von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Samstag, 25. Juli 2015

Letzte Reise Teil 3:




Gläubige beim Gebetsraddrehen
Da ich nun schon einige Zeit in Sichuan rumgekurvt bin und meine Zeit langsam am Ablaufen war, habe ich mich nun auf den Weg nach Yunnan begeben. Yunnan liegt im Südwesten von China und grenzt im Süden sogar schon an Laos. Vor allem ist es bekannt dafür, dass sich hier jede Menge Minderheiten tummeln und es ein hervorrangendes Teeanbaugebiet ist. Doch dazu später mehr. Von Daocheng aus ging es nun also nach Shangrila, wie es im Westen heißt oder 中甸 zhongdian, auf Chinesisch. Zwar ist die Strecke mal wieder gar nicht so lang, allerdings besteht sie auch hier zum Großteil aus unbefestigten Straßen und somit wurde es mal wieder eine zwölf-Stunden-Fahrt. Zum Glück hatte ich diesmal nette Begleitung, denn mein Sitznachbar Michael (aus Österreich) und ich haben uns auf Anhieb super verstanden und dann die ganze Busfahrt über gequatscht. Das hat uns dann auch ein wenig von den mal wieder bodenlosen Abgründen abgelenkt, allerdings nicht von der fantastischen Aussicht, die einen mal wieder begleitet hat. Michael war auch mit einer etwas größeren Gruppe zusammen unterwegs, die sich wohl alle im Laufe der Zeit durch Zufall zusammen gefunden hatten und da hab ich mich dann auch ganz einfach mit angeschlossen und zusammen haben wir uns in der Altstadt Shangrilas auf Hostel- und Nahrungssuche begeben. Beides erfolgreich. Am nächsten Morgen sind wir beide dann noch mit einer Chinesin und einem Chinesen, den alle nur „大哥“ (dage), „großer Bruder“ genannt haben, denn er kommt aus Dali (einer Stadt weiter im Süden von Yunnan) und kannte sich schon recht gut aus, losgezogen.
Das riesige gelbe ist das Gebetsrad, ganz klein daneben der Tempel
Zu viert sind wir also ein wenig durch die Altstadt gestromert, allerdings ist diese bei einem Feuer im letzten Jahr komplett runter gebrannt und befindet sich derzeit wieder im Aufbau. Trotzdem konnte man den alten Glanz noch ganz gut erkennen, denn die Häuser hatten alle sehr schmuckvoll geschnitzte Holzfassaden. Nachdem wir uns dann erst durch ein Museum gearbeitet hatten, sind wir zum Schildkrötenhügelpark
烈龟山公园 (lieguishan) gegangen. Dieser kleine Hügel befand sich tatsächlich mitten in der Altstadt und von hier hatte man einen ganz wunderbaren Blick über die gesamte Stadt. Auch steht hier die wohl größte Gebetsmühle der Welt. Angeblich soll sie wohl 24m hoch sein, allerdings kam es mir gar nicht so groß vor. Ursprünglich wurde es auch nur für die Touristen vor gar nicht allzu langer Zeit gebaut, aber jetzt kommen auch jede Menge gläubige Buddhisten hierher und drehen ihr Runden. Nachdem uns vom Zuschauen schon fast ein wenig schwindelig geworden ist, sind wir weiter gezogen zum 白塔寺 (baitasi), welches ein komplett weißer kleiner Tempel ist vor dem auch einige weiße Stupas stehen. Von hier hat man einen wundervollen Blick über die Stadt. Später sind wir dann noch zur größten Klosteranlage Yunnans gegangen, dem Songzanlintempel 松赞林寺.
Da die Eintrittspreise für den „normalen“ Erwachsenen doch schon recht hoch sind (und leider waren die anderen genau das), haben wir uns illegal hereingeschlichen. Hier hat es sich doch endlich einmal ausgezahlt, dass chinesische Wachhabende, Kartenabreiser etc. immer nur an ihrem Handy hängen, denn so konnten wir einfach am Kartenhäuschen vorbei gehen und haben uns dann irgendwann seitlich in die Büsche und den Hügel hochgeschlagen. Dort oben sind wir dann auch über einen Himmelsbestattungsfriedhof gestolpert. Dies ist Brauch im Vajrayana Buddhismus, welcher vor allem in Tibet und der Inneren Mongolei praktiziert wird. Hierbei werden die Toten einfach auf einem Berggipfel oder Hügel den Elementen frei gegeben oder Geiern zum Frass vorgeworfen. Dieser Brauch hat auch eine ganz einfache Begründung: in Tibet und der Inneren Mongolei sind die Böden so knochenhart, dass es unglaublich viel Arbeit kostet jemanden zu begraben und wenn man die Toten den Vögeln zu fressen gibt, greifen sie das Vieh nicht an. In Kangding hatte mir der Tibeter ein Video von so einer Himmelsbestattung gezeigt und ich muss sagen, wer live dabei sein will, braucht schon etwas stärkere Nerven. Hier in Shangrila jedenfalls lagen überall verstreut Knochen herum. Einige eindeutig von Tieren, allerdings haben wir auch einen menschlichen Schädel gefunden.
Das Songzanlinkloster
Das war schon ein bisschen merkwürdig und der „große Bruder“ fand das auch gar nicht so witzig, als wir super begeistert davon waren. Das Kloster selber lag dann in einem kleinen Tal zwischen Bergen und Hügel, aber selber auch noch einmal auf einem kleinen Hügel, die Mönchquartiere zu seinem Fuße und davor ein wunderschöner kleiner See. Da wir am späten Nachmittag dort waren, hatte sich schon so langsam eine Abendstimmung eingestellt, was das Ganze noch schöner gemacht hat. Als dann noch die Sonne unterging, hat sie die eh schon vergoldeten Dächer nur noch goldener erstrahlen lassen. Das Kloster von Innen war auch nicht zu verachten, es gab diverse größere und kleinere Gebetshallen für die verschiedensten Götter und Gottheiten und alles war in vielen bunten Farben bemalt. Lustig war als wir in einen kleinen Nebenraum gegangen sind, der einer eher unbedeutenden Gottheit gewidmet war, und an der Wand diverse Schnapsflaschen standen, die waren definitiv im Gebrauch und nicht zur Opferung gedacht, so viel stand fest. Aber nachdem ich die Mönche in Litang gesehen habe, sollte mich das eigentlich nicht mehr überraschen. Am Abend haben wir uns dann wieder mit den anderen getroffen und haben zusammen lecker Abendbrot und Joghurt gegessen und bei einem Bierchen zusammen gesessen und uns hauptsächlich übers Reisen unterhalten. 
Baitatempel

v.l.n.r.: Michael, die Chinesin vom Dienst (ich hab leider ihren Namen vergessen), der große Bruder und ich und wir alle vor dem Songzanlinkloster

