von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Montag, 20. Juli 2015

Letzte Reise Teil 2: Into the Wild



Wer sagt dass Müllfrauen nicht acuh traditionell gekleidet sein dürfen?
Von chinesischen Großstädten nun endlich die Nase voll, habe ich mich auf den Weg nach Westen gemacht, genauer gesagt war mein erstes Ziel hier Kangding 康定, diese gilt auch als „Tor zu Tibet“ und sobald ich in dieser Stadt ankam wusste ich warum. Denn hier fängt das Gebiert der Kham an, welche mit zu der großen Tibetischen Minderheit gehören. Meistens erkennt man die Leute daran, dass sie im Gegensatz zu den meisten Han-Chinesen noch traditionelle Kleider tragen, hier handelte es sich um eine Art lange Jacke (bei Männern) oder ein knöchellanges Kleid (bei Frauen), welche um den Körper gewickelt werden, sodass man wenn es warm ist einfach einen Arm aus dem Ärmel nimmt und sich so abkühlt. Kurze Sachen sind eher unpraktisch, denn selbst im Sommer ist es hier recht kühlt zwischen bzw. auf den Bergen.
Die Frauen tragen oftmals auch ihr Haar mal mehr oder weniger kunstvoll um den Kopf geschlungen und auch bei einigen Männern habe ich das gesehen. Eine Mode bei den Frauen heutzutage scheint allerdings zu sein, dass sie sich Hüte aufsetzten wie die Queen sie tragen würde. In Kombination mit den traditionellen Kleidern sehr witzig. Auch in Statur unterscheiden sich die Kham und Tibeter sehr von den Han-Chinesen, denn sie sind um einiges größer, haben dunklere Haut und schmalere Gesichter (keine Vollmondgesichter). Was mich dann auch sehr positiv überrascht hat, war dass hier alle Leute „normal“ gekleidet waren, also keine High-Heels die komplett bescheuert aussahen, keine merkwürdig aussehenden oder geschnittenen Kleidungsstücke, keine Schlafanzüge und noch dazu sahen alle aus als ob sie ihre Kleidung erst gestern gekauft hätten. Im Allgemeinen hat Kangding einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht, mit seinen nur etwa 100.000 Einwohnern weitaus ruhiger als Chengdu und doch konnte man anhand der Läden sehen, dass sich der Wohlstand hier schon eingefunden hat. Auch die Menschen wirken gleich viel weniger gestresst und freundlicher. Die Stadt selber liegt in einem Tal zwischen drei verschiedenen Bergen, welche ich mir zur Aufgabe gemacht habe zu besteigen. Zwar bin ich an der Gipfelbesteigung erfolgreich gescheitert, aber zum Wandern war es trotzdem schön.

Die erste der beiden Wanderungen hat mich dann den Paoma-Berg 跑马山 hinauf geführt. Oder zumindest bin ich bis auf etwa die Hälfte hoch gekommen, denn dann hieß es: hier ist Schluss für Touristen. Beziehungsweise gab es cleverer Weise keinen anderen Weg. Das Schöne war allerdings dass ich ganz allein auf dem Weg war, denn chinesische Touristen nehmen natürlich den Sessellift für einen, man kann fast sagen, Spaziergang. Oben angekommen hatte man dann einige kleine Tempel im tibetischen Stil und eine wunderschöne Aussicht über die Stadt und die umliegenden Berge. Zwar keine anstrengende Wanderung, aber doch ein guter Einstieg in noch zu kommenden Ausflüge. 

