da bin ich
auch schon wieder! Wie schon erwähnt hatte ich seit letzten Mittwoch Ferien. So
etwas find ich immer wunderbar und bin sehr stark dafür in Deutschland auch
gleich eine ganze freie Woche um den dritten Oktober einzuführen. Hier nennt
sich der ganze Spaß „Golden Week“, weil nur einen Tag die Staatsgründung feiern
kann ja jeder. Wahrscheinlich dachten sich die Erfinder aber eher, da es ja
kein Weihnachten gibt und es sonst ewig keine Ferien gibt, machen wir halt eine
ganze Woche draus. Ergebnis ist das jeder Chinese, und ich meine JEDER Chinese,
in dieser Woche auf Reisen geht. Da ist man hier in Nanjing noch ganz gut dran,
in Peking allerdings muss es wohl doch etwas ungemütlich sein. Bin doch
deswegen fast ein wenig froh nicht dahin gefahren zu sein.
Leider muss ich den folgenden Eintrag ein wenig gestückelt hochladen, da sonst mein Internet zusammenbricht :)
Tag eins
der Ferien, Mittwoch 1.10.
Meine
Ferienwoche ging erstmal ganz unferienmäßig los. Nämlich Mittwoch früh um acht.
Da haben ich und einige andere ausländische Studenten und Lehrer uns getroffen um zur
Regierung Nanjings zu fahren. (Ich weiß bis jetzt nicht zu 100% nach
welchen Auswahlkriterien das ging, denn wir waren keine zehn Leute, aber ich
glaube es hatte etwas mit meinem Stipendium zu tun und da kann ich ja schlecht
nein sagen.) Jedenfalls wurden wir im Bus zu den Regierungsgebäuden gekutscht und
ich hatte mich schon auf das Schlimmste eingestellt. Also Fernsehteams, Fotos,
Interview und man selber so verlegen dass man kein Wort heraus bekommt. Ihr
denkt euch jetzt vielleicht ich habe eine etwas verschobene Sicht der Dinge und
nehme mich selbst viel zu wichtig. Da würde ich euch so unglaublich gern Recht
geben, aber all das ist mir letztes Jahr schon passiert und deswegen hätte mich
es nicht überrascht wenn das wieder so eine völlig übertriebene Aktion der
Chinesen geworden wäre.
War es
dann zum Glück aber nicht! Zwar gab es all das auch, aber dieses Mal waren auch
noch jede Menge Chinesen und andere internationale Studenten da, sodass sich
das Ganze ein wenig aufgeteilt hat. Auch wurde uns vorher nicht gesagt was
genau wir dort eigentlich machen, sodass es eine schon fast angenehme
Überraschung für uns war, als wir uns wirklich nur die Gebäude anschauen
sollten. Natürlich ging das ganz auf chinesische Art und Weise, also in
chinesischer Sprache wird eine Gruppe von ca. 50 Leuten von einem Gebäude zum
Nächsten gescheucht und man darf sich alles fix anschauen, ein Foto machen (mit
dem Fotoapparat den man in der Tasche hat, die man am Eingang abgegeben musste :()
und schon ging es weiter zum nächsten Gebäude wo man wieder von einer Horde
Menschen freudestrahlend begrüßt wurde.
An und für
sich war das Ganze recht nett, hab halt mal wieder nicht verstanden, was
erzählt wurde, da die Person die erzählt hat nicht nur weit weg stand, sondern
auch schnell geredet hat, da ja 2/3 Chinesen dabei waren. Aber ansonsten war es
wirklich ganz interessant zu sehen, wie die Bewohner Nanjing so regiert werden
bzw. von wo aus. Ganz spektakulär: die Häuser sind zum Großteil alle traditionelle,
chinesische Gebäude mit geschwungenen Dächern und vielen kleinen Details und viel
Farbe. Drinnen allerdings sieht es aus wie in wahrscheinlich jedem anderen
Regierungsgebäude auf dieser Welt.
Am Ende
wurden dann noch einige interessiert gestellte Bilder und Gruppenbilder von und
mit uns geschossen und nach nicht einmal zwei Stunden waren wir entlassen, weil
dann schon die nächste Führung losging. Das war doch recht entspannt, denn
danach konnte ich dann in aller Ruhe frühstücken gehen.