Das Kloster mit See


Das Flüsschen hier noch ganz entspannt ...
Am nächsten Morgen hat sich unsere Reisegesellschaft dann aufgeteilt, denn ein jeder ist woanders hingefahren. Michael hat mich dann ganz spontan mit zu Tiger-Leaping-Gorge 虎跳峡 (hutiaoxia) begleitet. Dies ist eine Schlucht durch welche der Jiangtsekiang hindurchfließt und wo an der dünnsten Stelle (immernoch 25m breit) ein Tiger über den Fluss sprang, um einem Jäger zu entkommen. Jedenfalls hatten wir einen Zweitagestrip geplant um oberhalb des Flusses entlangzuwandern. Das große Gepäck in einem Hostel abgestellt und schon ging es los, im prallen Sonnenschein und auch gleich erst einmal hübsch steil den Berg hinauf. Obwohl angeblich gerade Regenzeit in Südchina ist, haben wir davon an diesem Tag eher nichts mitbekommen, auch die kleinen Bäume und Sträucher sahen nicht so aus als ob sie all zu viel Wasser bekommen würden. Irgendwann ging der Weg dann aber zwischen Bäumen hindurch und eher angenehm bergan und bergab, wir haben einen Ziegenhirten mit seiner gesamten Herde getroffen und am Wegesrand saßen auch immer mal wieder Einheimische, die Wasser, Schokoriegel und Marihuana verkauft haben. Genau das was man zum Wandern braucht :)
... und hier dann schon in die Schlucht gepresst als reißender Strom
Unterwegs haben wir dann noch einige andere Wanderer getroffen (weniger überraschend waren das alles Westler) und zusammen sind wir dann in einem kleinen Dorf eingekehrt, welches wie die Idylle pur aussah und auch wirklich leckeres Essen anzubieten hatte. An diesem Punkt waren wir schon zwei Stunden oder so unterwegs und hatten damit gerade einmal ein Viertel der Tagesstrecke geschafft. Nach dem Essen und bei schönster Nachmittagshitze ging es dann noch einmal straff den Berg hinauf. Allerdings wurde man oben mit einer wundervollen Aussicht belohnt, die sich zwar schon die ganze Zeit über angekündigt hatte, den Aufstieg aber auf jeden Fall belohnt hat. Denn auf der anderen Seite der Schlucht haben sich einige 5000er Berge aufgebaut, welche ebenfalls ihre schneebedeckten Gipfel in Wolken verhüllt hatten. Gleichzeitig konnte man auch einige Blicke auf den reisenden Strom unten im Tal erhaschen. Der Rest der Strecke war dann auch relativ angenehm, denn man lief auf der Schattenseite des Berges und es ging nicht mehr so extrem bergauf und bergab. Insgesamt hat es allerdings trotzdem neun Stunden gedauert bis wir an unserem Ziel, einem Hostel in der Hälfte der Schlucht, angekommen waren. Sehr erschöpft haben wir dann alle zusammen die Aussicht von der Dachterrasse und ein Bierchen genossen und sind dann knülle ins Bett gefallen. 
Die Berge auf der anderen Seite der Schlucht

Flüsschen in der Altstadt Lijiangs
Leider war es den nächsten Tag recht verregnet und deswegen haben wir beschlossen unsere Wanderung an dieser Stelle abzubrechen und sind dann mit einem geteilten Taxi zurück nach Qiaotou gefahren, wo wir unser restliches Gepäck eingesammelt haben. Unterwegs hatten wir allerdings aber noch einen guten Blick auf den Fluss, denn die Straße fuhr nur kurz oberhalb entlang. Dort hatten sich dann natürlich auch die ganzen chinesischen Touristen gesammelt zum Fotos machen und da waren wir doch froh uns für den anderen Weg entscheiden zu haben. Von Qiaotou aus sind wir dann nach Lijiang 丽江getrampt und wurden von einem sehr netten Fahrer mitgenommen, der uns nicht nur so einiges über die Region erzählen konnte, sondern uns dann auch noch zum Mittagessen eingeladen hat. So haben wir eine spezielle Hühnersuppe gegessen, die in Lijiang besonders beliebt ist. Diese ist im Prinzip eigentlich nur eine normale Suppe mit Nudeln drin, allerdings gibt es dazu ein Hünerbeinchen vom schwarzen Huhn. Der Fachbegriff für diese Art von Huhn ist „Seidenhuhn“ und hauptsächlich in Ost- und Südostasien verbreitet. Es ist ein wenig gewöhnungsbedürftig schwarzes Fleisch zu essen, aber im Endeffekt schmeckt es genau wie jedes andere Hühnchen auch. Da wir eigentlich gar nicht vor hatten in Lijiang zu bleiben, sind wir dann einfach nur ein wenig durch die Altstadt geschlendert (wenn man es so nennen kann, wenn man sein gesamtes Gepäck mit sich rumschleppt) und haben uns dann auch ein Weilchen in einem der unzähligen Teehäuser niedergelassen. Die Altstadt war früher ein kulturelles und Handelszentrum für die Naxi 纳西, welche heute als eine der Minderheiten Chinas gelten und immer noch in dem Gebiet in und um Lijiang und auch in der Tiger-Leaping-Gorge angesiedelt sind. 


Tarditionelle Kleidung in Lijiang
Hier ein, wie ich finde sehr wichtiger, Einschub über Chinas Minderheiten. Neben den Han-Chinesen, welche etwas mehr als 90% der chinesischen Bevölkerung ausmachen, gibt es 55 weiter Nationalitäten, welche als Minderheiten gehandelt werden. Die wohl bekanntesten sind die schön erwähnten Tibeter und die Uiguren, welchen im Nordwesten Chinas leben. Als ich über Weihnachten in Hainan war, bin ich schon auf eine kleine Gruppe von Minderheiten gestoßen, hier handelte es sich um die Miao 苗族 und die Li 黎族. Einige wenige alte Damen in den ländlichen Gebieten hatten noch die traditionellen Kleider an, aber ansonsten hat man dort nur sehr wenig von ihnen gesehen bzw. wahrgenommen. Offensichtlich war das mit den Tibetern anders und auch die Naxi und später auch die Bai 白族 und die Yi彝族 in Dali, haben sich da schon mehr abgehoben. Denn hier haben recht viele vor allem Frauen (auch jüngere Frauen) die traditionellen Kleider getragen. Dabei waren die Kleider selber recht ähnlich (was weniger verwundert, da man sich in fast in der selben Region aufhält) dafür aber hat sich der Kopfschmuck recht stark voneinander unterschieden. Natürlich haben all diese Minderheiten auch ihre eigenen Feste und Feierlichkeiten, sowie Sitten, Gebräuche und Musik, doch davon habe ich während meines kurzen Aufenthaltes leider nichts mitbekommen. Insgesamt gibt es in Yunnan allein schon 26 verschiedene Minderheiten und mal vom Tee abgesehen, ist dies ein Fakt für den Yunnan (zumindest in China) sehr bekannt ist. 