Meine zweite Wanderung am nächsten Tag war dann schon um einiges abenteuerlicher. Ausgerüstet mit einer Wegbeschreibung und einem Satellitenbild vom Hostel hab ich mich gleich hinter dem Hostel, welches auch schon ein Stückchen den Berg rauf lag, auf den Weg gemacht einen namenlosen Berg hinauf. Der erste Teil hat mich über einen Friedhof geführt, jedoch sind diese hier eher nur eine lose Ansammlung an Gräbern ohne jegliche Absperrungen. Der Weg war oftmals ein kleiner Weg und die meiste Zeit sogar nur ein Trampelpfad. Ganz oft hingen dann auch die tibetischen Gebetsflaggen überall zwischen den Büschen und den Bäumen und es scheint als ob dies immer dann der Fall ist, wenn etwas Besonderes an dieser Stelle ist. Gräber zählen da auf jeden Fall mit dazu, aber auch um Tempel und Berggipfel findet man diese oft. Irgendwann stieg der Pfad auch immer steiler an und ging zwischen Bäumen hindurch an welchen jede Menge Flechten herunter hingen, sodass es aussah als ob den Bäumen Bärte wachsen.
Oben! Irgendwie :)
Aber auch die Bäume wurden kleiner je höher man kam und irgendwann gab es nur noch kleinere Büsche und vor mir breitete sich eine Grassebene aus, die schon sehr wie die Alpen aussah. Das einzige was es von den Alpen unterschieden hat waren die Gebetsflaggen, aber ansonsten sah es wirklich genauso aus. Nach langem Suchen habe ich dann auch endlich den Weg nach unten gefunden, allerdings war der nach einer Weile von einigen Büschen versperrt und dahinter stand ein Pferd. Da ich auch keinen Durchweg gesehen habe, bin ich wieder umgekehrt und hatte mich schon damit abgefunden noch einen anderen Weg suchen zu müssen, als ich hinter mir ein Geräusch gehört habe. Als ich mich umdrehte stand besagtes Pferd auf einmal hinter mir. Ich dachte wirklich ich spinne,  habe es vorbei gelassen und bin wieder zurück nur um feststellen zu müssen, dass dieses Riesenpferd sich durch eine unglaublich kleine Öffnung in den Büschen (die auch noch Dornen hatten) durchgequetscht hat.
Auf dem Weg nach unten
Da dachte ich mir, wenn das Pferd da durch passt, dann schaffe ich das auch. Ging dann auch gerade so und ich habe mir auch nur mit viel Glück nicht alle meine Klamotten zerrissen. Allerdings wurde ich auf dem weiteren Weg noch ordentlich von Büschen die mehr oder weniger direkt auf dem Weg wuchsen zerkratz, meine Schuhe waren einmal mit einer dicken Schlammschicht überzogen, denn dank diverser Pferde und Kühe (die sich auch immer mal wieder direkt auf den Weg gestellt haben) war der Weg, schon vom Regen durchgeweicht, nur eine schlammige Angelegenheit. Ein wenig war dieser Weg wie eine von Muddis berühmt berüchtigten Abkürzungen, nur länger. Irgendwann, nachdem ich mich auch noch auf diesen kleinen Wegen verlaufen hab, bin ich dann aber doch noch unten angekommen. Müde zwar aber trotzdem glücklich dass mir diese kleine Wanderung den richtigen Anstoß nach mehr wandern gegeben hat. 

Solche Dornen gab es auf dem Weg!!!

