von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Dienstag, 26. Mai 2015

So ein Theater



Hallöchen,

überraschenderweise gibt es hier schon wieder die neusten Neuigkeiten:

Am Montag sind wir auf der Suche nach einem leckeren Mittagessen, wie so üblich durch „unsere“ kleine Straße geschlendert, vielleicht erinnert ihr euch noch daran als ich euch davon erzählt , mit all den freundlichen Leuten und kleinen Läden etc. Jedenfalls sind wir dort am Montag lang und waren ganz erstaunt und ein wenig geschockt, als wir gesehen haben dass einige der Fressbuden und auch die Ramschläden ihre Türen verschlossen hatten bzw. die Läden ausgeräumt hatten. Am Abend dann waren nur noch ein oder zwei von den insgesamt zwanzig Läden oder so geöffnet und wir dachten wirklich, das war es jetzt, die Regierung braucht mehr Platz für neue Wohnungen und reißt die Gebäude ab, um neue Wolkenkratzer an ihre Stelle zu bauen. Denn genau das passiert an schon so einigen Stellen überall in China. Unsere Sorge galt dann dementsprechend nicht nur uns, denn wo sollen wir dann zur Nahrungsaufnahme hingehen, da diese Straße für uns wie das Wasser für Blumen ist. Nein, unsere Sorge galt natürlich auch den dortigen Ladenbesitzern, die ihr ganzes oder einen sehr großen Teil ihres Lebens in dieser Straße haben.
Als wir am nächsten Tag wieder dort waren, konnten wir unseren Augen nicht trauen. Überall lag Schutt, Gebäudeteile, alte Rollgitter, Glas, Türen und Ladenschilder auf der Straße. Ungefähr so stelle ich es mir nach einem Erdbeben vor, hier ein paar Impressionen:


Trotz Weltuntergangsstimmung, der Mensch muss essen und deswegen ist das Restaurant auch weiterhin geöffnet

Ähm, ja, kein Dach mehr

Preise gibt es noch, aber ansonsten nichts, kein Dach, keine Wände, Tische, Stühle, Küche

Hinter den Planen sieht alles noch genauso aus wie vorher, am Abend werden die geöffnet und das Leben geht weiter


Aber warum nun das Ganze Theater? Ich habe mit einigen ortsansässigen Ladeninhabern, Bauarbeitern und chinesischen Freunden geredet und dabei sehr interessante Dinge erfahren. So war die einheitliche Antwort warum die Ladenteile auf der Straße eingerissen wurden, dass die Regierung (wer auch sonst) es als nicht schön befindet und beschlossen hat, dass alles hübsch aussehen soll, also alle Ladenfronten einheitlich gemacht werden sollen. Als ob das hier irgendjemanden auch nur die Bohne interessiert, wie die Straße aussieht, solang das Essen gut ist. Von meinen chinesischen Freunden habe ich erfahren, dass diese ganze Aktion im Prinzip illegal ist, denn auf diese Art und Weise will die Regierung nur die Ladenbesitzer ohne Lizenz aus dem Verkehr ziehen bzw. ihnen wahrscheinlich viel Geld für eine neue Lizenz abknüpfen. Ich glaube fast das die offizielle Regierung für die Schönheits-OP verantwortlich ist und die Polizeieinheiten, welche den Bezirk verwalten ein wenig extra Taschengeld einstreichen wollen. Wer hier am Ende außerdem einen Gewinn macht ist nicht so ganz klar, denn derzeit sind nur einige wenige Läden offen und diese haben definitiv weniger Kundschaft, einige Läden sind derzeit geschlossen und andere sind dem Erdboden gleich gemacht worden.
Vielleicht klingt das Ganze für den Außenstehenden sehr dramatisiert und möglicherweise ist es wirklich nicht das Schlechteste wenn ein wenig renoviert wird (auch wenn es mal wieder nur die Fassade im Erdgeschoss ist, also dass was man direkt sieht), allerdings hat man das Gefühl man wird direkt angegriffen, wenn man hier viel Zeit verbringt und gewisse Beziehungen zu den Leuten aufgebaut hat. 