Was mich wieder zurück nach Lijiang bringt, denn zwischen den vielen kleinen Gassen der Altstadt, welche mit Teehäusern, Souvenirläden und natürlich Touristen gefüllt waren, gab es hier auch recht viele junge Frauen und junge Mütter mit ihren Töchtern die kleine Fotoshootings gemacht haben und dabei die traditionellen Kleider getragen haben. Anfangs dachte ich noch dass dies vielleicht für Modemagazine sind, aber wahrscheinlich waren das einfach nur etwas teurere Urlaubsfotos. Es war auf jeden Fall sehr lustig zu betrachten und hat der Altstadt auch keinen Abbruch getan. Vorher habe ich von vielen Reisenden gehört, dass die Stadt gar nicht so schön ist, da es zu viele Touristen gibt, allerdings konnte man sich ganz schnell und ganz einfach in all den Gassen verlaufen und somit den Massen ganz gut aus dem Weg gehen und dann hatte die Stadt auf einmal etwas sehr Schönes, fast Romantisches an sich. Wir waren dann beide doch ganz froh, dass wir den spontanen Abstecher hierher gemacht haben, denn einfach nur durch die Gassen stromern und dann von einem kleinen Hügel einen Blick über die gesamte Stadt zu haben war doch sehr schön.

Aber all zu bald haben wir uns dann wieder auf den Weg nach Dali 大理 gemacht. Hier hat uns der große Bruder abgeholt und mit einem deutschen Pärchen, welches wir auch in Shangrila schon getroffen haben wieder vereint. Dali selber hat eine Geschichte welche schon 3000 Jahre alt ist. Schon seit jeher haben sich hier diverse Minderheiten angesiedelt und ein mächtiges Königreich aufgebaut, welches dann um das Jahr 1000u.Z. Dali zu einer der 13 größten Städte der Welt gemacht haben soll. Dies ist kaum vorstellbar, denn heute zählt die Stadt gerade einmal 600.000 Einwohner. Allerdings wahrscheinlich damit erklärbar, dass die Mongolen sie während ihrer Herrschaft fast vollständig zerstört haben und sämtliche Regierungsangelegenheiten nach Kunming verlagert wurden, welches auch heute noch die Hauptstadt Yunnans ist. Heute jedenfalls teilt sich die Stadt Dali in die Altstadt und Xiaguan (die Neustadt), für mich als Touristen ist dabei allerdings nur die Altstadt von Bedeutung. Hier haben wir dann auch unser Lager inmitten der kleinen Straßen aufgeschlagen und konnten somit ganz gemütlich vom Hostel aus die Gegend erkunden und wie alle anderen auch ein wenig (oder auch mehr) Tourist spielen.
Da das Wetter unglaublich schön war haben Michael, die beiden Deutschen und ich beschlossen eine Fahrradtour um den nahe gelegenen Erhaisee 洱海 zu machen. Dali liegt auf etwa 2000m Höhe auf einer Ebene, welche von  auch immer noch ca. 4000-5000m hohen Bergen umgeben ist, allerdings macht ein Großteil dieser Ebene der Erhai aus, denn dieser ist 40km lang und etwa 7-8km breit. Riesig also! Wir mit unserem Vorhaben in einmal zu umrunden, haben schon beim Losfahren nicht wirklich daran geglaubt dass wir das schaffen werden und haben es dann auch ganz gemütlich angegangen und sind immer wieder stehen geblieben um Fotos zu machen oder einfach unsere Füße im erstaunlich klaren und sauber Wasser zu baden oder einfach im Gras am Ufer zu sitzen und die Landschaft zu genießen. Zwischendurch sind wir von einem kleinen Dorf zum nächsten gefahren, welche wirklich immer nur einige wenige hundert Einwohner hatten, allerdings haben wir uns sehr über den Stil der Häuser gefreut, denn sie sahen alle relative neu errichtet aus, aber hatten alle sehr schön bemalte Hauswände und auch nicht so kitschig, wie man es leider viel zu oft sieht. Nein, diese Dörfer sahen nicht reich aus, aber dafür geschmackvoll hergerichtet. Mit den umgebenden Tabak- und Reisfeldern, den Bergen im Hintergrund und dem See im Rücken hat all dies doch eine wunderschöne Szenerie hergegeben und irgendwie hatten wir alle das Gefühl dass diese Region einen wirklich dazu anregt einfach mal alle Viere gerade sein zu lassen und einfach mal Nichts zu machen, außer das Leben genießen. Wirklich wunderschön! Nachdem die Sonne und die Fahrradtour uns dann doch ein wenig geschlaucht haben, sind wir dann auch glücklich und erschöpft ins Bett gefallen.
Ein Mann der am See irgendwelche Pflanzen angelt

Der Einheimischenmarkt

Der Touristenmarkt


Der berühmte Sichuanpfeffer wächst hier einfach so am Wegesrand
Am nächsten Morgen hat der große Bruder Michael und mich zum Wandern abgeholt. Er selber wohnt nämlich in Dali und geht unglaublich gern wandern und kennt sich dementsprechend gut in den Bergen aus. Wir sind dann also gleich hinter Altstadt den Berg hoch, allerdings nur auf halbe Höhe und hatten von dort einen wirklich schönen Blick über die gesamte Ebene, Dalis Altstadt und den See. Dort oben gab es dann einen entspannten Wanderweg, welcher sich auf immer gleicher Höhe am Berg entlang zog. Hier hat uns der große Bruder dann einiges über Dali und das Leben hier erzählt und auch eine kleine Einführung in die lokale Pflanzenkunde gegeben. An einem Punkt hat er uns dann auch einen sehr versteckten und überwucherten Pfad mitten auf den Berg hinauf geführt (der überwachsene Pfad aus Kangding war ein Witz im Vergleich zu diesem hier!). Jedenfalls haben wir uns durchs Gebüsch geschlagen und dann auch verstanden warum hier in den Bergen hin und wieder Menschen verloren gehen und sterben, denn es war wirklich einfach den Pfad zu übersehen und einfach mal den Berg hinab zustürzen wenn man sich nicht auskennt.
Zum Glück war der große Bruder schon oft hier und wir sind heil angekommen. Unser Ziel hier war ein nicht sehr großer, aber dafür verlassener und wunderschöner Wasserfall, dessen Wasser direkt aus dem Berg kam und unglaublich klar und auch kalt war. Dies haben wir herausgefunden als wir uns darin abgekühlt haben. Ich bin ja nur bis zu den Knien ins Wasser und es war schon eiskalt, aber Michael musste dann unbedingt eine Runde schwimmen gehen. Verrückt! Allerdings war es recht warm wenn man wieder aus dem Wasser raus kam, denn mittlerweile sind schon recht nebelige Wolken aufgezogen und haben die Sonne erfolgreich vertrieben. An dieser Stelle haben wir dann einfach mal die Ruhe und Natur genossen. Nach einem kurzen Mittagssnack sind wir dann im Nieselregen wieder zurück gegangen, haben noch einen kurzen Stopp an einem kleinen Tempel eingelegt und sind dann mehr oder weniger den Berg hinunter gesprintet, denn mittlerweile hat es wie aus Eimern geschüttet und die Jungs hatten natürlich nichts gegen Regen mit. Ist ja mal wieder typisch! Unten angekommen haben wir ziemlich nass noch fix Dali typische Reisnudeln mit sauer eingelegtem Gemüse gegessen (sehr lecker!) und sind dann nur noch schön warm duschen gegangen. Am Abend haben wir vier Reisenden uns noch ein wenig die Altstadt zu Gute getan und bei einem Bierchen zusammen gesessen, denn am nächsten Morgen hieß es für uns alle voneinander Abschiednehmen. 


