von Einer die auszog die Welt zu erkunden Teil 2

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Golden Week Teil 1

Hallo ihr Lieben,


da bin ich auch schon wieder! Wie schon erwähnt hatte ich seit letzten Mittwoch Ferien. So etwas find ich immer wunderbar und bin sehr stark dafür in Deutschland auch gleich eine ganze freie Woche um den dritten Oktober einzuführen. Hier nennt sich der ganze Spaß „Golden Week“, weil nur einen Tag die Staatsgründung feiern kann ja jeder. Wahrscheinlich dachten sich die Erfinder aber eher, da es ja kein Weihnachten gibt und es sonst ewig keine Ferien gibt, machen wir halt eine ganze Woche draus. Ergebnis ist das jeder Chinese, und ich meine JEDER Chinese, in dieser Woche auf Reisen geht. Da ist man hier in Nanjing noch ganz gut dran, in Peking allerdings muss es wohl doch etwas ungemütlich sein. Bin doch deswegen fast ein wenig froh nicht dahin gefahren zu sein.

Leider muss ich den folgenden Eintrag ein wenig gestückelt hochladen, da sonst mein Internet zusammenbricht :)

Tag eins der Ferien, Mittwoch 1.10.

Meine Ferienwoche ging erstmal ganz unferienmäßig los. Nämlich Mittwoch früh um acht. Da haben ich und einige andere ausländische Studenten und Lehrer uns getroffen um zur Regierung Nanjings zu fahren. (Ich weiß bis jetzt nicht zu 100% nach welchen Auswahlkriterien das ging, denn wir waren keine zehn Leute, aber ich glaube es hatte etwas mit meinem Stipendium zu tun und da kann ich ja schlecht nein sagen.) Jedenfalls wurden wir im Bus zu den Regierungsgebäuden gekutscht und ich hatte mich schon auf das Schlimmste eingestellt. Also Fernsehteams, Fotos, Interview und man selber so verlegen dass man kein Wort heraus bekommt. Ihr denkt euch jetzt vielleicht ich habe eine etwas verschobene Sicht der Dinge und nehme mich selbst viel zu wichtig. Da würde ich euch so unglaublich gern Recht geben, aber all das ist mir letztes Jahr schon passiert und deswegen hätte mich es nicht überrascht wenn das wieder so eine völlig übertriebene Aktion der Chinesen geworden wäre.
War es dann zum Glück aber nicht! Zwar gab es all das auch, aber dieses Mal waren auch noch jede Menge Chinesen und andere internationale Studenten da, sodass sich das Ganze ein wenig aufgeteilt hat. Auch wurde uns vorher nicht gesagt was genau wir dort eigentlich machen, sodass es eine schon fast angenehme Überraschung für uns war, als wir uns wirklich nur die Gebäude anschauen sollten. Natürlich ging das ganz auf chinesische Art und Weise, also in chinesischer Sprache wird eine Gruppe von ca. 50 Leuten von einem Gebäude zum Nächsten gescheucht und man darf sich alles fix anschauen, ein Foto machen (mit dem Fotoapparat den man in der Tasche hat, die man am Eingang abgegeben musste :() und schon ging es weiter zum nächsten Gebäude wo man wieder von einer Horde Menschen freudestrahlend begrüßt wurde.
An und für sich war das Ganze recht nett, hab halt mal wieder nicht verstanden, was erzählt wurde, da die Person die erzählt hat nicht nur weit weg stand, sondern auch schnell geredet hat, da ja 2/3 Chinesen dabei waren. Aber ansonsten war es wirklich ganz interessant zu sehen, wie die Bewohner Nanjing so regiert werden bzw. von wo aus. Ganz spektakulär: die Häuser sind zum Großteil alle traditionelle, chinesische Gebäude mit geschwungenen Dächern und vielen kleinen Details und viel Farbe. Drinnen allerdings sieht es aus wie in wahrscheinlich jedem anderen Regierungsgebäude auf dieser Welt.
Am Ende wurden dann noch einige interessiert gestellte Bilder und Gruppenbilder von und mit uns geschossen und nach nicht einmal zwei Stunden waren wir entlassen, weil dann schon die nächste Führung losging. Das war doch recht entspannt, denn danach konnte ich dann in aller Ruhe frühstücken gehen.