und so viele Gebetsflaggen die überall herum hingen

und so schöne Blümchen

und das ist der Blick auf die gestrige Wandertour

Am Ende des Tages habe ich mich dann wieder zusammen mit ein paar Chinesinnen und einem Tibeter unterhalten und feststellen dürfen, dass mein Chinesisch nicht großartig ist, aber doch genug um halbwegs ordentliche Unterhaltungen führen können. Wahrscheinlich reicht es halt nur noch nicht aus um einen zweijährigen Jungen zu verstehen. Der Tibeter, der als Reiseführer in der Region arbeitet, allerdings als Nomade aufgewachsen war, hatte uns dann auch einige Dinge über die Berge erzählt und auch über das horrende Müllproblem der Chinesen und es war wirklich sehr interessant dies aus der Sicht eines Einheimischen zu sehen. 
Am nächsten Tag ging es dann auch schon weiter nach Litang. Auf einer acht-Stunden-Busfahrt fuhren wir nun also direkt ins Tibetenland hinein (und das ohne wirklich in Tibet zu sein). Unterwegs ging es über ein Hochplateau, welches grüne Hügel und Wiesen hatte und gespickt war mit Kühen und traditionellen tibetischen Häusern. Diese waren alle aus Stein gebaut, hatten zwei Etagen und schön bunt bemalte Fensterrahmen. Von dieser Art Haus sollte ich in Litang noch jede Menge weitere sehen. Die Busfahrt an sich war auch sonst recht abenteuerlich, denn einen der Berganstiege mussten wir auf einer sehr alten unbefestigten Straße zurück legen, welche sich sehr abenteuerlich den Berg hinaufwand. Dabei wäre das gar nicht so schlimm gewesen, allerdings hatte man noch lasterartigen Gegenverkehr und verrückte Radfahrer auf einer Straße, welche ausgelegt war für zwei PKWs. Um dem Ganzen noch ein Schaumkrönchen auf zusetzten, ging es an der einen Seite (ohne Begrenzung) sehr steil den Berg hinunter und unten konnte man sehen wie eine neue Straße schon fast fertig gebaut war. Zum Glück wurde man immer mal wieder mit einer atemberaubend schönen Aussicht über die 5000m hohen Berge belohnt. 
Hauptstraße die Erste
In Litang 理塘 angekommen wurde man auch erst einmal von den unglaublich guten Straßenverhältnissen in Empfang genommen. Nein, falsch! Es gab keine Straße bzw. war die Straße ein ein-Meter-tiefes Loch, welches sich durch den Großteil der Stadt gezogen hat und das Laufen sehr erschwert hat, denn nur direkt vor den Läden hatte man mit Glück ein wenig Platz. Der Grund warum ich hierher kam war auch nicht unbedingt die Sehenswürdigkeit der Stadt, sondern eher um mich ein wenig an die Höhe zu gewöhnen, denn Litang liegt auf einer Höhe von 4014m und ist somit die dritthöchste Stadt der Welt. Davon hab ich allerdings fast nichts mitbekommen, denn außer das wenn die Sonne scheint, man sich wesentlich schneller verbrennt (hab ich natürlich gemacht), haben mich all die Höhenkrankheitsprobleme doch einigermaßen in Ruhe gelassen.
Hauptstraße die Zweite
Ich habe viele Reisende getroffen, die über Kopfschmerzen geklagt haben, einige über Müdigkeit und viele über Atembeschwerden. Bekannt ist Litang allerdings nicht nur wegen seiner Höhe, sondern auch dafür dass es die Geburtsstätte zweier Lamas war. Die Mehrheit der nicht einmal 50.000 Einwohner hier ist Tibetischer Abstammung und zu meinem Leidwesen habe ich auch ganz schnell feststellen müssen, dass viele der Tibeter kein oder nur sehr schlechtes Chinesisch sprechen. Denn Tibetisch ist im Vergleich zum Chinesischen näher mit Hindu verwandt und benutzt auch ein Alphabet. Mich stellte es vor die Herausforderung, dass ich mal wieder nichts verstanden hab, denn leider spreche ich kein Wort Tibetisch. Allerdings hat mich das nicht daran gehindert einige Bewohner kennen zu lernen.

So habe ich bei einem Besuch des örtlichen Klosters als ich gerade die Aussicht über die Stadt bewundert habe einen Tibeter kennen gelernt, der zum Glück Chinesisch konnte und mich spontan zum Mittagessen mit seiner Mutti und ihren Freundinnen eingeladen hat. Diese alten Damen sprachen leider kein Chinesisch, aber irgendwie haben wir uns trotzdem ganz gut verstanden. Es war auch wirklich schön, als wir so vor der Haupthalle des Klosters auf dem Boden saßen, leckere Gerichte gegessen haben und dabei immer noch die Aussicht genießen konnten, denn Litang liegt ebenfalls auf einer weiten Grassebene und ist umringt von einigen grünen Hügeln, sowie schneebedeckten Bergen. Nach dem Essen haben sich die Ladies dann auch einfach noch, als ob es das Normalste auf der Welt wäre (was es für sie vielleicht auch war), einen Joint angesteckt. Ich hatte zwar schon davon gehört, dass man mit Marihuana recht locker umgeht in diesen abgelegenen Regionen, allerdings kam es doch ein wenig überraschend. Ich glaube auch tatsächlich dass es für sie eher als Heilmittel betrachtet wird, denn als Droge wie wir es kennen.
Blick über das Kloster und die Stadt bis hin zu den Bergen
Nachdem wir dann noch eine Weile den jungen Novizen beim Spielen zugeschaut haben, sind wir dann auch selber einmal an die Erkundung der Gebetshalle gegangen. Hierbei durfte ich feststellen, dass auch hier hauptsächlich mit Geld gebetet wird und sich selbst Gläubige nicht an die Regeln eines Klosters halten, denn Fotos haben sie gemacht obwohl es einige Schilder gab, die dies untersagt haben. Später bin ich dann noch ein wenig allein durch das Kloster gepilgert und habe mir eine riesige Buddhastatue angeschaut, die war bestimmt 15m hoch. Und hatte meinen Spaß dabei zu sehen wie gut sich die Mönche ins moderne Leben eingegliedert haben, denn nicht nur dass man sie hin und wieder Eisessen an der Straße stehend sieht, nein, sie besitzen auch alle ein Smartphone und einige sieht man auf ihren Motorrädern durch die Gegend fahren.
Die Mönche und Novizen hier tragen alle eine Art langes rotes Tuch, welches um die Hüfte gewickelt wird, teilweise auch um den ganzen Oberkörper, aber selbst da habe ich viele gesehen, die ganz normale Jacken anhatten. Einige tragen auch gelbe Mützen, welche wahrscheinlich gegen die Höhensonne schützen soll. Ansonsten sieht man hier auch viele Menschen die wahrscheinlich Hirten sind und auch recht einfache Kleidung tragen, wo die Jacken auch aus Schaffell bestehen und einfach mit einem Strick zusammen gehalten werden. Eine weitere Entdeckung die ich gemacht habe, die einen aber eigentlich weniger überraschen sollte ist, dass hier die Bildung um einiges weniger gut ist als die der Großstadtbevölkerung. So bin ich dazu übergegangen einfach zu sagen, dass ich aus Europa komme, anstatt aus Deutschland, denn die meisten haben noch nie davon gehört und wenn dann waren die Infos auch eher auf einem veralteten Stand der Dinge. Aber das ist auch nicht so schlimm, denn wahrscheinlich ist es schon sehr überheblich von allen Menschen dieser Erde zu erwarten, dass sie die gleiche Bildung wie man selbst genossen haben. 

Die öffentliche Wasserleitung, von der sich Wasser für den Haushalt geholt wurde

Altes traditionelles Haus

Neuere Version

Gebetsmühlen findet man hier auch einfach mal so auf der Straße

Novizen

... die im Prinzip auch blos kleine Jungs sind.


Meine tibetischen Freundinnen




Ohne Kommentar! :)


Kuhmist der zum Trocknen an die Hauswand geklebt wird

Unterwegs

Nachdem ich nun meiner Meinung nach genug akklimatisiert war, ging es weiter in den Süden nach Daocheng 稻城. Dies sollte auch nur ein kleiner Zwischenstopp auf dem Weg in die interessanten und wie mir versprochen war, menschenleeren Berge, sein. Hier stelle sich allerdings schon einmal die Herausforderung einen Bus zu finden der von Litang nach Daocheng fuhr, denn netterweise konnte man keine Bustickets kaufen, bevor der Bus ankommt. Das Eintreten dieses Ereignisses wurde auf eine unbestimmte Zeit irgendwann in den nächsten vier bis sechs Stunden erwartet. Einige andere Reisende und ich waren dann auch ein wenig genervt von der überaus nicht-motivierten Busbahnhofangestellten, sodass wir uns einfach ein „Taxi“ genommen haben. Diese „Taxis“ fahren, aufgrund fehlender Züge und nur weniger Busse, überall herum, sind aber eigentlich nur Minivans. Nachdem wir uns dann zu sechst mit Gepäck in eines dieser Taxis gequetscht hatten und schon am Losfahren waren, beschloss der Fahrer allerdings noch eine siebte Person zu suchen, denn theoretisch passen sieben Leute in das Auto.
Immernoch unterwegs
Leider hatten wir schon alles Gepäck auf den siebten Platz gepackt und konnten den Fahrer dann auch überreden mit einem kleinen Aufpreis doch schon loszufahren. Diese Fahrt hat auch gar nicht so lang gedauert (nur vier Stunden oder so) und schon waren wir am Ziel. Unterwegs habe ich mich ein wenig mit meinen Mitreisenden unterhalten, was auch recht lustig war, denn zwei ältere Ehepaare aus Südchina waren gerade auf Chinatournee und hatten innerhalb von nicht einmal zwei Monaten schon den ganzen Norden Chinas abgearbeitet. Zwanzig verschiedene Orte in fünfzig Tagen, sehr chinesisch! In Daocheng angekommen hatte ich dann auch erst einmal das Problem, dass mein Stadtplan nicht so ganz aussah wie die Wirklichkeit, nicht sehr hilfreich wenn man keine Ahnung hat wo man eigentlich hin möchte. Allerdings habe ich gleich noch jemanden gefunden, der genau das gleiche Problem hatte und zusammen haben wir uns dann durch gefragt und dann doch noch ein Hostel gefunden. Die Stadtplan-entspricht-nicht-der-Wirklichkeit-Problematik hat man hier recht häufig, denn die Orte, welche sich gerade Dank des Tourismus im Aufschwung befinden, verwandeln sich sehr schnell und da kann niemand so recht mithalten. Daocheng selber ist auch nicht wirklich spannend, eine kleine Stadt die gerade mehr wie eine Baustelle aussieht oder an den fertiggestellten Orten, wie geleckt. 