Dali und der Erhaisee von oben

Leider war die Zeit für mich zum Reisen dann doch vorbei und ich bin mal eben sieben Stunden weiter in den Süden gefahren um in Kunming meinen Zug zurück nach Nanjing nicht zu verpassen. Dies war allerdings auch eine Art von Abenteuer, denn mir standen 38Stunden im Zug bevor. Vielleicht erklärt ihr mich jetzt für komplett bescheuert, aber ich finde man kann das schon einmal machen, besonders wenn man ein Liegeplatz gekauft hat und nicht die ganze Zeit sitzen muss. Erstaunlicherweise bin ich dann doch schon genug Chinese, sodass ich die meiste Zeit geschlafen habe und ansonsten vom Fenster aus die Landschaft betrachten konnte und so war die Zeit doch schneller rum als erwartet und ich wieder zurück in Nanjing. Die Zugfahrt war zum Glück auch recht ereignislos, niemand der geschnarcht hat, kein Rumspucken und ewig lauten Unterhaltungen. Die Meisten haben sowieso die ganze Zeit irgendwelche Fernsehsendungen auf ihren Smartphones oder I-Pads geschaut und waren somit ruhig gestellt. 

Dies waren nun meine Erlebnisse im „Wilden Westen“, sowie meine letzten Abenteuer in China. Nachdem ich noch einmal zwei Tage in Nanjing einige Dinge organisiert habe, bin ich dann am Montag über Shanghai und Hanoi zurück nach Deutschland geflogen und hier wieder gut angekommen. Während dieser elf Monate in China habe ich doch einiges über Land und Leute gelernt und wenn ihr mich jetzt fragt wie ich es finde, dann bleibt es doch eine sehr schwere Frage. Natürlich habe ich die Zeit in China sehr genossen, was nicht zuletzt an vor allem den wunderbaren Menschen liegt die ich hauptsächlich in Nanjing kennen gelernt habe. Auch haben mich viele Menschen sehr beeindruckt, die trotz ihrer ärmlichen Lebensumstände doch nicht verbittert wirken und das Leben halt einfach so nehmen wie es kommt. Auf der anderen Seite hat mich die „Religion des Geldes“ und die Unmenschlichkeit, welche immer noch zu oft zwischen den Menschen und auch zwischen Mensch und Natur herrscht, zu tiefst geschockt. Hoffentlich konnte ich euch während der letzten Monate ein halbwegs gutes Bild malen von den Orten an denen ich hier gelebt und welche ich bereist habe und ihr habt ein besseres Verständnis von China. Natürlich hätte ich immer gern noch viel mehr geschrieben, allerdings wäre dann keine Zeit zum Reisen übrig geblieben und ich hätte wahrscheinlich ganze Bücher damit füllen können. Ich hoffe ihr habt es trotzdem genossen den Blog zu lesen und vielleicht fühlt sich der Eine oder Andere jetzt auch dazu angespornt in die große weite Welt hinaus zu gehen. Ich kann nur sagen: es lohnt sich!



Damit verabschiede ich mich von euch.


Wie immer allerliebste Grüße von eurer Jana!

Montag, 20. Juli 2015

Letzte Reise Teil 2: Into the Wild



Wer sagt dass Müllfrauen nicht acuh traditionell gekleidet sein dürfen?
Von chinesischen Großstädten nun endlich die Nase voll, habe ich mich auf den Weg nach Westen gemacht, genauer gesagt war mein erstes Ziel hier Kangding 康定, diese gilt auch als „Tor zu Tibet“ und sobald ich in dieser Stadt ankam wusste ich warum. Denn hier fängt das Gebiert der Kham an, welche mit zu der großen Tibetischen Minderheit gehören. Meistens erkennt man die Leute daran, dass sie im Gegensatz zu den meisten Han-Chinesen noch traditionelle Kleider tragen, hier handelte es sich um eine Art lange Jacke (bei Männern) oder ein knöchellanges Kleid (bei Frauen), welche um den Körper gewickelt werden, sodass man wenn es warm ist einfach einen Arm aus dem Ärmel nimmt und sich so abkühlt. Kurze Sachen sind eher unpraktisch, denn selbst im Sommer ist es hier recht kühlt zwischen bzw. auf den Bergen.
Die Frauen tragen oftmals auch ihr Haar mal mehr oder weniger kunstvoll um den Kopf geschlungen und auch bei einigen Männern habe ich das gesehen. Eine Mode bei den Frauen heutzutage scheint allerdings zu sein, dass sie sich Hüte aufsetzten wie die Queen sie tragen würde. In Kombination mit den traditionellen Kleidern sehr witzig. Auch in Statur unterscheiden sich die Kham und Tibeter sehr von den Han-Chinesen, denn sie sind um einiges größer, haben dunklere Haut und schmalere Gesichter (keine Vollmondgesichter). Was mich dann auch sehr positiv überrascht hat, war dass hier alle Leute „normal“ gekleidet waren, also keine High-Heels die komplett bescheuert aussahen, keine merkwürdig aussehenden oder geschnittenen Kleidungsstücke, keine Schlafanzüge und noch dazu sahen alle aus als ob sie ihre Kleidung erst gestern gekauft hätten. Im Allgemeinen hat Kangding einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht, mit seinen nur etwa 100.000 Einwohnern weitaus ruhiger als Chengdu und doch konnte man anhand der Läden sehen, dass sich der Wohlstand hier schon eingefunden hat. Auch die Menschen wirken gleich viel weniger gestresst und freundlicher. Die Stadt selber liegt in einem Tal zwischen drei verschiedenen Bergen, welche ich mir zur Aufgabe gemacht habe zu besteigen. Zwar bin ich an der Gipfelbesteigung erfolgreich gescheitert, aber zum Wandern war es trotzdem schön.