Da das Wetter bombastisch schön war (25°C, Sonne, blauer Himmel mit Kitschpostkartenwolken und ausnahmsweise mal nicht schwül), bin ich dann nachmittags noch mit Ange in einen nahegelegenen Park gegangen. Der Park des schwarzen Drachenpools (乌龙潭公园 wulongtan gongyuan) war zwar klein, aber in seinem Fall Oho. So gab es überall verschiedene Statuen, von einem Liebespaar unter Kirschbäumen, über berühmte Gelehrte bis hin zu Cao Xueqin 曹雪, welcher der Verfasser von dem Roman „der Traum in der roten Kammer“( 红楼hongloumeng) ist, eines der vier berühmtesten klassischen Romane Chinas. In der Mitte des Parks gab es dann natürlich auch einen kleinen See an dem man entlang spazieren konnte und seine Augen an dem Grün und Blau und anderen Farben erfreuen konnte. Alles in Allem war dieser Park mit viel Liebe angelegt und eine Wohltat für die Seele (kann aber auch einfach an der Sonne gelegen haben).
Als wir dann das Gefühl hatten genug vom schwarzen Drachen und seinem Pool zu haben, sind wir wieder in die Großstadt eingetaucht und schon kurz danach am Hanzhongmen Platz gestrandet. Denn Kurt der Schredder hat sich mit einigen kleinen Kindern angefreundet und wir zwei mussten dann warten bis er keine Lust mehr zum Spielen hatte. Naja, so schlimm war es gar nicht, ich habe lustige Bilder von den Kleinen machen können und Ange hatte auch so ihren Spaß, denn die Kinder waren einfach unglaublich süß.
So etwas wäre ja in Deutschland völlig undenkbar, dass zwei Fremde mit einem Kuscheltier die Kinder anlocken und dann von ihnen Fotos machen, da hätten wir in Deutschland (in den USA wohl auch) ganz schnell die Eltern inklusive Polizei am Hals gehabt. Aber das ist ja das Schöne an China (um hier auch mal was Positives vom Stapel zu lassen) hier hat man noch Vertrauen in die Menschen und auch mit Fremden kann man problemlos reden und seine Kinder in ihre Nähe lassen. Ist doch alles viel entspannter und gelassener hier!
Viel mehr außer Abendbrot essen ist an diesem Tag dann auch nicht mehr passiert, denn nach mal wieder einer Nacht mit viel zu wenig Schlaf und mit Aussicht auf eine weitere dieser Art, war man schon beim Gedanken daran schon erledigt.


Tag zwei der Ferien, Donnerstag 2.10.

Heute kam dann endlich Johanna. Ihr Zug kam viel zu früh an, das versteht sich ja von selbst, aber dafür hatten wir den ganzen Tag Zeit lustige Dinge zu unternehmen. Zuerst ging es erstmal in einen nahe gelegenen Park, damit Johanna etwas Zeit hatte aufzuwachen, denn sie ist über Nacht mit der Holzklasse 16 Stunden von Xi’an nach Nanjing gefahren. Holzklasse deswegen, weil sie keinen Schlafplatz hatte, sondern nur einen normalen Sitzplatz auf Holzbänken. China ist und bleibt ein reines Abenteuer für jeden von uns! Jedenfalls sind wir dort durch grünen Wald und graue Gebäude gepilgert, haben uns entspannt und von Mücken auffressen lassen.
Nach einer kurzen Mittagsrast ging es dann am Nachmittag weiter zum Zhanyuan-Garten und zum Konfuzius-Tempel. Als touristische Hochburg Nanjings natürlich völlig überfüllt! Menschen soweit das Auge nur schauen kann, aber wenigstens hatte man noch Platz sich halbwegs problemlos zu bewegen.
In dem Garten war ich ja gleich am Anfang meiner Zeit hier schon einmal, damals war das Wetter mäßig schön, also Regen und graue Brühe, der Vorteil davon ist allerdings, dass es dann dementsprechend auch keine Menschen dort gibt. Diesmal hatte man schönes Wetter und schwups kommen sie alle aus ihren Löchern gekrochen und ruinieren wunderschöne Fotomotive. Im Konfuzius-Tempel sah das dann auch nicht anders aus. Was genau so besonders an diesem Tempel sein soll, kann ich euch nicht genau sagen. Zwar sieht der nachts beleuchtet sehr schön aus, allerdings ist das bei den meisten Gebäuden in China der Fall. Der nächste Punkt ist auch, dass es sich bei Konfuzianismus auch nicht wirklich um eine Religion handelt, da er zwar eine Lehre verbreitet, aber keine Gottheit darstellt etc. (darüber könnte ich euch jetzt lang und breit schreiben, aber das würde euch wahrscheinlich nur langweilen, mich übrigens auch), also weiter im Text, obwohl, so wie die lieben Chinesen sich manchmal benehmen, ist er das vielleicht doch. Vielleicht kommt es jetzt so rüber als ob es mir dort nicht gefallen hätte. Das ist auf jeden Fall nicht so. Ich fand es sogar sehr schön, es gibt nur nichts Neues darüber zu berichten.