Um gleich mal beim Drama zu bleiben, allerdings einem Gewollten und weitaus angenehmeren. Letzte Woche haben wir unseren kulturellen Horizont bei der Kunqu Oper 昆曲 erweitert. Sehr bekannt in der ganzen weiten Welt ist ja die berühmte Pekingoper, was viele aber nicht wissen ist, dass die Kunqu Oper eine der ältesten Bühnenkunstformen der Welt ist und auch viel älter als besagte Pekingoper. Deswegen wird sie heutzutage auch „Mutter der Pekingoper“ genannt. Wie so oft wenn man sich eine Oper anschaut, dann versteht man mehr oder weniger gar nichts von dem was gesungen wird, selbst die Chinesen können vieles nicht verstehen, was der Grund ist warum es immer Untertitel gibt (netterweise auch in Englisch). Teilweise haben die Schauspieler auch so hoch gesungen, dass es einem in den Ohren wehtat oder man schon nicht mehr wusste ob das Mann oder Frau sein soll. Naja, von der Gesanglichen Seite ist Oper wirklich nicht meins, allerdings muss man es einmal gesehen haben, denn die Kostüme sind schon wirklich sehr schön. Hübsche Seidengewänder mit aufwendigen Stickereien und interessanten Kopfbedeckungen.
Wir haben für diese Aktion ein wenig unsere Beziehungen spielen lassen und haben in einem Teil des Nanjingmuseums, welcher im Stil eines traditionellen Teehauses eingerichtet ist, zuerst einige typische Nanjinger Spezialitäten genossen und danach die Oper. Ein traditionelles Teehaus hat für gewöhnlich eine kleine Bühne, welche mit aufwendigen Holzschnitzereien verziert ist, die gleichzeitig das Bühnenbild darstellen. Vor der Bühne befindet sich eine größere Fläche auf der Tische und Bänke stehen und an der Rück- und den Seitenwänden gibt es kleinere abgetrennte Teeräume, welche allerdings eine Etage höher sind, sodass man eine bessere Sicht auf die Bühne hat. 

Die Handlung auf der Bühne war auch weniger überraschend sehr chinesisch. Wir haben vier verschiedene Teile aus verschiedenen Theaterstücken gesehen und dabei ging es um die liebe Liebe, schlaue Menschen und die Liebe zur Natur. Insgesamt gab es nicht viel Handlung denn es dauert doch schon recht lang seine Absicht kundzutun, wenn man jedes Wort gesungen auf die Länge von fünf Minuten zieht. Überraschend für uns war nur, dass in einer Szene recht deutlich davon gesprochen wurde dass sich eine Frau und ein Mann zum ersten Mal treffen und sofort beschließen an einen ruhigeren Ort zu gehen, wo man sich privat unterhalten kann (diese Szene fand in einem Studierzimmer statt, aber nee ist klar, war auch schon ganz schön laut dort) und sich dann auch gleich die Sachen vom Leib reißen möchte. Was uns dabei verwundert hat, ist dass wenn man schon in so frühen Zeiten kein Problem damit hatte mit dem Erstbesten ins Bett zu gehen, warum ist es dann in China heutzutage so ein Riesenproblem überhaupt darüber zu reden? Aber was solls, wir hatten unseren Spaß und haben gleichzeitig mal wieder ein wenig was gelernt.
 

Am Samstag bin ich dann auf eigene Faust mal wieder ein wenig durch die Stadt gestromert und hab es endlich geschafft Bilder von den alten Gebäuden aus den 1920ern an der Stadtmauer zu machen. Sonntag dann sind einige Chinesische, Japanische, Lin, Kali und ich zusammen zum Grillen gefahren. Dabei wusste ein chinesischer Freund von einem kleinen Ort irgendwo am Stadtrand, zwischen Bahngleisen, wo man doch recht gemütlich unter Bäumen organisiert grillen konnte. Soll heißen man zahl ein wenig Eintritt, bekommt einen Grill und Kohlen und dann geht’s los. Wir haben ein Weilchen gebraucht bis wir den Trick raus hatten (chinesische Grills sind irgendwie nicht so cool wie Deutsche), aber irgendwann haben wir es gemeistert und uns unser Bäuche vollgeschlagen. Am tollsten allerdings war das es kein fließendes Wasser gab, sondern nur einen Brunnen, um an dieses Wasser zu gelangen musste man einen Eimer an einem Seil herunterlassen und hat dann so das Wasser nach oben geholt, welches auch unglaublich klar und angenehm kühl war (bei sauber bin ich mir nicht so sicher). Zwar macht es wirklich Spaß mal für einige Stunden bei Sonnenschein, sein Wasser auf diese Art und Weise zu besorgen, allerdings habe ich in einigen sehr alten Stadtteilen in Suzhou und anderen Orten gesehen wie sich die Leute Wasser auf die gleiche Weise besorgt haben was daraus schließen lässt, dass sie dies immer tun müssen, da es kein fließendes Wasser gibt. Das stell ich mir nicht besonders lustig vor, wenn man Duschen will, vor allem im Winter. Ich hoffe auch sehr dass die Leute die ebenfalls zwischen den Gleisen gewohnt haben nicht auch so an ihr Wasser kommen, denn die Häuser oder besser gesagt Hütten sahen nicht besonders gut ausgestattet aus. Für uns allerdings war es ein angenehmer Tag im Freien, mit leckerem Essen und netter Gesellschaft und somit ein voller Erfolg.

Das war es auch schon wieder von mir,

allerliebste Grüße von eurer Jana

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