Die erste der beiden Wanderungen hat mich dann den Paoma-Berg 跑马山 hinauf geführt. Oder zumindest bin ich bis auf etwa die Hälfte hoch gekommen, denn dann hieß es: hier ist Schluss für Touristen. Beziehungsweise gab es cleverer Weise keinen anderen Weg. Das Schöne war allerdings dass ich ganz allein auf dem Weg war, denn chinesische Touristen nehmen natürlich den Sessellift für einen, man kann fast sagen, Spaziergang. Oben angekommen hatte man dann einige kleine Tempel im tibetischen Stil und eine wunderschöne Aussicht über die Stadt und die umliegenden Berge. Zwar keine anstrengende Wanderung, aber doch ein guter Einstieg in noch zu kommenden Ausflüge. 

Meine zweite Wanderung am nächsten Tag war dann schon um einiges abenteuerlicher. Ausgerüstet mit einer Wegbeschreibung und einem Satellitenbild vom Hostel hab ich mich gleich hinter dem Hostel, welches auch schon ein Stückchen den Berg rauf lag, auf den Weg gemacht einen namenlosen Berg hinauf. Der erste Teil hat mich über einen Friedhof geführt, jedoch sind diese hier eher nur eine lose Ansammlung an Gräbern ohne jegliche Absperrungen. Der Weg war oftmals ein kleiner Weg und die meiste Zeit sogar nur ein Trampelpfad. Ganz oft hingen dann auch die tibetischen Gebetsflaggen überall zwischen den Büschen und den Bäumen und es scheint als ob dies immer dann der Fall ist, wenn etwas Besonderes an dieser Stelle ist. Gräber zählen da auf jeden Fall mit dazu, aber auch um Tempel und Berggipfel findet man diese oft. Irgendwann stieg der Pfad auch immer steiler an und ging zwischen Bäumen hindurch an welchen jede Menge Flechten herunter hingen, sodass es aussah als ob den Bäumen Bärte wachsen.
Oben! Irgendwie :)
Aber auch die Bäume wurden kleiner je höher man kam und irgendwann gab es nur noch kleinere Büsche und vor mir breitete sich eine Grassebene aus, die schon sehr wie die Alpen aussah. Das einzige was es von den Alpen unterschieden hat waren die Gebetsflaggen, aber ansonsten sah es wirklich genauso aus. Nach langem Suchen habe ich dann auch endlich den Weg nach unten gefunden, allerdings war der nach einer Weile von einigen Büschen versperrt und dahinter stand ein Pferd. Da ich auch keinen Durchweg gesehen habe, bin ich wieder umgekehrt und hatte mich schon damit abgefunden noch einen anderen Weg suchen zu müssen, als ich hinter mir ein Geräusch gehört habe. Als ich mich umdrehte stand besagtes Pferd auf einmal hinter mir. Ich dachte wirklich ich spinne,  habe es vorbei gelassen und bin wieder zurück nur um feststellen zu müssen, dass dieses Riesenpferd sich durch eine unglaublich kleine Öffnung in den Büschen (die auch noch Dornen hatten) durchgequetscht hat.
Auf dem Weg nach unten
Da dachte ich mir, wenn das Pferd da durch passt, dann schaffe ich das auch. Ging dann auch gerade so und ich habe mir auch nur mit viel Glück nicht alle meine Klamotten zerrissen. Allerdings wurde ich auf dem weiteren Weg noch ordentlich von Büschen die mehr oder weniger direkt auf dem Weg wuchsen zerkratz, meine Schuhe waren einmal mit einer dicken Schlammschicht überzogen, denn dank diverser Pferde und Kühe (die sich auch immer mal wieder direkt auf den Weg gestellt haben) war der Weg, schon vom Regen durchgeweicht, nur eine schlammige Angelegenheit. Ein wenig war dieser Weg wie eine von Muddis berühmt berüchtigten Abkürzungen, nur länger. Irgendwann, nachdem ich mich auch noch auf diesen kleinen Wegen verlaufen hab, bin ich dann aber doch noch unten angekommen. Müde zwar aber trotzdem glücklich dass mir diese kleine Wanderung den richtigen Anstoß nach mehr wandern gegeben hat. 

Solche Dornen gab es auf dem Weg!!!