Der erste Blick auf den Xiannairi
Deswegen habe ich am nächsten Tag dann auch ganz spontan zusammen mit drei Chinesinnen die Flucht ergriffen und wir sind zum Yading Nature Reserve 亚丁自然保护区 gefahren. Dies liegt im Südwesten Sichuans und beherbergt drei sehr heilige Berge der Tibeter. Wie gesagt, wurde mir eine Touristenfreie-Zone versprochen und überall konnte man lesen, dass es sich mehr lohnen würde auf der Hälfte des Weges zu Übernachten (im Zelt) und dann die Bergumrundung in aller Ruhe genießen zu können. Ich habe tatsächlich auch Zelt, Schlafsack und Isomatte die ganze Zeit mit mir rumgeschleppt, mich dann aber in letzter Sekunde dagegen entschlossen irgendwo ganz allein in der Wildnis zu schlafen, denn obwohl China sehr sicher ist was das Reisen betrifft muss man es ja nicht unbedingt auf die Probe stellen. Ich hab dann einfach mit den Mädels in einem nahen Hostel übernachtet und nachdem wir den ersten Tag nur eine kleine Wanderung zu einem kleinen Bergtempel gemacht haben und sind wir dann noch weiter zu einem grassgrünen See gelaufen.
Schon als wir den Park via Bus betreten hatten, war mir klar, dass dies definitiv keine Touristenfreie-Zone ist, denn große Reisebusse fuhren alle paar Minuten und brachten hunderte von Touristen in die Wildnis. Im Park selber waren auch fast überall Gitterwege angebracht und es wurde darum gebeten diese nicht zu verlassen, sodass man mal wieder auch wirklich nicht mit der Natur in Berührung kommt. Es war auch lustig zu sehen wie fast alle „Wanderer“ sehr erschöpft immer wieder halb tot auf den Bänken zusammenbrachen, denn sie haben nicht so eine schöne Akklimatisierung gemacht wie ich oder sich selber überschätzt, keine Ahnung, jedenfalls dachte ich mir an diesem Punkt mal wieder, dass halt nicht jeder für die Berge gemacht ist. Vielleicht klingt das jetzt ein wenig gemein, aber an diesem Punkt war ich wirklich ganz schön genervt von all den Touristen. Das hat sich aber zum Glück ganz schnell geändert, als wir dem See näher kamen, die Touristen sich etwas mehr verstreut hatten und man auch einen wundervollen Blick auf den höchsten der heiligen Berge, den 仙乃日 (xiannairi), welcher 6032m hoch ist und mit seinem schneebedeckten Gipfel einen wunderschönen Anblick bietet.  Zwar kann man nicht wirklich sehen dass die Berge hier um einiges höher sind als in Europa, aber allein das Wissen darum ist irgendwie ziemlich bewegend. Nachdem wir uns also einen kleinen Vorgeschmack auf den nächsten Tag geholt haben, sind wir noch ein wenig durch das Grasland gelaufen, welches sich am Fuße des Berges erstreckt. Hier und auch in allen anderen Bächen ist das Wasser so klar, dass man es sogar trinken kann (und so etwas in China!!!), auch gab es Unmengen an Blumen, welche auf der ganzen Wiese verteilt und zwischen kleinen Bachläufen standen. Leider konnte man sich nicht einfach auf die Wiese in die Sonne legen, aber wahrscheinlich würde es ganz bald wie ein Schlachtfeld aussehen, wenn sich die chinesischen Touristen dort ausgetobt haben.
So sieht also die tibetische Schrift aus

