben, denn die Kostüme sind schon
wirklich sehr schön. Hübsche Seidengewänder mit aufwendigen Stickereien und
interessanten Kopfbedeckungen.
Wir haben
für diese Aktion ein wenig unsere Beziehungen spielen lassen und haben in einem
Teil des Nanjingmuseums, welcher im Stil eines traditionellen Teehauses
eingerichtet ist, zuerst einige typische Nanjinger Spezialitäten genossen und danach
die Oper. Ein traditionelles Teehaus hat für gewöhnlich eine kleine Bühne,
welche mit aufwendigen Holzschnitzereien verziert ist, die gleichzeitig das
Bühnenbild darstellen. Vor der Bühne befindet sich eine größere Fläche auf der
Tische und Bänke stehen und an der Rück- und den Seitenwänden gibt es kleinere
abgetrennte Teeräume, welche allerdings eine Etage höher sind, sodass man eine
bessere Sicht auf die Bühne hat.
Am Samstag bin ich dann auf eigene Faust mal wieder ein wenig durch die Stadt gestromert und hab es endlich geschafft Bilder von den alten Gebäuden aus den 1920ern an der Stadtmauer zu machen. Sonntag dann sind einige Chinesische, Japanische, Lin, Kali und ich zusammen zum Grillen gefahren. Dabei wusste ein chinesischer Freund von einem kleinen Ort irgendwo am Stadtrand, zwischen Bahngleisen, wo man doch recht gemütlich unter Bäumen organisiert grillen konnte.
Das war es
auch schon wieder von mir,
allerliebste
Grüße von eurer Jana