und so viele Gebetsflaggen die überall herum hingen

und so schöne Blümchen

und das ist der Blick auf die gestrige Wandertour

Am Ende des Tages habe ich mich dann wieder zusammen mit ein paar Chinesinnen und einem Tibeter unterhalten und feststellen dürfen, dass mein Chinesisch nicht großartig ist, aber doch genug um halbwegs ordentliche Unterhaltungen führen können. Wahrscheinlich reicht es halt nur noch nicht aus um einen zweijährigen Jungen zu verstehen. Der Tibeter, der als Reiseführer in der Region arbeitet, allerdings als Nomade aufgewachsen war, hatte uns dann auch einige Dinge über die Berge erzählt und auch über das horrende Müllproblem der Chinesen und es war wirklich sehr interessant dies aus der Sicht eines Einheimischen zu sehen. 
Am nächsten Tag ging es dann auch schon weiter nach Litang. Auf einer acht-Stunden-Busfahrt fuhren wir nun also direkt ins Tibetenland hinein (und das ohne wirklich in Tibet zu sein). Unterwegs ging es über ein Hochplateau, welches grüne Hügel und Wiesen hatte und gespickt war mit Kühen und traditionellen tibetischen Häusern. Diese waren alle aus Stein gebaut, hatten zwei Etagen und schön bunt bemalte Fensterrahmen. Von dieser Art Haus sollte ich in Litang noch jede Menge weitere sehen. Die Busfahrt an sich war auch sonst recht abenteuerlich, denn einen der Berganstiege mussten wir auf einer sehr alten unbefestigten Straße zurück legen, welche sich sehr abenteuerlich den Berg hinaufwand. Dabei wäre das gar nicht so schlimm gewesen, allerdings hatte man noch lasterartigen Gegenverkehr und verrückte Radfahrer auf einer Straße, welche ausgelegt war für zwei PKWs. Um dem Ganzen noch ein Schaumkrönchen auf zusetzten, ging es an der einen Seite (ohne Begrenzung) sehr steil den Berg hinunter und unten konnte man sehen wie eine neue Straße schon fast fertig gebaut war. Zum Glück wurde man immer mal wieder mit einer atemberaubend schönen Aussicht über die 5000m hohen Berge belohnt. 
Hauptstraße die Erste
In Litang 理塘 angekommen wurde man auch erst einmal von den unglaublich guten Straßenverhältnissen in Empfang genommen. Nein, falsch! Es gab keine Straße bzw. war die Straße ein ein-Meter-tiefes Loch, welches sich durch den Großteil der Stadt gezogen hat und das Laufen sehr erschwert hat, denn nur direkt vor den Läden hatte man mit Glück ein wenig Platz. Der Grund warum ich hierher kam war auch nicht unbedingt die Sehenswürdigkeit der Stadt, sondern eher um mich ein wenig an die Höhe zu gewöhnen, denn Litang liegt auf einer Höhe von 4014m und ist somit die dritthöchste Stadt der Welt. Davon hab ich allerdings fast nichts mitbekommen, denn außer das wenn die Sonne scheint, man sich wesentlich schneller verbrennt (hab ich natürlich gemacht), haben mich all die Höhenkrankheitsprobleme doch einigermaßen in Ruhe gelassen.
Hauptstraße die Zweite
Ich habe viele Reisende getroffen, die über Kopfschmerzen geklagt haben, einige über Müdigkeit und viele über Atembeschwerden. Bekannt ist Litang allerdings nicht nur wegen seiner Höhe, sondern auch dafür dass es die Geburtsstätte zweier Lamas war. Die Mehrheit der nicht einmal 50.000 Einwohner hier ist Tibetischer Abstammung und zu meinem Leidwesen habe ich auch ganz schnell feststellen müssen, dass viele der Tibeter kein oder nur sehr schlechtes Chinesisch sprechen. Denn Tibetisch ist im Vergleich zum Chinesischen näher mit Hindu verwandt und benutzt auch ein Alphabet. Mich stellte es vor die Herausforderung, dass ich mal wieder nichts verstanden hab, denn leider spreche ich kein Wort Tibetisch. Allerdings hat mich das nicht daran gehindert einige Bewohner kennen zu lernen.

So habe ich bei einem Besuch des örtlichen Klosters als ich gerade die Aussicht über die Stadt bewundert habe einen Tibeter kennen gelernt, der zum Glück Chinesisch konnte und mich spontan zum Mittagessen mit seiner Mutti und ihren Freundinnen eingeladen hat. Diese alten Damen sprachen leider kein Chinesisch, aber irgendwie haben wir uns trotzdem ganz gut verstanden. Es war auch wirklich schön, als wir so vor der Haupthalle des Klosters auf dem Boden saßen, leckere Gerichte gegessen haben und dabei immer noch die Aussicht genießen konnten, denn Litang liegt ebenfalls auf einer weiten Grassebene und ist umringt von einigen grünen Hügeln, sowie schneebedeckten Bergen. Nach dem Essen haben sich die Ladies dann auch einfach noch, als ob es das Normalste auf der Welt wäre (was es für sie vielleicht auch war), einen Joint angesteckt. Ich hatte zwar schon davon gehört, dass man mit Marihuana recht locker umgeht in diesen abgelegenen Regionen, allerdings kam es doch ein wenig überraschend. Ich glaube auch tatsächlich dass es für sie eher als Heilmittel betrachtet wird, denn als Droge wie wir es kennen.
Blick über das Kloster und die Stadt bis hin zu den Bergen
Nachdem wir dann noch eine Weile den jungen Novizen beim Spielen zugeschaut haben, sind wir dann auch selber einmal an die Erkundung der Gebetshalle gegangen. Hierbei durfte ich feststellen, dass auch hier hauptsächlich mit Geld gebetet wird und sich selbst Gläubige nicht an die Regeln eines Klosters halten, denn Fotos haben sie gemacht obwohl es einige Schilder gab, die dies untersagt haben. Später bin ich dann noch ein wenig allein durch das Kloster gepilgert und habe mir eine riesige Buddhastatue angeschaut, die war bestimmt 15m hoch. Und hatte meinen Spaß dabei zu sehen wie gut sich die Mönche ins moderne Leben eingegliedert haben, denn nicht nur dass man sie hin und wieder Eisessen an der Straße stehend sieht, nein, sie besitzen auch alle ein Smartphone und einige sieht man auf ihren Motorrädern durch die Gegend fahren.
Die Mönche und Novizen hier tragen alle eine Art langes rotes Tuch, welches um die Hüfte gewickelt wird, teilweise auch um den ganzen Oberkörper, aber selbst da habe ich viele gesehen, die ganz normale Jacken anhatten. Einige tragen auch gelbe Mützen, welche wahrscheinlich gegen die Höhensonne schützen soll. Ansonsten sieht man hier auch viele Menschen die wahrscheinlich Hirten sind und auch recht einfache Kleidung tragen, wo die Jacken auch aus Schaffell bestehen und einfach mit einem Strick zusammen gehalten werden. Eine weitere Entdeckung die ich gemacht habe, die einen aber eigentlich weniger überraschen sollte ist, dass hier die Bildung um einiges weniger gut ist als die der Großstadtbevölkerung. So bin ich dazu übergegangen einfach zu sagen, dass ich aus Europa komme, anstatt aus Deutschland, denn die meisten haben noch nie davon gehört und wenn dann waren die Infos auch eher auf einem veralteten Stand der Dinge. Aber das ist auch nicht so schlimm, denn wahrscheinlich ist es schon sehr überheblich von allen Menschen dieser Erde zu erwarten, dass sie die gleiche Bildung wie man selbst genossen haben. 

Die öffentliche Wasserleitung, von der sich Wasser für den Haushalt geholt wurde

Altes traditionelles Haus

Neuere Version

Gebetsmühlen findet man hier auch einfach mal so auf der Straße

Novizen

... die im Prinzip auch blos kleine Jungs sind.