und so kristallklares Gebirgswasser

Hier meine chineischen Wandergefährtinnen und ich


An diesem Tag sind wir auch recht zeitig ins Bett, damit wir dann am nächsten Morgen frisch ausgeruht auf eine größere Tour gehen können. Eine der Mädels hatte am Vortag jedoch schon Probleme mit der dünnen
Luft und schlechter Schlaf haben sie dann gleich am Anfang schon aus dem Verkehr gezogen und so hat sie ihr Bett unserer kleinen Wandergruppe vorgezogen. Die beiden anderen wollten dann auch unbedingt mit den Minibussen (die wie größere Golfkarren aussahen) bis zu dem Punkt fahren, von wo aus man direkt auf den Bergpfad kommt. Ich habe allerdings beschlossen endlich mal richtig wandern zu gehen, also nur dann den Bus zu nehmen wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Das war auch gar nicht so schlecht, denn den ersten Teil der Strecke, welcher direkt am Fluss entlang durch erst Wald und dann durch Blumenwiesen führte hatte ich ganz für mich allein, denn absolut keiner ist diesen Weg gegangen. Da war es dann doch schon wieder ein Schock als dann auf einmal wieder überall Touristen waren, die die unmöglichsten Fotoposen und jede Menge Lärm gemacht haben und dabei hätte dieser Ort so friedlich sein können. Naja, der chinesischen Touritheorie nach hätten diese sich auf diesen kleinen Bereich beschränken sollen und deswegen bin ich auch ohne Umwege auf den echten Wanderweg los. Leider gibt es für jede Theorie Ausnahmen und leider war die Ausnahme für meine Theorie ausgerechnet hier, naja, kann man nichts machen. Lustigerweise waren all die nervigen Touristen ein guter Ansporn für mich, denn ich wollte nur ungern Pausen einlegen, wenn mir jede Menge Menschen vor die schöne Aussicht springen.
Zum Glück sind die Berge alle sehr groß (all um die 6000m hoch) und somit kann man sie doch genießen. Von Anfang an bin ich nun dem südlichen der Berge immer hübsch entgegen gelaufen und konnte sehen wie er sich immer größer werden vor mir aufbaute, seine höchsten Gipfel (natürlich alle schneebedeckt) in Wolken getaucht, mit grünen Wiesen am Fuß des Berges und einigen mächtigen Wasserfällen die Schneegrenze und Wiesen verbunden haben. Der Wanderweg, welcher sich langsam den Berg hinaufwand, immer mit Blick auf den Südberg, war leider recht matschig, da es hier Esel gibt, die Touristen hoch und runter schleppen. An einigen Stellen floss auch einfach ein Bach über den Weg, heißt Bach und Weg hatten den gleich Weg, also Weg = Bach oder vice versa, sodass die Schuhe wieder sauber wurden. Allerdings habe ich so einige Chinesen sagen hören: „Oh nein, es ist so dreckig hier!“ Tja, meine lieben Leute, so etwas nennt sich Natur. Die Meisten waren auch ganz super ausgerüstet: Schuhe (keine High-Heels, aber teilweise trotzdem nur Ballerinas), einen Rucksack auf dem Rücken oder Plastiktüte in der Hand, darin eine kleine Flasche Wasser und vielleicht noch ein paar Kekse. Auch hatten einige Sauerstoffflaschen mit dabei, was besonders lächerlich aussieht, wenn sie beim Pause machen noch am Rauchen sind und dann zehn Meter später einen ordentlichen Hieb aus der Flasche nehmen. Natürlich waren nicht alle so schlecht ausgerüstet, aber leider doch ein Großteil. Irgendwann wurde der Weg nach oben auch immer steiler und man kam den Gipfeln langsam näher und
Der Milchsee von oben