Da das
Wetter bombastisch schön war (25°C, Sonne, blauer Himmel mit Kitschpostkartenwolken und ausnahmsweise mal nicht
schwül), bin ich dann nachmittags noch mit Ange in einen nahegelegenen Park
gegangen. Der Park des schwarzen Drachenpools (乌龙潭公园 wulongtan
gongyuan) war zwar klein, aber in seinem Fall Oho. So gab es überall
verschiedene Statuen, von einem Liebespaar unter Kirschbäumen, über berühmte
Gelehrte bis hin zu Cao Xueqin 曹雪芹, welcher der Verfasser
von dem Roman „der Traum in der roten Kammer“( 红楼梦 hongloumeng) ist,
eines der vier berühmtesten klassischen Romane Chinas. In der Mitte des Parks
gab es dann natürlich auch einen kleinen See an dem man entlang spazieren
konnte und seine Augen an dem Grün und Blau und anderen Farben erfreuen konnte.
Alles in Allem war dieser Park mit viel Liebe angelegt und eine Wohltat für die
Seele (kann aber auch einfach an der Sonne gelegen haben).
Als wir dann das Gefühl hatten genug vom schwarzen
Drachen und seinem Pool zu haben, sind wir wieder in die Großstadt eingetaucht
und schon kurz danach am Hanzhongmen Platz gestrandet. Denn Kurt der Schredder
hat sich mit einigen kleinen Kindern angefreundet und wir zwei mussten dann
warten bis er keine Lust mehr zum Spielen hatte. Naja, so schlimm war es gar
nicht, ich habe lustige Bilder von den Kleinen machen können und Ange hatte
auch so ihren Spaß, denn die Kinder waren einfach unglaublich süß.
So etwas wäre ja in Deutschland völlig undenkbar,
dass zwei Fremde mit einem Kuscheltier die Kinder anlocken und dann von ihnen
Fotos machen, da hätten wir in Deutschland (in den USA wohl auch) ganz schnell
die Eltern inklusive Polizei am Hals gehabt. Aber das ist ja das Schöne an
China (um hier auch mal was Positives vom Stapel zu lassen) hier hat man noch
Vertrauen in die Menschen und auch mit Fremden kann man problemlos reden und
seine Kinder in ihre Nähe lassen. Ist doch alles viel entspannter und
gelassener hier!
Viel mehr außer Abendbrot essen ist an diesem Tag
dann auch nicht mehr passiert, denn nach mal wieder einer Nacht mit viel zu
wenig Schlaf und mit Aussicht auf eine weitere dieser Art, war man schon beim
Gedanken daran schon erledigt.
Tag zwei
der Ferien, Donnerstag 2.10.
Heute kam dann endlich Johanna. Ihr Zug kam viel zu
früh an, das versteht sich ja von selbst, aber dafür hatten wir den ganzen Tag
Zeit lustige Dinge zu unternehmen. Zuerst ging es erstmal in einen nahe
gelegenen Park, damit Johanna etwas Zeit hatte aufzuwachen, denn sie ist über Nacht
mit der Holzklasse 16 Stunden von Xi’an nach Nanjing gefahren. Holzklasse
deswegen, weil sie keinen Schlafplatz hatte, sondern nur einen normalen
Sitzplatz auf Holzbänken. China ist und bleibt ein reines Abenteuer für jeden
von uns! Jedenfalls sind wir dort durch grünen Wald und graue Gebäude
gepilgert, haben uns entspannt und von Mücken auffressen lassen.
Nach einer kurzen Mittagsrast ging es dann am
Nachmittag weiter zum Zhanyuan-Garten und zum Konfuzius-Tempel. Als
touristische Hochburg Nanjings natürlich völlig überfüllt! Menschen soweit das
Auge nur schauen kann, aber wenigstens hatte man noch Platz sich halbwegs
problemlos zu bewegen.
In dem Garten war ich ja gleich am Anfang meiner
Zeit hier schon einmal, damals war das Wetter mäßig schön, also Regen und graue
Brühe, der Vorteil davon ist allerdings, dass es dann dementsprechend auch
keine Menschen dort gibt. Diesmal hatte man schönes Wetter und schwups kommen
sie alle aus ihren Löchern gekrochen und ruinieren wunderschöne Fotomotive. Im
Konfuzius-Tempel sah das dann auch nicht anders aus. Was genau so besonders an
diesem Tempel sein soll, kann ich euch nicht genau sagen. Zwar sieht der nachts
beleuchtet sehr schön aus, allerdings ist das bei den meisten Gebäuden in China
der Fall. Der nächste Punkt ist auch, dass es sich bei Konfuzianismus auch
nicht wirklich um eine Religion handelt, da er zwar eine Lehre verbreitet, aber
keine Gottheit darstellt etc. (darüber könnte ich euch jetzt lang und breit
schreiben, aber das würde euch wahrscheinlich nur langweilen, mich übrigens
auch), also weiter im Text, obwohl, so wie die lieben Chinesen sich manchmal
benehmen, ist er das vielleicht doch. Vielleicht kommt es jetzt so rüber als ob
es mir dort nicht gefallen hätte. Das ist auf jeden Fall nicht so. Ich fand es
sogar sehr schön, es gibt nur nichts Neues darüber zu berichten.