Meine tibetischen Freundinnen




Ohne Kommentar! :)


Kuhmist der zum Trocknen an die Hauswand geklebt wird

Unterwegs

Nachdem ich nun meiner Meinung nach genug akklimatisiert war, ging es weiter in den Süden nach Daocheng 稻城. Dies sollte auch nur ein kleiner Zwischenstopp auf dem Weg in die interessanten und wie mir versprochen war, menschenleeren Berge, sein. Hier stelle sich allerdings schon einmal die Herausforderung einen Bus zu finden der von Litang nach Daocheng fuhr, denn netterweise konnte man keine Bustickets kaufen, bevor der Bus ankommt. Das Eintreten dieses Ereignisses wurde auf eine unbestimmte Zeit irgendwann in den nächsten vier bis sechs Stunden erwartet. Einige andere Reisende und ich waren dann auch ein wenig genervt von der überaus nicht-motivierten Busbahnhofangestellten, sodass wir uns einfach ein „Taxi“ genommen haben. Diese „Taxis“ fahren, aufgrund fehlender Züge und nur weniger Busse, überall herum, sind aber eigentlich nur Minivans. Nachdem wir uns dann zu sechst mit Gepäck in eines dieser Taxis gequetscht hatten und schon am Losfahren waren, beschloss der Fahrer allerdings noch eine siebte Person zu suchen, denn theoretisch passen sieben Leute in das Auto.
Immernoch unterwegs
Leider hatten wir schon alles Gepäck auf den siebten Platz gepackt und konnten den Fahrer dann auch überreden mit einem kleinen Aufpreis doch schon loszufahren. Diese Fahrt hat auch gar nicht so lang gedauert (nur vier Stunden oder so) und schon waren wir am Ziel. Unterwegs habe ich mich ein wenig mit meinen Mitreisenden unterhalten, was auch recht lustig war, denn zwei ältere Ehepaare aus Südchina waren gerade auf Chinatournee und hatten innerhalb von nicht einmal zwei Monaten schon den ganzen Norden Chinas abgearbeitet. Zwanzig verschiedene Orte in fünfzig Tagen, sehr chinesisch! In Daocheng angekommen hatte ich dann auch erst einmal das Problem, dass mein Stadtplan nicht so ganz aussah wie die Wirklichkeit, nicht sehr hilfreich wenn man keine Ahnung hat wo man eigentlich hin möchte. Allerdings habe ich gleich noch jemanden gefunden, der genau das gleiche Problem hatte und zusammen haben wir uns dann durch gefragt und dann doch noch ein Hostel gefunden. Die Stadtplan-entspricht-nicht-der-Wirklichkeit-Problematik hat man hier recht häufig, denn die Orte, welche sich gerade Dank des Tourismus im Aufschwung befinden, verwandeln sich sehr schnell und da kann niemand so recht mithalten. Daocheng selber ist auch nicht wirklich spannend, eine kleine Stadt die gerade mehr wie eine Baustelle aussieht oder an den fertiggestellten Orten, wie geleckt. 

Der erste Blick auf den Xiannairi
Deswegen habe ich am nächsten Tag dann auch ganz spontan zusammen mit drei Chinesinnen die Flucht ergriffen und wir sind zum Yading Nature Reserve 亚丁自然保护区 gefahren. Dies liegt im Südwesten Sichuans und beherbergt drei sehr heilige Berge der Tibeter. Wie gesagt, wurde mir eine Touristenfreie-Zone versprochen und überall konnte man lesen, dass es sich mehr lohnen würde auf der Hälfte des Weges zu Übernachten (im Zelt) und dann die Bergumrundung in aller Ruhe genießen zu können. Ich habe tatsächlich auch Zelt, Schlafsack und Isomatte die ganze Zeit mit mir rumgeschleppt, mich dann aber in letzter Sekunde dagegen entschlossen irgendwo ganz allein in der Wildnis zu schlafen, denn obwohl China sehr sicher ist was das Reisen betrifft muss man es ja nicht unbedingt auf die Probe stellen. Ich hab dann einfach mit den Mädels in einem nahen Hostel übernachtet und nachdem wir den ersten Tag nur eine kleine Wanderung zu einem kleinen Bergtempel gemacht haben und sind wir dann noch weiter zu einem grassgrünen See gelaufen.
Schon als wir den Park via Bus betreten hatten, war mir klar, dass dies definitiv keine Touristenfreie-Zone ist, denn große Reisebusse fuhren alle paar Minuten und brachten hunderte von Touristen in die Wildnis. Im Park selber waren auch fast überall Gitterwege angebracht und es wurde darum gebeten diese nicht zu verlassen, sodass man mal wieder auch wirklich nicht mit der Natur in Berührung kommt. Es war auch lustig zu sehen wie fast alle „Wanderer“ sehr erschöpft immer wieder halb tot auf den Bänken zusammenbrachen, denn sie haben nicht so eine schöne Akklimatisierung gemacht wie ich oder sich selber überschätzt, keine Ahnung, jedenfalls dachte ich mir an diesem Punkt mal wieder, dass halt nicht jeder für die Berge gemacht ist. Vielleicht klingt das jetzt ein wenig gemein, aber an diesem Punkt war ich wirklich ganz schön genervt von all den Touristen. Das hat sich aber zum Glück ganz schnell geändert, als wir dem See näher kamen, die Touristen sich etwas mehr verstreut hatten und man auch einen wundervollen Blick auf den höchsten der heiligen Berge, den 仙乃日 (xiannairi), welcher 6032m hoch ist und mit seinem schneebedeckten Gipfel einen wunderschönen Anblick bietet.  Zwar kann man nicht wirklich sehen dass die Berge hier um einiges höher sind als in Europa, aber allein das Wissen darum ist irgendwie ziemlich bewegend. Nachdem wir uns also einen kleinen Vorgeschmack auf den nächsten Tag geholt haben, sind wir noch ein wenig durch das Grasland gelaufen, welches sich am Fuße des Berges erstreckt. Hier und auch in allen anderen Bächen ist das Wasser so klar, dass man es sogar trinken kann (und so etwas in China!!!), auch gab es Unmengen an Blumen, welche auf der ganzen Wiese verteilt und zwischen kleinen Bachläufen standen. Leider konnte man sich nicht einfach auf die Wiese in die Sonne legen, aber wahrscheinlich würde es ganz bald wie ein Schlachtfeld aussehen, wenn sich die chinesischen Touristen dort ausgetobt haben.
So sieht also die tibetische Schrift aus