ich war dann am Milchsee 牛奶海, welcher auf 4600m zwischen einer kleinen grünen Wiese und ansonsten schneebedeckten Gipfeln liegt und seinen Namen der milchigtrüben Wasserfärbung verdankt, obwohl er doch immer noch grün aussieht. Nach nur kurzer Zeit war ich dann auch noch am Fünf-Farben-See 无色海. Dieser liegt auf 4700m und hatte wirklich aufgrund seiner Tiefe diverse sehr schön erkennbare Grünfärbungen. Diesen habe ich aus wahrscheinlich einer Höhe von 4750m gesehen, was für mich der höchste Punkt ist an den ich bisher gekommen bin (vom Flugzeug mal abgesehen). Von hier oben hatte ich dann auch einen wunderschönen Blick auf die umliegenden Berge und sogar ein wenig runter ins Tal und konnte somit sehr gut nachverfolgen wie weit hoch ich schon geklettert war. Vom Startpunkt aus welcher auf 3800m liegt bis hierher habe ich fast 1000 Höhenmeter überwunden. Dort oben war es dann auch ordentlich windig und kalt, aber was erwartet man kurz unter der Schneegrenze mit wolkenverhangenem Himmel. Ich habe dann dort Mittagsrast gemacht und die Reste des selbstgebackenem tibetischen Brotes und des sauren Käses gegessen, welche mir die Tibeter in Litang mitgegeben hatten. Brot, Käse und eine herrliche Aussicht über die Berge, was will man mehr?
4750m
Irgendwie war es am Ende doch so schön, dass ich das fette Grinsen in meinem Gesicht nicht mehr wegbekommen habe :D Während der letzten Stunde des Aufstieges hatte ich auch genügend Puste übrig um den Chinesen die mich die üblichen Fragen gefragt haben, tatsächlich auch ordentliche Antworten geben konnte und man sogar ein wenig miteinander ins Gespräch gekommen ist. Da ich am Ende doch schneller war, sind mir viele von ihnen entgegen gekommen als ich schon wieder auf dem Weg nach unten war und sie waren mir fast dankbar als ich ihnen sagen konnte dass es nur noch einige wenige Meter bis zum Ziel sind. Da hatte sich dann doch eine recht witzige Atmosphäre eingestellt, denn alle haben mehr oder weniger gleich leiden müssen um bis da hoch zu kommen und alle waren glücklich das Ziel fast erreicht zu haben. Kurz nach meinem persönlichen Gipfel habe ich dann auch meine zwei Freundinnen wieder getroffen und mit viel Hallo und „da seid ihr ja!“ sind wir ein wenig zusammen gegangen. Allerdings bin ich dann auch bald wieder allein weiter, denn ich wollte ja den gesamten Weg zurück laufen. Was ich dann auch getan habe. Im Endeffekt waren die Beiden auch nur eine Stunde vor mir wieder zurück im Hostel und dass obwohl ich eine viel weitere Strecke gelaufen bin als sie. Aber irgendwie hat es sich auch unglaublich gut angefühlt, zu wissen dass man doch nicht so ganz außer Form ist oder es zumindest mit chinesischen Touristen aufnehmen kann. Die Gesamtstrecke betrug dann am Ende 25km, 950 Höhenmeter, dafür habe ich nur acht Stunden gebraucht (laut Reiseführer wären es etwa zwölf gewesen), ich war am für mich höchsten Punkt und war dann dementsprechend stolz auf mich. Ihr könnt euch auch gar nicht vorstellen wie gut ich danach geschlafen habe
:)

Da ich es leider nicht mehr geschafft habe mir für den nächsten Tag ein Busticket zu kaufen, bin ich einfach noch einen Tag in Daocheng geblieben und habe mich ein wenig ausgeruht. Bin durch die Stadt spaziert, habe mir noch eine Stupa angeschaut und mich an leckerem Tee in einem wirklich gemütlichen, im tibetischen Stil eingerichteten Teehaus erfreut.


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