Tag drei
der Ferien, Freitag 3.10.
Heute ging es mal wieder auf die Mauer. Also
natürlich die Stadtmauer von Nanjing, ist ja klar, sonst gibt es hier soweit
ich weiß auch gar keine andere. Wir also wie alle anderen Eintritt bezahlt, uns
durch die Massen gequetscht und hoch auf die Mauer, Sonne genossen, Smog
ordentlich eingeatmet und los gestiefelt. Unser Plan war es auf der Mauer
einmal um die halbe Stadt zu laufen, aber wie das so mit Plänen ist (oder
zumindest mit meinen) gehen die meistens nicht so ganz auf. Aber dazu später.
Chinesische Touristen find ich allgemein sehr angenehm, denn obwohl sie den
Anfang einer jeder Sehenswürdigkeit komplett verstopfen, ändert sich das in den
meisten Fällen schon nach sehr kurzer Zeit. Ergebnis hier war, dass wir die
ganze riesige Mauer mit nur vereinzelten Menschen teilen mussten. Dabei konnte
man auf der einen Seite den Qinhuai-Fluss betrachten: weniger spannend, da
großer recht dreckiger Fluss. Auf der anderen Seite dagegen wechselten sich im
traditionellen Still, neu gebaute Gebäude mit kleinen Parks ab. Netterweise
wurde ganz oft irgendwo jenseits der Mauer Musik gespielt, sodass man immer
genau wusste wo es sich lohnt zwischen den Schießscharten durch zu lunschen.
Mauer soweit das Auge reicht |
Bis dahin schön und gut, jedoch war die Mauer
irgendwann einfach zu Ende. Aber das wussten wir ja schon, also sind wir
einfach am Fluss weitergelaufen und haben dann auch den nächsten Teil der Mauer
gefunden. Unterwegs sind wir durch ein Stückchen Park gekommen, der anscheinend
mehr von den Einwohnern der dahinterliegenden Straße benutzt wurde, als von
Touristen. Dadurch wirkte alles irgendwie viel friedlicher und entspannter.
Der zweite
Abschnitt den wir dann in Angriff genommen haben, war dann nicht mehr so
riesig groß wie der Erste. Also er war genauso hoch, aber keine zig Meter mehr
breit. Da dieser Teil auch nicht mehr so lang war, haben sich hier dann auch
ein paar mehr Chinesen getümmelt, aber es war immer noch recht leer und entspannt.
Besonders lustig war es, als wir dann eine Stelle erreichten, wo der Park neben
der Mauer bis kurz unter die Mauer reichte (natürlich auf der vom Feind
abgewandten Seite) und genau an dieser Stelle endete der Zaun, der die Leute
vom Herunterfallen schützen sollte, dafür aber eine unglaubliche Hilfe für alle
war, die keine 10Yuan Eintritt bezahlen wollten. Kurzerhand haben wir zwei uns
dann einige Meter entfernt auf die Mauer gesetzt und den Chinesen dabei
zugeschaut wie sie versuchen rüber zu klettern. Aus irgendeinem Grund war
dieser Weg anscheinend Allgemeinwissen, denn es kam ein unablässiger Strom an
Menschen aus beiden Richtungen. Wir beide haben uns darüber kaputt gelacht
und ausnahmsweise wurden mal nicht wir angestarrt.
Denn 老外(laowai)
oder auch 外国人(waiguoren) wie
Ausländer bezeichnet werden sind wir ja offensichtlich und deswegen wird man
fast immer angestarrt, oftmals gibt’s noch ein „Hello“ dazu und da Johanna
blond ist, wollen auch ganz viele Chinesen Fotos mit ihr/uns machen. An dieser
Stelle könnte ich euch einen ellenlangen Bericht über das chinesische
Schönheitsideal schreiben, aber da müsst ihr euch noch ein wenig gedulden!
War auf jeden Fall mal nett die Anderen anstarren zu
können, denn dort sind nicht nur sportliche Jugendliche drüber, sondern auch
kleine Kinder und alte Leute. Hier zahlt sich das tägliche Sport machen wohl
endlich aus :)
Abends habe ich dann Johanna noch mit ins Ellens
geschleppt wo wir andere Kommilitonen von mir getroffen haben und wie es der
Zufall so will stellte sich auch gleich raus dass die Mitbewohnerin von Johanna
in Xi’an eine Freundin von meinen Kommilitonen ist. Achja, die Welt ist ein
Dorf!
Ich hoffe übrigens dass ihr auch alle einen schönen
Feiertag hattet!
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