und so kristallklares Gebirgswasser

Hier meine chineischen Wandergefährtinnen und ich


An diesem Tag sind wir auch recht zeitig ins Bett, damit wir dann am nächsten Morgen frisch ausgeruht auf eine größere Tour gehen können. Eine der Mädels hatte am Vortag jedoch schon Probleme mit der dünnen
Luft und schlechter Schlaf haben sie dann gleich am Anfang schon aus dem Verkehr gezogen und so hat sie ihr Bett unserer kleinen Wandergruppe vorgezogen. Die beiden anderen wollten dann auch unbedingt mit den Minibussen (die wie größere Golfkarren aussahen) bis zu dem Punkt fahren, von wo aus man direkt auf den Bergpfad kommt. Ich habe allerdings beschlossen endlich mal richtig wandern zu gehen, also nur dann den Bus zu nehmen wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Das war auch gar nicht so schlecht, denn den ersten Teil der Strecke, welcher direkt am Fluss entlang durch erst Wald und dann durch Blumenwiesen führte hatte ich ganz für mich allein, denn absolut keiner ist diesen Weg gegangen. Da war es dann doch schon wieder ein Schock als dann auf einmal wieder überall Touristen waren, die die unmöglichsten Fotoposen und jede Menge Lärm gemacht haben und dabei hätte dieser Ort so friedlich sein können. Naja, der chinesischen Touritheorie nach hätten diese sich auf diesen kleinen Bereich beschränken sollen und deswegen bin ich auch ohne Umwege auf den echten Wanderweg los. Leider gibt es für jede Theorie Ausnahmen und leider war die Ausnahme für meine Theorie ausgerechnet hier, naja, kann man nichts machen. Lustigerweise waren all die nervigen Touristen ein guter Ansporn für mich, denn ich wollte nur ungern Pausen einlegen, wenn mir jede Menge Menschen vor die schöne Aussicht springen.
Zum Glück sind die Berge alle sehr groß (all um die 6000m hoch) und somit kann man sie doch genießen. Von Anfang an bin ich nun dem südlichen der Berge immer hübsch entgegen gelaufen und konnte sehen wie er sich immer größer werden vor mir aufbaute, seine höchsten Gipfel (natürlich alle schneebedeckt) in Wolken getaucht, mit grünen Wiesen am Fuß des Berges und einigen mächtigen Wasserfällen die Schneegrenze und Wiesen verbunden haben. Der Wanderweg, welcher sich langsam den Berg hinaufwand, immer mit Blick auf den Südberg, war leider recht matschig, da es hier Esel gibt, die Touristen hoch und runter schleppen. An einigen Stellen floss auch einfach ein Bach über den Weg, heißt Bach und Weg hatten den gleich Weg, also Weg = Bach oder vice versa, sodass die Schuhe wieder sauber wurden. Allerdings habe ich so einige Chinesen sagen hören: „Oh nein, es ist so dreckig hier!“ Tja, meine lieben Leute, so etwas nennt sich Natur. Die Meisten waren auch ganz super ausgerüstet: Schuhe (keine High-Heels, aber teilweise trotzdem nur Ballerinas), einen Rucksack auf dem Rücken oder Plastiktüte in der Hand, darin eine kleine Flasche Wasser und vielleicht noch ein paar Kekse. Auch hatten einige Sauerstoffflaschen mit dabei, was besonders lächerlich aussieht, wenn sie beim Pause machen noch am Rauchen sind und dann zehn Meter später einen ordentlichen Hieb aus der Flasche nehmen. Natürlich waren nicht alle so schlecht ausgerüstet, aber leider doch ein Großteil. Irgendwann wurde der Weg nach oben auch immer steiler und man kam den Gipfeln langsam näher und
Der Milchsee von oben
ich war dann am Milchsee 牛奶海, welcher auf 4600m zwischen einer kleinen grünen Wiese und ansonsten schneebedeckten Gipfeln liegt und seinen Namen der milchigtrüben Wasserfärbung verdankt, obwohl er doch immer noch grün aussieht. Nach nur kurzer Zeit war ich dann auch noch am Fünf-Farben-See 无色海. Dieser liegt auf 4700m und hatte wirklich aufgrund seiner Tiefe diverse sehr schön erkennbare Grünfärbungen. Diesen habe ich aus wahrscheinlich einer Höhe von 4750m gesehen, was für mich der höchste Punkt ist an den ich bisher gekommen bin (vom Flugzeug mal abgesehen). Von hier oben hatte ich dann auch einen wunderschönen Blick auf die umliegenden Berge und sogar ein wenig runter ins Tal und konnte somit sehr gut nachverfolgen wie weit hoch ich schon geklettert war. Vom Startpunkt aus welcher auf 3800m liegt bis hierher habe ich fast 1000 Höhenmeter überwunden. Dort oben war es dann auch ordentlich windig und kalt, aber was erwartet man kurz unter der Schneegrenze mit wolkenverhangenem Himmel. Ich habe dann dort Mittagsrast gemacht und die Reste des selbstgebackenem tibetischen Brotes und des sauren Käses gegessen, welche mir die Tibeter in Litang mitgegeben hatten. Brot, Käse und eine herrliche Aussicht über die Berge, was will man mehr?
4750m
Irgendwie war es am Ende doch so schön, dass ich das fette Grinsen in meinem Gesicht nicht mehr wegbekommen habe :D Während der letzten Stunde des Aufstieges hatte ich auch genügend Puste übrig um den Chinesen die mich die üblichen Fragen gefragt haben, tatsächlich auch ordentliche Antworten geben konnte und man sogar ein wenig miteinander ins Gespräch gekommen ist. Da ich am Ende doch schneller war, sind mir viele von ihnen entgegen gekommen als ich schon wieder auf dem Weg nach unten war und sie waren mir fast dankbar als ich ihnen sagen konnte dass es nur noch einige wenige Meter bis zum Ziel sind. Da hatte sich dann doch eine recht witzige Atmosphäre eingestellt, denn alle haben mehr oder weniger gleich leiden müssen um bis da hoch zu kommen und alle waren glücklich das Ziel fast erreicht zu haben. Kurz nach meinem persönlichen Gipfel habe ich dann auch meine zwei Freundinnen wieder getroffen und mit viel Hallo und „da seid ihr ja!“ sind wir ein wenig zusammen gegangen. Allerdings bin ich dann auch bald wieder allein weiter, denn ich wollte ja den gesamten Weg zurück laufen. Was ich dann auch getan habe. Im Endeffekt waren die Beiden auch nur eine Stunde vor mir wieder zurück im Hostel und dass obwohl ich eine viel weitere Strecke gelaufen bin als sie. Aber irgendwie hat es sich auch unglaublich gut angefühlt, zu wissen dass man doch nicht so ganz außer Form ist oder es zumindest mit chinesischen Touristen aufnehmen kann. Die Gesamtstrecke betrug dann am Ende 25km, 950 Höhenmeter, dafür habe ich nur acht Stunden gebraucht (laut Reiseführer wären es etwa zwölf gewesen), ich war am für mich höchsten Punkt und war dann dementsprechend stolz auf mich. Ihr könnt euch auch gar nicht vorstellen wie gut ich danach geschlafen habe
:)

Da ich es leider nicht mehr geschafft habe mir für den nächsten Tag ein Busticket zu kaufen, bin ich einfach noch einen Tag in Daocheng geblieben und habe mich ein wenig ausgeruht. Bin durch die Stadt spaziert, habe mir noch eine Stupa angeschaut und mich an leckerem Tee in einem wirklich gemütlichen, im tibetischen Stil eingerichteten Teehaus erfreut.