Tag drei der Ferien, Freitag 3.10.

Heute ging es mal wieder auf die Mauer. Also natürlich die Stadtmauer von Nanjing, ist ja klar, sonst gibt es hier soweit ich weiß auch gar keine andere. Wir also wie alle anderen Eintritt bezahlt, uns durch die Massen gequetscht und hoch auf die Mauer, Sonne genossen, Smog ordentlich eingeatmet und los gestiefelt. Unser Plan war es auf der Mauer einmal um die halbe Stadt zu laufen, aber wie das so mit Plänen ist (oder zumindest mit meinen) gehen die meistens nicht so ganz auf. Aber dazu später. Chinesische Touristen find ich allgemein sehr angenehm, denn obwohl sie den Anfang einer jeder Sehenswürdigkeit komplett verstopfen, ändert sich das in den meisten Fällen schon nach sehr kurzer Zeit. Ergebnis hier war, dass wir die ganze riesige Mauer mit nur vereinzelten Menschen teilen mussten. Dabei konnte man auf der einen Seite den Qinhuai-Fluss betrachten: weniger spannend, da großer recht dreckiger Fluss. Auf der anderen Seite dagegen wechselten sich im traditionellen Still, neu gebaute Gebäude mit kleinen Parks ab. Netterweise wurde ganz oft irgendwo jenseits der Mauer Musik gespielt, sodass man immer genau wusste wo es sich lohnt zwischen den Schießscharten durch zu lunschen.
Mauer soweit das Auge reicht
Bis dahin schön und gut, jedoch war die Mauer irgendwann einfach zu Ende. Aber das wussten wir ja schon, also sind wir einfach am Fluss weitergelaufen und haben dann auch den nächsten Teil der Mauer gefunden. Unterwegs sind wir durch ein Stückchen Park gekommen, der anscheinend mehr von den Einwohnern der dahinterliegenden Straße benutzt wurde, als von Touristen. Dadurch wirkte alles irgendwie viel friedlicher und entspannter.
Der zweite  Abschnitt den wir dann in Angriff genommen haben, war dann nicht mehr so riesig groß wie der Erste. Also er war genauso hoch, aber keine zig Meter mehr breit. Da dieser Teil auch nicht mehr so lang war, haben sich hier dann auch ein paar mehr Chinesen getümmelt, aber es war immer noch recht leer und entspannt. Besonders lustig war es, als wir dann eine Stelle erreichten, wo der Park neben der Mauer bis kurz unter die Mauer reichte (natürlich auf der vom Feind abgewandten Seite) und genau an dieser Stelle endete der Zaun, der die Leute vom Herunterfallen schützen sollte, dafür aber eine unglaubliche Hilfe für alle war, die keine 10Yuan Eintritt bezahlen wollten. Kurzerhand haben wir zwei uns dann einige Meter entfernt auf die Mauer gesetzt und den Chinesen dabei zugeschaut wie sie versuchen rüber zu klettern. Aus irgendeinem Grund war dieser Weg anscheinend Allgemeinwissen, denn es kam ein unablässiger Strom an Menschen aus beiden Richtungen. Wir beide haben uns darüber kaputt gelacht und ausnahmsweise wurden mal nicht wir angestarrt. 
Denn 老外(laowai) oder auch 外国人(waiguoren) wie Ausländer bezeichnet werden sind wir ja offensichtlich und deswegen wird man fast immer angestarrt, oftmals gibt’s noch ein „Hello“ dazu und da Johanna blond ist, wollen auch ganz viele Chinesen Fotos mit ihr/uns machen. An dieser Stelle könnte ich euch einen ellenlangen Bericht über das chinesische Schönheitsideal schreiben, aber da müsst ihr euch noch ein wenig gedulden!
War auf jeden Fall mal nett die Anderen anstarren zu können, denn dort sind nicht nur sportliche Jugendliche drüber, sondern auch kleine Kinder und alte Leute. Hier zahlt sich das tägliche Sport machen wohl endlich aus :)
Abends habe ich dann Johanna noch mit ins Ellens geschleppt wo wir andere Kommilitonen von mir getroffen haben und wie es der Zufall so will stellte sich auch gleich raus dass die Mitbewohnerin von Johanna in Xi’an eine Freundin von meinen Kommilitonen ist. Achja, die Welt ist ein Dorf!

Ich hoffe übrigens dass ihr auch alle einen schönen Feiertag hattet!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen